Venezuelas Wahlcomputer sind nach Chavez nicht manipulierbar

Der venezolanische Präsident vermutet, die US-Regierung könne unliebsame Politiker durch Krebs bekämpfen und würde darauf hinarbeiten, die Präsidentschaftswahlen 2012 als manipuliert darzustellen

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Hugo Chavez, der venezolanische Präsident, der lange Gaddafi verteidigte (Venezuela verurteilt die Anerkennung der Rebellen in Libyen) und sich gerne auf die Seite von Regimen stellt, wenn sie nur antiamerikanisch eingestellt sind, entwickelt gewagte Thesen in seiner durchaus berechtigten Aversion gegenüber der Opposition im Lande und der US-Regierung. Schließlich hat er 2002 einen Putsch der rechten Opposition überstanden (Chávez wieder an der Macht), an dem im Hintergrund auch die US-Regierung von George W. Bush mit die Fäden gezogen hatte. Nun aber äußerte er die verwegene Vermutung, die USA würden ungeliebte Politiker in ihrem Hinterhof nicht mehr wie Jahrzehnte lang durch Gewalt, verdeckte Aktionen und Unterstützung der jeweiligen Opposition stürzen, sondern perfiderweise durch Krebs. Und er ist der Meinung, dass die Opposition und die USA den Plan verfolgen würden, die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2012, weil sie diese niemals gewinnen könnten, als manipuliert zu erklären, um Gewalt säen.

Präsident Hugo Chavez am Mittwoch. Bild: AVN

Anlässlich der am 22. Dezember bekannt gewordenen Schilddrüsenkrebs-Erkrankung der argentinischen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner glaubt Chavez, der selbst an Krebs erkrankt ist, dass die zahlreichen Krebserkrankungen von linken Präsidenten und Regierungschefs in Lateinamerika kaum noch durch Zufall erklärt werden könnten. Zumindest sei dies "sehr, sehr seltsam", sagte er am Mittwoch. Das ist es in der Tat, schließlich sind neben Kirchner auch Paraguays Präsident Fernando und Brasiliens Staatschefin Dilma Rousseff an Krebs erkrankt gewesen. Auch ihr Vorgänger, Luiz Inácio Lula da Silva, leidet an Krebs.

Chavez erinnert an die ungeheuerlichen Experimente mit Menschen, die die die USA vor mehr als 60 Jahren in Guatemala ausgeführt haben. Damals wurden, wie vor einigen Monaten bekannt wurde, 1300 Menschen ohne deren Wissen mit Syphilis, Tripper und Ulcus molle infiziert, um an ihnen die Wirksamkeit von Penicilin zu testen. Die US-Regierung sah sich genötigt, sich formell zu entschuldigen.

Chavez verwies zudem auf den Tod von Jassir Arafat im Jahr 2004, der seiner Ansicht nach auch merkwürdig war. Sein Arzt habe von seltsamen Blutveränderungen gesprochen, die er nicht behandeln konnte. Rhetorisch fragte Chavez: "Wäre es seltsam, wenn eine Technik entwickelt wurde, um eine Krebserkrankung zu verursachen, ohne dass jemand davon wüsste?" Er möchte mit der Behauptung niemanden beschuldigen, wiederholte er, allerdings liegt nahe, dass er dahinter wohl den Erzfeind USA vermuten dürfte. Er überlege nur frei, wie man merkwürdige Sachverhalte erklären könne, und warnte schließlich die Präsidenten Bolivien und Ecuadors, sie sollten sehr vorsichtig sein. Kirchner wünschte er viel Glück und versicherte, sie werde den Krebs besiegen.

Chavez ist auch überzeugt, wie er ebenfalls am Mittwoch sagte, dass die Opposition und die US-Regierung mitsamt den europäischen Alliierten nach dem Vorbild in Russland einen Plan ausarbeiten würden, um die kommenden Präsidentschaftswahlen als manipuliert darzustellen. Die Opposition wisse, dass sie keine Chancen hätte, die Wahlen zu gewinnen, ist er sich sicher: "Es ist politisch und mathematisch unmöglich." Noch habe er sich als Kandidat gar nicht aufstellen lassen, gleichwohl würde die Opposition jetzt schon voll in den Wahlkampf eintreten.

Weil sie chancenlos seien, würden sie auch das Militär als von Chavez gekauft darstellen. Und ihm solle unterstellt werden, er habe russische Hacker damit beauftragt, einen Wahlbetrug auszuführen. Chavez erklärte allerdings, dass die unter seiner Präsidentschaft eingeführten Wahlcomputer "die besten der Welt" seien. Es gäbe keine Möglichkeiten, Wahlbetrug auszuführen. Venezuela hatte 2004 landesweit Wahlcomputer des von einem Venezolaner geleiteten Unternehmens Smartmatic eingeführt, um ein Referendum über die Fortsetzung der Präsidentschaft von Chavez zu halten. Dieser hat das Referendum gewonnen, die Opposition unterstellte bereits damals Wahlbetrug, doch die anwesenden internationalen Beobachter erklärten, dass sie keine Manipulationen beobachten konnten (Hugo Chávez Frías bleibt Präsident Venezuelas). Ins Gerede kam Smartmatic, nachdem das Unternehmen 2005 den amerikanischen Wahlcomputerhersteller Sequoia aufkaufte und es mit dessen Maschinen bei den US-Wahlen im März 2006 zu Problemen gekommen war. Weil damals Verschwörungstheorien aufkamen, die venezolanische Regierung würde über Smartmatik versuchen, Wahlen zu manipulieren (Staatsaffäre Fußball?), verkaufte das Unternehmen Sequoia wieder.

Obgleich Wahlcomputer immer wieder unter Verdacht stehen, manipuliert werden zu können, verkündet Chavez, dass es hier keine Betrugsmöglichkeiten gebe, weil "alles automatisch" sei, die Wahlcomputer vor, während und nach den Wahlen überprüft würden und internationale Beobachter die Wahlen kontrollierten. Vor seiner Zeit hätte es jedoch Wahlbetrug gegeben.