Westerwelle, Guttenberg, Fukushima, Kalte Fusion, Sexverbot …

Telepolis-Charts: Welche Artikel haben die Leser von Telepolis am meisten angeklickt und welche haben am meisten Kommentare ausgelöst

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Zum Beginn des neuen Jahres ist es vermutlich nicht nur für uns interessant, sondern auch für unsere Leser, mal einen Blick auf die Artikel im abgelaufenen Jahr zu werfen, die am meisten aufgerufen worden sind. Das verrät schließlich auch, was die Leser interessiert, wobei natürlich von uns nicht gesagt werden kann, ob vielleicht ein Artikel nur deswegen angeklickt wurde, weil der Titel viel versprechend war, die Aufmerksamkeit aber dann schnell nachließ, weil er schließlich doch nicht spannend genug war, um ihn wirklich zu lesen.

Guttenbergs doktorale Copy&Paste-Orgie mitsamt den Verwirrungsthesen, dem Rücktritt und dem versuchten Comeback war nicht die Topstory, aber sie verhalf zum Blick auf weitere Doktorarbeiten von Politikern. Markus Kompa hat sich die höchst spannende Dissertation von Guido Westerwelle mit dem Titel "Das Parteienrecht und die politischen Jugendorganisationen" angeschaut, für den der jetzige Außenminister an der Fernuni Hagen den begehrten Dr.-Titel erhielt. Kompa, der mit seiner "Rezension" an der ersten Stelle liegt, bescheinigt Westerwelle, nicht kopiert zu haben: "Das von ihm gewählte Thema ist derart öde, dass es offenbar niemanden gab, von dem der Ex-JuLi-Boss hätte abschreiben können."

Dr. jur. Guido Westerwelles Doktorarbeit

Haiko Lietz hat während einiger Jahre immer wieder über die Kalte Fusion berichtet. Von einer einst verklärten zur schließlich geächteten Forschung geworden scheint sich die Kalte Fusion zur Erzeugung von Strom und Wärme nun wieder zu mausern. Mit seinem Artikel über einen möglichen Durchbruch des italienischen Ingenieurs Andrea Rossi, der in einer öffentlichen Demonstration seine entwickelte Technik vorführte, stieß Lietz auf großes, wenn auch oft hohes skeptisches Interesse.

Kalte Fusion in der Black Box?

Eine News von Rüdiger Suchsland, die auf Platz 3 kommt, machte auch in anderen Medien die Runde. Nach einer lieber nicht veröffentlichten Studie würden ausgerechnet die Raubkopierer und Nutzer der mittlerweile staatsanwaltschaftlich vom Netz genommenen Website kino.to und anderer, vergleichbarer sogenannter "illegaler Downloadseiten" weit häufiger ins Kino als der Durchschnittsbürger gehen. Sollte dies stimmen, wäre natürlich der weltweit ausgerufene Kampf gegen die Piraterie für Content-Industrie selbstschädigend.

Nutzer von kino.to gehen überdurchschnittlich oft ins Kino...

Platz vier hat wieder mit Energie, dieses Mal mit der Atomenergie nach Fukushima zu tun. Ralf Streck berichtet von einem Dokumentarfilm eines BBC-Journalisten, in dem schon 1992 auf schwerwiegende Probleme an den Notkühlsystemen des Reaktortyps von General Electric in Fukushima hingewiesen wurde. 1971 hatte die US- Atomaufsichtsbehörde gravierende Mängel entdeckt, Folgen gab es keine, weil sich die Kommission nicht gegen den Konzern durchsetzen konnte. Vermutlich, so die damalige Erkenntnis, die sich in Fukushima bestätigt haben könnte, würden die Sicherheitssysteme bei einem Notfall nicht funktionieren.

Notkühlprobleme von Fukushima-Reaktoren seit 1971 bekannt

Auf Platz fünf landete dann doch noch der Freiherr Guttenberg, der droht, 2012 wieder in die deutsche Politik zurückzukehren. Silvio Duwe hatte sich nicht die Dissertation angeschaut, sondern einige der übrigen Etappen und kam zum Schluss, dass, milde ausgedrückt, der ehemalige adelige Minister gerne einmal Sachverhalte beschönigt hat: "Übertreibungen bei seinen Erfahrungen in der freien Wirtschaft, ein kreativer Umgang mit seinem beruflichen Werdegang und ein fragwürdiger Verein, der aufgrund seines wohlklingenden Namens ein gutes Bild abgibt - zu Guttenbergs Vita ist, nett ausgedrückt, ebenso gut inszeniert wie seine berühmten Auftritte in Kriegsgebieten oder seine Pressefotos. "

Wer hoch stapelt, kommt ganz nach oben?

Platz sechs hat einen kuriosen Fall in Großbritannien zum Thema. Ein 41 Jahre alter Mann erhielt von einem Richter ein Sexverbot auferlegt. Der Grund: er sei zu wenig intelligent, um sexuellen Beziehungen zustimmen zu können, weil er nur einen IQ von 48 besitzt. Es habe zudem einen außergewöhnlichen starken Sextrieb, wisse aber gar nicht, um was es bei Sex geht. Er hatte längere Zeit mit einem Mann in einer homosexuellen Beziehung zusammengelebt und hätte dies eigentlich auch gerne weiter so gemacht, Intelligenz hin oder her.

Ab welchem IQ ist Sex zulässig?

Auch die News von Peter Mühlbauer hat eingeschlagen. Er hatte von einem dreisten Vorgang der Deutschen Bahn berichtet. Weil sich ein Schüler zusammen mit seiner Freundin in überfüllten Regionalexpress auf die Treppe eines Doppelstockwagens gesetzt hatte, die zur Ersten Klasse führt, musste er 40 Euro Zuschlag zahlen.

Bahn verlangt Erste-Klasse-Zuschlag für Sitzen auf der Treppe

Fukushima war natürlich auch in Telepolis ein "heißes" Thema. Eine kurze News zu den ersten Berichten über die im havarierten AKW eingesetzten Arbeiter kam auf den achten Platz. Der Der ARD-Korrespondent in Japan, Robert Hetkämper, hatte wenige Tage nach dem Erdbeben und Tsunami berichtet, dass für gefährliche Arbeiten am AKW von Tepco Obdachlose, Gastarbeiter, Arbeitslose und sogar Minderjährige ausgebeutet werden.

Die Helden von Fukushima: Obdachlose, Gastarbeiter und Arbeitslose?

Und noch einmal sorgte Guttenberg für Aufmerksamkeit. In all dem Trubel um seine verbockte Dissertation kritisierte Peter Bürger die Art, wie die Medien erst den Adeligen in den Himmel hoben, um ihn dann wegen der Plagiate zu geißeln. Dabei sei sein Rücktritt schon durch sein Versagen als Minister erforderlich gewesen. Er habe nicht nur die Kundus-Affäre nicht ordnungsgemäß aufgeklärt und die Folgen gezogen, sondern auch aus militärischer Sicht den Zusammenhang von regionaler Sicherheit und deutschen Wirtschaftsinteressen erörtert und zur Grundlage einer Wirtschaftsdoktrin gemacht, worüber auch Ex-Bundespräsident stolperte: "Wer - mit flapsigem Ton - ein Herzstück der Verfassungspräambel ignoriert, der gehört auf keine Regierungsbank. "

Das Spektakel um Guttenberg verweist auf eine skandalöse Gleichgültigkeit der Medien

Peter Mühlbauer ist noch auf ein Kuriosum in God's own country gestoßen. Im Bundesstaat Virginia gibt es nämlich ein Sodomy Law, nach dem das "fleischliche Erkennen mit dem Anus oder mit dem Mund" ein "Verbrechen wider die Natur" und deshalb verboten ist. Daher ist Personen zwischen 15 und 18 Jahren zwar Vaginalverkehr erlaubt, aber Oralverkehr verboten. Vermutlich sind in dem Bundesstaat der USA fast die Hälfte der Teenager Straftäter, "die nur deshalb frei herumlaufen, weil sie ihr kriminalisiertes Handeln im Privaten begehen".

Virginia kriminalisiert fast die Hälfte seiner Teenager

Es ist allerdings keineswegs so, dass die meist gelesenen Artikel automatisch auch die meisten Kommentare erzeugen. Zur Veranschaulichung hier die 10 Artikelforen mit den meisten Kommentaren:

  1. Kalte Fusion in der Black Box?
  2. Die wirkliche Katastrophe beginnt erst in Fukushima
  3. Wie Frauenrechtler die Abkehr vom Rechtsstaat gutheißen
  4. Kalte Fusion als Technologie
  5. Bahn verlangt Erste-Klasse-Zuschlag für Sitzen auf der Treppe
  6. Wer steuerte die Flugzeuge?
  7. Mehr als 90 Tote in Norwegen
  8. Die faulen Hartz-IVler
  9. Die Arbeitsagentur und Instrumente zur Statistikverschönerung
  10. Versuchter sexueller Missbrauch eines Kindes - ganz ohne Kind

Und es gibt die Topartikel, die seit 1996, als Telepolis online ging, am meisten Pageviews erzielt haben. Hier nur ein paar Topartikel:

  1. Fußfesseln für Jugendliche
  2. Die Entdeckung der Public-Key-Kryptographie
  3. Das Gesetz der Aufmerksamkeitsökonomie
  4. Die Suche nach dem Panchen Lama
  5. Französische Meinungspädagogik
  6. Die himmlische Schönheit dieser 130-Tonnen-Libelle in der Dunkelheit
  7. Mit dem Seziermesser wirklich bestens bedient

Wir wünschen allen unseren mehr oder weniger geneigten Lesern ein gutes und glückliches 2012 und hoffen, dass wir auch in diesem Jahr das eine oder andere Interessante anbieten und Anlässe für auch scharfzüngige und geistreiche Kommentare liefern können.