WulffPlag-Wiki rekonstruiert Anrufbeantworterbotschaft

Das Ergebnis stützt Wulffs Aufschiebe-Version, lässt aber offene Fragen hinsichtlich der Rolle seiner Ehefrau

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In Wikis wie VroniPlag wurden im letzten Jahr von einer Vielzahl von Freiwilligen die Doktorarbeiten prominenter Politiker auseinandergenommen und auf Verstöße gegen wissenschaftliche Gepflogenheiten und Standards hin untersucht. Nun will ein neues Wiki ein umstrittenes Werk eines Politikers nicht auseinandernehmen, sondern zusammensetzen.

Konkret geht es um die Botschaft, die Bundespräsident Christian Wulff auf dem Anrufbeantworter des Bild-Chefredakteurs Kai Diekmann hinterließ. Nachdem Wulff der Presse erklärte, er habe mit dieser Botschaft einen Artikel über eine umstrittene Geldtransaktion nicht verhindern, sondern nur bis zu seiner Rückkehr von einem Staatsbesuch in Kuwait aufschieben wollen, machte das Springer-Blatt geltend, dass man da einen ganz anderen Eindruck habe, und forderte Wulff öffentlich dazu auf, seine Erlaubnis zur Veröffentlichung dieser Botschaft zu geben.

Ausgangsbild: Norbert Schnitzler. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Die jedoch verweigerte der Bundespräsident trotz vorheriger Ankündigung totaler Transparenz mit dem Verweis darauf, sie sei in einer emotionalen Ausnahmesituation entstanden und nur für Diekmann bestimmt gewesen. Das heizte Spekulationen an, was Wulff alles gesagt haben könnte.

Doch auch wenn die Botschaft als Ganzes noch nicht veröffentlicht wurde, so schwirren doch seit geraumer Zeit zahlreiche Zitatfetzen daraus durch die Presse. Das Wiki WulfPlag sammelt diese Fetzen und versucht, die Nachricht damit zu rekonstruieren.

Was bislang mit Material aus der Süddeutschen Zeitung, der Rheinischen Post, dem Stern, dem Spiegel, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung entstand, wirkt durchaus kohärent und spricht eher für Wulffs Version einer Verschiebung. Seltsam ist jedoch, warum der Bundespräsident darin mehrmals von seiner Frau spricht, für die der "Rubikon" ebenfalls "überschritten" sei.1 Das könnte Vermutungen füttern, wonach es in der Botschaft gar nicht ausschließlich um das nun bekannte Geldgeschäft, sondern auch um Gerüchte hinsichtlich des Vorlebens seiner Ehefrau gegangen sein könnte.

Die Verschwörungstheorie, dass Wulff von interessierten Kreisen absichtlich demontiert wird, um den dauerhaften Euro-"Rettungsschirm" ESM nicht zu verzögern, verlor dagegen eher an Wahrscheinlichkeit, nachdem bekannt wurde, dass die Bild-Zeitung und der Spiegel bereits seit 2010 in der Kreditaffäre recherchierten. Angeblich versuchte Wulffs mittlerweile geschasster Referent Olaf Glaeseker, dem von der Bild-Zeitung verfolgten Verdacht, Karsten Maschmeyer könne Wulff das Geld für seinen Hauskauf zur Verfügung gestellt haben, damit zu entkräften, dass er dem Redakteur Martin Heidemanns die Ehefrau des Unternehmers Egon Geerkens als Kreditgeberin nannte. Dabei hatte er möglicherweise nicht berücksichtigt, dass sich dies nicht unbedingt gut mit einer alten Auskunft Wulffs gegenüber dem niedersächsischen Landtag vereinbaren ließ, in der der damalige Ministerpräsident geschäftliche Beziehungen zu Geerkens bestritten hatte.

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