US-Spezialkommando befreit Geiseln in Somalia

Wie schon im Fall der Tötung von bin Laden setzt US-Präsident Obama verstärkt auf riskante verdeckte Militäreinsätze

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Am Mittwoch gelang Spezialeinheiten erneut ein spektakulärer Einsatz, mit dem US-Präsident Obama ähnlich wie mit der geheimen Operation zur Ausschaltung von Osama bin Laden in Pakistan ein hohes Risiko eingegangen ist, wäre er gescheitert.

Obama ließ die Operation kurz vor seiner Rede an die Nation durchführen, die er zwar darin nicht erwähnte, wandte sich aber doch beim Eintritt in den Kongress schnell beim Vorbeigehen an seinen Verteidigungsminister Panetta und beglückwünschte diesen, was Medienvertreter wohl auch mitbekommen sollten: "Leon. Good job tonight. Good job tonight."

In seiner Rede wies er mit einem wohl bewussten Understatement auf seine Erfolge im Antiterrorkampf hin, die Operation in Somalia, wo al-Qaida-nahe Gruppen große Teile des "failed state" kontrollieren und Piraten ihre Rückzugssorte finden, sollte noch einmal zeigen, wie entschlossen Obama handelt und dabei auf verdeckte Einsätze setzt, anstatt in den Krieg zu ziehen. Das scheint sich als Strategie, die auch hinter der Ausweitung des Einsatzes von bewaffneten Drohnen steht, immer stärker durchzusetzen. Am Ende seiner Rede betonte Obama noch einmal, wie stolz er auf den Einsatz zur Tötung von bin Laden sei und verwendete diesen als Vorbild für die Leistungskraft der amerikanischen Nation, wenn alle gemeinsam handeln. Über die politischen, juristischen oder auch nur strategischen Probleme mit solchen verdeckten militärischen Einsätzen in Ländern, in denen die USA wie in Pakistan, Jemen oder Somalia offiziell keinen Krieg führen, schwieg er sich hingegen aus.

Dieses Mal sind Soldaten im Schutz der Dunkelheit vermutlich von Dschibuti aus mit sechs Hubschraubern tief ins somalische Land hineingeflogen, um zwei Mitarbeiter der Hilfsorganisation Danish Demining Group, die US-Amerikanerin Jessica Buchanan und den Dänen Poul Hagen Thisted, aus der Hand der Geiselnehmer zu befreien, die sie seit Ende Oktober in der Nähe der Stadt Adado an der Grenze zu Äthiopien gefangen hielten. Nach Berichten wurden dabei neun Militante getötet und mehrere festgenommen. Die Geiselnehmer sollen Piraten gewesen sein, womöglich wenden diese sich vermehrt solchen Aktionen auf dem Land zu, weil die Entführung von Schiffen zu gefährlich wurde.

Ob es schon zuvor Einsätze von US-Spezialeinheiten in Somalia gab, ist bislang nicht bekannt. Zum Töten von islamistischen Militanten wurden aber bereits bewaffnete Drohnen eingesetzt. Möglicherweise also war der Einsatz der erste seit 1993, als die US-Truppen nach der Schlacht von Mogadischu, wo 18 Soldaten getötet wurden, fluchtartig das Land verließen, das seit mehr als 20 Jahren keine Regierung hat und von Clans, Warlords und Islamisten beherrscht wird.

Erst letzte Woche war ein weiterer Amerikaner, der Journalist Michael Scott Moore, als Geisel gefangen genommen worden. Die Gefahr besteht nun, dass die Geiselnehmer ihre Gefangenen nun nicht mehr so freundlich behandeln werden. Möglich wäre aber auch, dass die Befreiungsaktion abschreckend und einschüchternd wirkt, worauf man wohl in der US-Regierung hofft. Die beiden befreiten Mitarbeiter der Hilfsorganisation sind nach einer Mitteilung von dieser gesund und unverletzt an einen sicheren Ort gebracht worden. Für den britischen Telegraph erhöht sich mit der geglückten Befreiungsaktion der Druck auf die britische Regierung, auf ähnliche Weise die von Piraten in Kenia gefangene Judith Tebbutt zu befreien.