Fantasie in Zeit und Raum

Final Fantasy XIII-2 von Square Enix für PS3 und XBox 360

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"Final Fantasy XIII" war ein episches Rollenspiel in der Tradition der wohl bekanntesten JRPG-Serie (Japanese Role Playing Game). Ungewohnt und ungeliebt war dagegen der lineare Aufbau, der den Gamer wie auf Schienen durch die Landschaft von einer Filmszene zur nächsten führt. Square Enix gibt dem Spieler die Bewegungsfreiheit und Freude am Erkunden in "FFXIII-2" zurück und verzichtet im Gegenzug auf eine tiefe Story.

Lightning, die Heldin und Hauptfigur aus Final Fantasy XIII, steht einem unbekannten Widersacher in einer ebenso fremden Umgebung gegenüber. Nach einer kurzen, imposanten Intro, wechselt der Fokus auf Lightnings Schwester Serah. War der Kampf real oder nur Serahs Traum?

Final Fantasy XIII-2 beginnt drei Jahre nach dem Ende des Vorgängers. Gran Pulse und die Himmelsstadt Cocoon wurden in letzter Minute vor dem Untergang gerettet. Lightnings Mitstreiterinnen Fang und Vanille hatten sich dafür geopfert: Sie erstarrten zu Kristallen und bewahrten so Cocoon vor dem Sturz auf Gran Pulse. Auch Lightning verschwand im Zuge der Ereignisse. Serah ist als einzige davon überzeugt, dass ihre Schwester lebt.

Die Jahre seit der verhinderten Katastrophe waren offensichtlich friedlich. Die Menschen haben das zerstörte Dorf Bodhum als Neo Bodhum neu errichtet. Serah arbeitet in dem Fischerdorf als Lehrerin und führt wie ihre Mitbewohner ein weitgehend unbeschwertes Leben, bis plötzlich aus heiterem Himmel ein Meteor und mit ihm eine Horde Monster über das Dorf kommt.

Ebenso aus dem scheinbaren Nichts taucht Noel auf, der Serah eine seltsame Waffe überreicht und mit ihr zusammen die Angriffswelle zurück schlägt. Anschließend berichtet er, dass er Lightning in Walhalla, einer Art Totenreich am Rande von Zeit und Raum begegnete. Er selbst stammt 700 Jahre aus der Zukunft und besitzt die Fähigkeit mit Hilfe bestimmter Portale durch Zeit und Raum zu reisen. Auch Serah kann die Portale betreten und die beiden begeben sich auf die Suche nach Lightning und einer besseren Zukunft.

Das Setting ist selbst für Final-Fantasy-Verhältnisse abgedreht. Die Sprünge durch Zeit und Raum bedürfen einiger Gewöhnung. Genau damit erlangt aber das Spiel die Offenheit, die dem Vorgänger fehlten. Anfangs ist der Weg noch vorgegeben, aber später entscheidet der Gamer, welche Region er als nächstes besucht. Durch die Zeitreise verändern sich einzelne Regionen und beeinflussen sich untereinander. Das Zeit-Element erinnert an Squares Chrono Trigger oder auch an das in Deutschland leider nur als Import erhältliche DS-Spiel Radiant Historia von Atlus.

Der Spieler darf mit den Veränderungen experimentieren und durch die Zeit hin und her springen. Im Verlauf öffnet er weitere Portale und mit ihnen Raum-Zeit-Punkte, an denen er die Welt verändert. Die Handlungen und Entwicklungen beeinflussen das Ende der Geschichte.

Im Fokus der Story stehen diesmal die beiden spielbaren Protagonisten Serah und Noel. Mit ihnen erkundet der Spieler die einzelnen Regionen um die Portale zu entdecken und versteckte Artefakte zu finden, die als Schlüssel für die Tore dienen. Oft treffen Serah und Noel in neuen Regionen auf Paradoxien, die das Zeit-Raum-Gefüge stören und vor dem Öffnen weiterer Portale beseitigt werden müssen.

Zusätzlich stoßen sie auf Nebenmissionen, die teils durch verschiedene Regionen führen. So erhalten sie beispielsweise an einem Ort die Aufgabe eine Blume zu finden, die nur bei Schnee blüht. Die Pflanze befindet sich in einer anderen Zeitzone derselben Region, in der das Klima kälter ist. Wie bei einem Final Fantasy nicht anders zu erwarten, sind alle Gebiete von zahlreichen Monstern bevölkert, die sich den Helden in den Weg stellen.

Das grundsätzliche Spielprinzip übernimmt FFXIII-2 vom Vorgänger. Vor allem das in der Serie stets unterschiedlich ausgeprägte Kampfsystem entspricht dem von Final Fantasy XIII. Die Auseinandersetzungen finden in Echtzeit statt, aber der Spieler nimmt größtenteils indirekt Einfluss auf die einzelnen Aktionen.

Die beiden Protagonisten können in sechs unterschiedliche Rollen schlüpfen und diese während des Kampfes spontan wechseln. Brecher und Verheerer sind Angreifer, wobei sich erstere auf physische und letztere auf magische Angreifer spezialisieren. Verteidiger sind defensiv orientiert. Heiler stellen verlorene Lebensenergie wieder her. Der Augmentor stärkt die Gruppe, während der Manipulator Gegner schwächt.

Das Rollensystem ist im Vergleich zum Vorgänger vereinfacht: Die Stufenaufstiege erfolgen wieder im sogenannten Kristarium. Jeder Stufenaufstieg kostet eine bestimmte Anzahl der im Kampf in Form von Kristallpunkten gewonnenen Erfahrung. Wie viele Kristallpunkte ein Charakter für einen Stufenaufstieg innerhalb einer Rolle benötigt, ist unabhängig davon, ob diese momentan auf Level 1 oder Level 50 ist. Auf Stufe 99 gilt eine Rolle als gemeistert und hat damit ihr Maximum erreicht. Beide Protagonisten können grundsätzlich alle Rollen einnehmen, wobei natürlich wie in allen Rollenspielen eine ausgewogene Gruppe erfolgreicher ist als eine einseitig orientierte.

Die Heldengruppe besteht effektiv aus drei Kämpfern, da die beiden Hauptfiguren besiegte Monster sammeln und im Kampf einsetzen können. Die Kombination aus den drei Rollen für das Team heißt im Spiel Paradigma. Insgesamt sechs sogenannte Paradigmen darf der Spieler einstellen um für unterschiedliche Situationen gewappnet zu sein. So besiegt beispielsweise ein rein offensives Team relativ schwache Gegner, bevor diese kritischen Schaden anrichten. Bei stärkeren Feinden ist ein gemischtes Team aus Verteidiger, Angreifer und Heiler die sichere Wahl.

Das Erfolgsrezept gegen starke Gegner ist die richtige Mischung aus Vorbereitung und Wechsel im Kampf. Bosse haben wie in den meisten Spielen bestimmte Angriffsmuster, auf die der Spieler mit entsprechenden Formationen reagiert. Zudem gibt es unterschiedliche Schwächen: Manche Feinde sind anfällig gegen Magie, andere eher physisch verwundbar.

Der Paradigmenwechsel ist der wichtigste Einfluss, den der Spieler aufs Kampfgeschehen nimmt. Er wählt zudem die Angriffe von einem der beiden menschlichen Charaktere aus, während der zweite automatisch die passenden Aktionen ausführt. Abgesehen von wenigen Ausnahmen bietet sich aber auch für den aktiven Anführer der automatische Kampf an: Der Spieler wählt lediglich das Ziel, das Game entscheidet über die passende Aktion.

Die Kämpfe sind insgesamt schneller und flüssiger als in "Final Fantasy XIII", aber abgesehen von wenigen Bosskämpfen auf Dauer zu einfach. Lediglich im letzten Kapitel steigt die Herausforderung wieder deutlich wie in vielen anderen Titeln der Serie. In den Optionen lässt sich die Schwierigkeit der Kämpfe herunterschrauben, was angesichts der geringen Herausforderung für normale Gamer überflüssig ist. Wie im Vorgänger bewertet das Spiel als zusätzlichen Anreiz die Kämpfe. Eine höhere Wertung verbessert die Ausbeute. Die permanente Jagd nach der Höchstwertung gleicht die geringe Gefahr ein wenig aus.

Neu ist die Art, wie Kämpfe beginnen: Sobald Gegner im Angriffsradius sind, startet ein Countdown. Der Spieler hat nun die Möglichkeit, einen Überraschungsangriff auszuführen und so mit einem Geschwindigkeitsbonus zu starten oder zu versuchen, dem Gegner zu entfliehen um den Kampf zu vermeiden. Läuft die Uhr ab, bevor der Spieler auf den Gegner trifft oder ihm entkommt, befindet sich der Gamer in der Situation, die früher normal war: Sollte er den Kampf verlieren, heißt es unweigerlich "Game Over" und somit das Laden eines vorher gespeicherten Standes. Startet der Kampf durch Erstangriff oder normales Zusammentreffen mit dem Gegner, gibt es nach der ohnehin unwahrscheinlichen Niederlage eine Retry-Funktion, die lediglich den verlorenen Kampf wiederholt.

Ebenfalls neu, wenn auch selten, sind Quick-Time-Events. Als Bestandteil einiger Bosskämpfe sind sie nicht schwer zu meistern, geben dem Spieler aber das Gefühl in die speziellen Aktionen der Helden involviert zu sein, die zur richtigen Seite ausweichen und anschließend den Schwachpunkt angreifen. Eine Perfekt-Wertung für diese Zwischensequenzen bedeutet zusätzliche Belohnung am Ende der Kämpfe.

Gelegentlich müssen die Spieler Störungen im Zeit-Raum-Gefüge in speziellen Portalen mit einigen Puzzles beseitigen

Live Events, eine weitere Neuerung, zielen mehr auf den inhaltlichen Verlauf. Im Multiple-Choice-Prinzip nimmt der Spieler Einfluss auf Dialoge und erfährt so zusätzliche Details oder beeinflusst das Geschehen.

Die Faktoren, die das Ende und auch die unterschiedlichen Zeitebenen untereinander beeinflussen, sind nicht immer offensichtlich. Im späteren Verlauf bekommt der Spieler die Möglichkeit einzelne Portale wieder zu schließen und damit zurückzusetzen und neu anzugehen. So können Experimentierfreudige unterschiedliche Szenarien und Enden ausprobieren.

Offensichtlich hat Square Enix die Kritik an der Linearität von "Final Fantasy XIII" ernst genommen und für "Final Fantasy XIII-2" eine freie Umgebung schafft. Optionale Nebenmissionen gibt es nahezu von Anfang an. Die normale Spielzeit dürfte bei etwa dreißig Stunden liegen, aber darüber hinaus gibt es sehr viel Zusätzliches zu erkunden und zu sammeln. Insgesamt sind 160 Fragmente als Fundstücke oder Belohnung für Missionen in den Regionen verstreut. Mit ihnen schaltet der Spieler spezielle Fähigkeiten frei und verringert so beispielsweise die Preise von Gegenständen im Einkauf oder erhöht die Wahrscheinlichkeit auf seltene Kreaturen zu treffen. Auch gibt es Belohnungen für jede Karte, die der Spieler zu 100 Prozent erkundet hat.

Ein besonderer Ort im Spiel ist Serendiptiy, eine Art Spielkasino mit Minispielen wie einarmigen Banditen und Chocobo Rennen. Wer Final Fantasy VII gespielt hat, fühlt sich an die Golden Saucer erinnert.

Leider kommt bei all den Möglichkeiten die Story etwas zu kurz. Die einzelnen Regionen bieten mehr oder weniger interessante Settings, aber der große Hintergrund verschwimmt im Verlauf: Was ist nun eigentlich das Ziel? Geht es nur darum Lightning zu finden? Oder wollen Serah und Noel eine bessere Zukunft schaffen? Die nahezu philosophischen Einwürfe, dass beispielsweise niemand die Zukunft verändern kann ohne die Vergangenheit dabei zu beeinflussen, wirken gewichtiger, als die Story ihnen gerecht wird.

Die beiden Hauptfiguren sind bei weitem nicht so interessant wie die Protagonisten des Vorgängers und der meisten anderen "Final Fantasy"-Titel. Spannender sind die Nebenfiguren und der Antagonist Caius, der ein wenig an den legendären Sephiroth aus "Final Fantasy VII" erinnert.

Optisch ist das Spiel von Anfang bis Ende ein Genuss. Die Grafik ist beeindruckend - nicht nur in den im Vergleich zum Vorgänger eher seltenen Filmszenen, sondern auch im normalen Spiel. Auch die Mimik und Gestik der Charaktere sind exzellent gestaltet. Dabei läuft die getestete PS3-Verison selbst im größten Feuersturm während der Kämpfe ohne Ruckeln. Der Soundtrack wird dem hohen musikalischen Niveau der Serie gerecht.

"Final Fantasy XIII-2" ist ein flüssiges Rollenspiel, das dem Spieler viele Freiheiten lässt. Das paradigmenbasierte Kampfsystem ist interessant, aber wer es schon in "Final Fantasy XIII" nicht mochte, wird trotz der Verbesserungen auch mit der Fortsetzung nicht glücklich. Dreißig Stunden ist für Rollenspiele nicht lang, aber durchaus angemessen, zumal die optionalen Aufgaben viele weitere Stunden dauern.

Der Vergleich mit dem Vorgänger fällt ähnlich aus wie bei der Paarung Final Fantasy X und Final Fantasy X-2: Hinsichtlich der Story und Charaktere kann die Fortsetzung nicht mithalten, hat aber spielerisch die Nase eindeutig vorn. Der wichtigste Pluspunkt ist die offene Spielwelt. Der Gamer entscheidet, wie viel er von einer Region mitbekommt. Er kann den kürzesten Weg zum nächsten Portal suchen oder jede Region gründlich erforschen und dabei Nebenmissionen erfüllen, Fragmente und Monster sammeln. Nach dem ersten Durchspielen darf er alle Portale schließen, um andere Enden zu erreichen und Sammlungen zu vervollständigen.

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