Schmerz und Schock: neue nichttödliche Waffen

Eine US-Firma entwickelt angeblich effektive, aber durch eingebaute Mikrosensoren sicherere Geschosse, die Menschen durch Einwirkung auf drei Sinne gleichzeitig lahmlegen sollen

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Noch werden zur Kontrolle von Menschenmengen oder zur Abwehr von Angreifern, wenn auf Schusswaffen verzichtet wird, schon lange erprobte Waffen eingesetzt, die weniger oder nicht tödlich sein sollen: Tränengas, Schlagstöcke, Wasserwerfer, Pfefferspray, Gummigeschosse oder Bean Bags. Dazu haben sich als Nah- und Distanzwaffen Elektroschockwaffen oder akustische Mittel wie LRAD gesellt. Exotischere Techniken wie Mikrowellenwaffen, z.B. das Active Denial System, haben sich noch nicht durchgesetzt. Selbst das Pentagon verwarf schließlich die Pläne, das ADS im Irak oder in Afghanistan einzusetzen, wo man sich nun doch eher weiter auf Schusswaffen verlässt (Schmerzwaffe: human oder riskant?).

18-mm-SmartRounds-Geschosse. Bild: SmartRounds

Die Firma SmartRounds hat nun neue weniger tödliche Munition entwickelt, mit der sich auf Menschen über eine Entfernung von 100 m schießen lässt, also weiter als etwa mit Gummigeschossen. Dazu sollen sie erheblich wirksamer sein, weil sie nicht wie die anderen Geschosse nur durch den Aufprall auf dem Körper wehtun und dabei Verletzungen verursachen können, sondern "gleichzeitig drei der fünf menschlichen Sinne angreifen", wie Nick Verini, Chef von Smartrounds, gegenüber dem Danger Room von Wired erklärte: "Wir wollten auf intelligentere Weise einen Schlag versetzen." Schmerzvoll soll es aber schon sein.

Die 18-mm-Geschosse mit dem Namen ShockRounds, die Mitte des Jahres auf den Markt kommen sollen, sind wie die andere Munition der Firma D-förmig gestaltet, um die Zielgenauigkeit zu erhöhen, und enthalten einen Mikrosensor. Er registriert die Geschwindigkeitsverlangsamung beim Aufprall, wodurch das Geschoss, angeblich eine Millisekunde vor seinem Eindringen in den Körper, seine Ladung, ein flüssiges, hochkomprimiertes Gas, abgibt und damit eine "Schockwelle" erzeugt. Beim Austritt des Gases entsteht neben dem Aufprallschmerz ein schriller Ton. Zudem leuchtet das Gas hell auf und blendet das Opfer.

Nach Angaben der Firma expandiert das komprimierte Gas bei normaler Temperatur und normalem Druck auf das 800fache Volumen. Problematisch wird die weniger tödliche Waffe allerdings wohl, wenn der Mikrosensor ausfällt und das Geschoss, das je nach Größe und Abschusswaffe mit einer Geschwindigkeit von bis zu 140 m/s fliegt, massiv und ohne durch die Schockwelle geschützt zu sein, auf den Körper auftrifft. Sicherheitshalber schreibt die Firma allgemein, dass weniger tödliche Waffen eigentlich bedeutet, dass es sich um Waffen handelt, die nicht töten sollen. Kann aber eben schon mal passieren.

Abgeschossen werden die SmartRounds mit Geräten, die Schusswaffen ähneln und dadurch abschreckend wirken sollen

Neben komprimiertem Flüssiggas will die Firma auch weitere Ladungen für ihre SmartRounds anbieten: komprimiertes Gas, chemische Reizstoffe, Gel, Flüssigkeit, Pulver, Rauch, Drogen oder Air-Bags. Auch als Blendgranaten sollen sie verkauft werden.

Die Firma hofft auf gute Geschäfte. Der Bedarf nach weniger tödlichen und effektiven Distanzwaffen sei groß beim Militär, bei der Polizei, im Strafvollzug und dem Grenzschutz. Für das Militär würden solche Waffen immer wichtiger werden, weil es zunehmend nicht nur auf dem Schlachtfeld eingesetzt wird, sondern auch "humanitäre Katastrophenhilfe leistet, zivile Organisationen unterstützt, Evakuierungen, Kontrolle von Menschenmengen und andere friedenssichernde Missionen ausführt".