Maledivische Salafisten imitieren Taliban

Im Nationalmuseum des Landes wurden antike Buddha-Statuen als "Götzenbilder" zerstört

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Die Malediven sind mit einer Fläche von 298 Quadratkilometern deutlich kleiner als Afghanistan, das 652.230 Quadratkilometer umfasst. 2001 zerstörten paschtunische Taliban im afghanischen Bamiyan, das sie vorher von den schiitischen Hazara erobert hatten, mehrere bis zu 53 Metern hohe Buddha-Statuen. Dieser Ikonoklasmus wiederholte sich letzte Woche auf dem Malediven - allerdings mit sehr viel kleineren Figuren.

Der Buddhismus erreichte die Inselgruppe, auf der eine dem Singhalesischen nahe verwandte indoarische Sprache gesprochen wird, nach heutigem Kenntnisstand im dritten vorchristlichen Jahrhundert - also etwa zur selben Zeit, als er sich auch in Afghanistan verbreitete. In den 1500 Jahren danach hinterließ die Religion auf den Malediven zahlreiche Kulturdenkmäler. Im 12. Jahrhundert wurde das Land ein islamisches Sultanat. Lōmāfānu-Kupferplatten aus dieser Zeit, die man auf der Insel Isdū fand, berichten davon, dass man damals buddhistische Sangumanun-Mönche vom Haddhunmathi-Atoll in die Hauptstadt verbracht und köpfte. Die Satihirutalu-Kronen der Stupa-Grabmäler wurden ebenso wie die Statuen des Adibuddhas Vairocana zerstört. Außerdem vermuten Archäologen, dass auch zahlreiche religiöse Schriften den Säuberungen zum Opfer fielen.

Antike buddhistische Statue von den Malediven. Sie blieb unzerstört, da sie in einem Museum im benachbarten Sri Lanka aufbewahrt wird. Foto: Kanatonian. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Die Sultane beherrschten die Inseln mit kleineren Unterbrechungen (und einer Akzeptanz der Oberhoheit zweier Kolonialmächte) bis 1968. Die ersten zehn Jahre danach regierte der Präsidenten Ibrahim Nasir, der das Land für den Tourismus öffnete; die nächsten 30 der Quasi-Diktator Maumoon Abdul Gayoom. 2008 kam bei einer bedingt fairen Mehrparteienwahl Mohamed Nasheed an die Macht, die er vor einer Woche wieder abgeben musste, weil Polizisten ihn mit vorgehaltener Waffe zum Abdanken zwangen. Nun ist sein ehemaliger Stellvertreter Mohammed Waheed Hassan Manik Staatsoberhaupt.

Der Putsch wurde in europäischen Medien zwar kaum beachtet, lief aber trotzdem nicht ganz ruhig ab: Am Dienstag stürmten Salafisten das Nationalmuseum in der Hauptstadt Male und zerschlugen von ihnen als "Götzenbilder" geschmähte Bildnisse aus der buddhistischen Zeit, die seit 1878 systematisch ausgegrabenen wurden.

Obwohl der Islam auf den Malediven die einzige für Staatsbürger erlaubte Religion ist und sich das Rechtssystem des Landes auf die Scharia gründet, hatten Salafisten Nasheed in den Monaten vor dem Putsch immer wieder als "unislamisch" attackiert. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, er wolle das Land christianisieren und stünde unter dem Einfluss von Juden, was sich daran zeigen würde, dass er Touristen zu viele sittliche Freiheiten und israelische Staatsbürger überhaupt ins Land lasse.

Der wachsende Einfluss der Salafisten auf den Malediven zeigte sich bereits im letzten Jahr, als die Medienaufsichtsbehörde CAM auf Druck des von der islamistischen Adhaalath-Partei beherrschten Religionsministeriums das Blog des Sufis Ismail Khilath Rasheed schloss, der mehr religiöse Duldsamkeit gefordert hatte. Sowohl Reporter ohne Grenzen als auch Amnesty International und Navanethem Pillay, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, kritisierten diesen Eingriff scharf. Als Rasheed eine Demonstration gegen die Maßnahme veranstaltete, griff ihn ein religiöser Mob an und verletzte ihn schwer. Danach wurde er bis zum 10. Januar inhaftiert.

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