Britische Konservative im Spendensumpf

Der britische Regierungschef hat nun auch Mühe, zwischen angeblichen privaten Freunden und Spendern zu unterscheiden und zu erklären, dass sie keinen Einfluss auf die Politik hatten

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Die britischen Konservativen haben wieder mal einen Einblick vermittelt, was es heißt, Politik auf Sponsorenbasis zu machen. Die neoliberale Orientierung, den Staat möglichst klein zu machen und möglichst alle Aufgaben zu privatisieren, dürfte zweifellos dieser Geldscheckpolitik zu verdanken sein oder zumindest eng damit zusammenhängen. Reporter der britischen Sunday Times haben Peter Cruddas, den Co-Finanzminister aus der City of London, heimlich unter Vorgabe einer falschen Identität entlockt, was man kriegen könnte, je nachdem, wie viel man zu zahlen bereit ist - oder zahlen kann.

Number 10 Downing Street.Bild: Prime Minister's Office/Open Government's Licence v1.0

Cruddas, der inzwischen zurückgetreten ist, wurde heimlich gefilmt, als er den Reportern, die sich als Vertreter eines Fonds aus Liechtenstein ausgaben, der Interesse habe, sich in Großbritannien zu betätigen, dass man mit einer Spende von 200.000 oder 250.000 Pfund auf jeden Fall zur "premier league" zähle und dadurch Zugang zu den Parteiführern und zu privaten Essen von Regierungschef David Cameron und seiner Frau sowie dem Finanzminister George Osborne erhalte:

"Two hundred grand to 250 is premier league… what you would get is, when we talk about your donations the first thing we want to do is get you at the Cameron/Osborne dinners.

Das ist noch nicht der wirkliche Skandal, sondern das damit verknüpfte Versprechen, dass jede Spender in dieser Höhe bei den politischen Plänen der Partei berücksichtigt werden könnte. Zunächst hatte er noch geleugnet, dass man sich den Zugang zu Cameron kaufen könne, aber dann wurde er doch genauer, indem er umriss, was man erwarten könne.

Cameron versprach Aufklärung, weil die Partei angeblich so nicht ihre Spenden sammle. In seiner Rücktrittserklärung versicherte Cruddas wenig vertrauenserweckend, dass Spenden "ohne jeden Zweifel die Politik nicht beeinflussen oder einen unstatthaften Zugang zu Politikern verschaffen können". Doch der Verdacht wird schon genährt, wenn man sich nur mit den richtigen Freunden und Vertrauten umgibt. Auch wenn Cameron alles von sich weist und Cruddas schnell in die Wüste schickte, ist die Sache damit nicht aus der Welt, zumal auch eine Anzeige bei der Met eingegangen ist, die nun prüfen muss, ob sie eine Anfangsermittlung einleitet.

Die Praxis der bezahlten Vernetzung ist allerdings bei den Konservativen üblich. Wer jährlich 50.000 Pfund spendet, gehört zur Leader's Group und darf an Essen, Stehempfängen oder anderen Veranstaltungen der Partei oder der Minister teilnehmen. Steter (Präsenz)Tropfen höhlt den Stein bekanntlich, was in Deutschland auch über die Hannover-Netzwerke wieder bekannt wurde. Bei den Konservativen regiert ganz eindeutig der Geldbeutel über den Zutritt, die Partei wird damit eine Klassenpartei.

Francis Maude, Minister für Kabinettsangelegenheiten, versuchte sich an einer Rettung. Man sei sowieso schon transparenter als andere Regierungen gewesen, nehme die Kritik aber ernst. Natürlich müssten Politiker ein offenes Ohr gegenüber Vorschlägen haben, aber dass man Politik kaufen könne, sei "absurd". Allerdings sei es nicht angemessen, jeden zu nennen, den Cameron privat in No 10 eingeladen oder getroffen habe. Für eine Einladung zu privaten Mahlzeiten müsse niemand etwas bezahlen, anders sei es bei solchen der Führungsgruppe, das seien auch organisierte Ereignisse. Die Opposition fordert von der Regierung eine Liste mit den Spendern, die der Regierungschef und/oder sein Finanzminister seit Amtsantritt eingeladen haben, und eine unabhängige Untersuchung, ob Spenden einen Einfluss auf politische Entscheidungen gehabt haben.

Offenbar war der Druck groß genug, um Cameron zu nötigen, nun schnell noch eine Liste mit vier Veranstaltungen in No 10 mit den Gästen bekannt zu geben. Alle Essenseinladungen seien nicht mit Steuergeldern finanziert worden, versicherte Cameron, und hätten mit dem Sammeln von Spenden nichts zu tun gehabt. Man werde in Zukunft über jeden Cent der Bewirtungskosten Auskunft geben und eine Liste der Spender erstellen, die mit 50.000 Pfund Zugang zur Führungsgruppe der Partei erhielten. Eine Verbindung mit Cruddas wies er erneut zurück. Es habe keine Einladungen auf eine Anfrage von diesem gegeben. Es sei nun dringend notwendig, das Gesetz für Parteispenden zu reformieren. Cameron schlägt vor, sie auf höchstens 50.000 Pfund zu beschränken.