Erben der FDP?

In Nordrhein-Westfalen will eine libertäre Partei in den Landtag einziehen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Derzeit sammelt eine neue "Partei der Vernunft" (pdv) Unterstützerunterschriften, um bei den NRW-Wahlen am 13. Mai antreten zu können. Sie bezieht sich auf die Österreichische Schule der Volkswirtschaft und spricht sich für so wenig Staat wie möglich aus. Spitzenkandidat der Partei ist der Berater, Coach und Seminarleiter Dieter Audehm. Er kritisiert die Eurorettungsschirme, den ESM-Vertrag, die "Eurokratie", den "Steuerdschungel", eine "sozialistische Umverteilungspolitik mit diktatorischen Zügen" und eine "Klima-Hysterie", die Verbraucher seiner Ansicht nach zu unwirtschaftlichen Entscheidungen verleitet.

Herr Audehm - ist die Partei der Vernunft eine libertäre Partei?

Dieter Audehm: Ja, so ist das Selbstverständnis der pdv. Wir stehen für mehr bürgerliche Freiheiten und Rechte, mehr Selbstverantwortung und Selbstverwaltung auf regionaler Ebene.

Sind die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen die ersten, bei denen sie antreten?

Dieter Audehm: Es sind die ersten Landtagswahlen, an denen die Partei der Vernunft teilnimmt. So gesehen haben wir es mit einem Pilotprojekt zu tun und wir sind alle sehr gespannt, wie es laufen wird.

Wie lange gibt es die pdv schon?

Dieter Audehm: Seit etwa zwei Jahren.

Wo liegen Ihre geografischen Schwerpunkte?

Dieter Audehm: Niedersachsen, NRW und Süddeutschland sind stark vertreten.

Gibt es Prominente unter den Mitgliedern?

Dieter Audehm: Der Gründer, Oliver Janich, hat einen gewissen Bekanntheitsgrad durch seine journalistischen Tätigkeiten und als Buchautor von Das Kapitalismus-Komplott. Ebenso der Juraprofessor Norbert Geng. Ich selbst habe sicherlich auch einen gewissen Bekanntheitsgrad durch meine bundesweiten Tätigkeiten als Coach und Dozent erlangt. Ferner habe ich drei Fachbücher geschrieben, eines davon ist zu Sachbuchbestseller des VDI-Verlages geworden.

Wie hoch schätzen sie Ihr Wählerpotenzial?

Dieter Audehm: Da wir das erste Mal an einer Landtagswahl teilnehmen, möchte ich mich mit Prognosen zurückhalten. Es ist durchaus möglich, dass wir es in den Landtag von NRW schaffen. Das kann auch durch äußere Umstände beeinflusst werden. Ich erinnere an die letzte Wahl in Baden-Württemberg. Sollte es noch mehr Verwerfungen in der Finanzwelt geben, so könnte dies durchaus den Zulauf zur pdv erhöhen. Den meisten Wählern ist meiner Meinung die jetzige dramatische Situation in der EU noch nicht ins Bewusstsein gedrungen. Aber die pdv arbeite daran und will nicht nur Problembewusstsein schaffen, sondern auch Lösungen anbieten.

Wollen Sie die FDP beerben?

Dieter Audehm: Das wäre durchaus ein Achtungserfolg, wenn wir in NRW auf Anhieb mehr Stimmen erhalten würden als die FDP. Einige FDPler haben ja durchaus größere Gemeinsamkeiten mit dem Programm der pdv. Zum Beispiel ist Frank Schäffler bei seiner großen Rede im Parlament im Herbst unseren Vorstellungen sehr nahe gekommen. Er sprach damals von einem "kollektiven Rechtsbruch" bezüglich der Lissabonverträge - und so sehen wir das in der pdv auch.

Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow konstatierten in den 1930er und 1940er Jahren, dass auch Märkte etwas Künstliches sind und immer so wirken, wie man ihre Rahmen gestaltet. Geht die pdv mit ihren Vorstellungen nicht hinter die Erkenntnisse der beiden zurück?

Dieter Audehm: Natürlich müssen Märkte immer durch Rahmenbedingungen in gewisser Weise geregelt werden. Aber der heutige Zustand unserer Märkte in Europa hat einen Grad von Überregulierung erreicht, der nicht mehr hinnehmbar ist. Hier wollen wir mit wirklich mehr Mut zur Freiheit ansetzen. Unsere Bürger sind nicht dumm. Das Bildungsniveau der letzten Jahrzehnte ist deutlich gestiegen und dem will die pdv Rechnung tragen, indem sie dem Bürger wieder mehr Freiheit für eigene Entscheidungen einräumen will.

Muss man nicht die Bereiche Bildung und Information aus der Marktwirtschaft ausklammern, damit überhaupt ein idealer Markt entstehen kann? Für den müssten ja alle Teilnehmer gleich gut informiert sein.

Dieter Audehm: Das sind meiner Meinung nach Ideale aus Lehrbüchern, die nie ganz zur Wirklichkeit werden können. Aber der heutige Bürger ist insofern gut dran, dass er sich durch Internet blitzschnell alle relevanten Informationen besorgen kann. Wichtig ist dabei ist, dass auch schon Kinder und Jugendliche lernen, mit der Informationsflut umzugehen und Informationsquellen zu bewerten. Hier stelle ich immer wieder Defizite fest.

Ein Bereich, in der amerikanische Libertäre sehr verschiedene Positionen haben, ist das Immaterialgüterrecht. Wo stehen Sie hier? Eher bei Ayn Rand oder eher bei Eric Raymond?

Dieter Audehm: Ich gebe zu, dass ich mich mit diesen Positionen noch nicht so sehr beschäftigt habe. Aber als Autor ist mir die Thematik bewusst. Im Zeitalter des Internets muss aber eine Neubewertung der traditionellen Rechtspositionen erarbeitet werden. So kann es nicht weitergehen. Man kann nicht jeden Internetnutzer kriminalisieren. Ebenfalls muss das Patentwesen überarbeitet werden. Denn das große Konzerne Patente auf z. B. Pflanzen und Saatgut und Ähnliches haben, widerspricht der freiheitlichen Vorstellung der pdv.

Was meinen Sie - sind die Piraten nur die ersten Vorläufer der Umwälzung eines Parteiensystems, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und seine Basen in der Bevölkerung verloren hat? Werden in 10 oder 20 Jahren statt FDP, CDU und SPD Libertäre, Islamisten und Veganer in den deutschen Parlamenten sitzen?

Dieter Audehm: So wie es in der Mode und im Marketing Wellen gibt, so sehe ich das mit der Piratenpartei. Es scheint "in" zu sein, Vorschriften und Normen lockerer zu nehmen, und die Piraten suggerieren, dass sie dieser Vorschriftenflut die Stirn bieten. Allerdings ebben Wellen auch ab. Die pdv ist mit ihrer Strategie langfristig angelegt und möchte dauerhaft für die Menschen etwas zum Besseren verändern. Wir wollen die echte Reduzierung der Bevormundung durch den Staat und dessen Institutionen und wieder mehr Rechte und Entscheidungsfreiheiten den Bürgern zurückgeben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.