Frauen-Quote: Frankreich macht es vor

Der Frauenanteil in hohen Positionen steigt dank der Quote im öffentlichen Dienst und für große Unternehmen. Nun werden sogar hohe Strafen für "Macho-Unternehmen" fällig

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Dominique Strauss-Kahn verpasst Frankreich nicht gerade ein gutes Image. Er gilt als Vorzeige-Macho, dem nichts heilig ist: Sexuelle Belästigung, Prostituiertenpartys und versuchte Vergewaltigung. Nach der "Affäre DSK" titelten Medien: "Das Frankreich der Machos". Sie fragten sich, ob DSK wirklich Ausdruck der französischen Mentalität sei - so wie Berlusconi und italienische Männer auch gern in eine Reihe gestellt werden.

Fakt ist, dass Frankreich in Sachen Emanzipation und Gleichberechtigung tatsächlich einiges nachzuholen hat: So sind Frauen vor allem in der Politik noch stark unterrepräsentiert. Männer haben in Frankreich aber auch ein qualitativ besseres Leben, meinen 75 Prozent der französischen Befragten in einer Studie des amerikanischen Pew Research Institute - damit liegt das Land vor Kenia, Indien und den USA an der Spitze.

Doch scheint der ehemalige IWF-Direktor eher ein Mann von gestern und nicht mehr auf der Höhe der Zeit zu sein. Frankreich versucht derzeit einiges, um das Macho-Image loszuwerden.

Seit einem Jahr gibt es in Frankreich gesetzliche Frauenquoten in großen Unternehmen. Anfang März wurde nun ein analoges Gesetz für den öffentlichen Sektor verabschiedet: Bis 2018 sollen in allen Bereichen mindestens 40% Frauen arbeiten. Das betrifft rund 5.000 Stellen in hohen Funktionen des Staatsdienstes sowie in Schulen und Krankenhäusern. Und auch an Sanktionen wird gedacht: Demnächst soll eine Verordnung nachgeschoben werden, nach der die Nichteinhaltung der Quoten mit hohen Geldstrafen sanktioniert wird. 2018 können bis zu 90.000 Euro fällig werden, sollte die Quote nicht erfüllt werden.

Schon 2011 hatte sich das französische Parlament auf entsprechende Quoten in privaten Unternehmen mit über 500 Angestellten und mehr als 50 Millionen Euro Umsatz geeinigt: Bis 2018 soll ein Frauenanteil in Aufsichts- und Verwaltungsräten von 40 Prozent und 2014 von mindestens 20 Prozent erreicht werden. Halten sich die Unternehmen nicht daran, drohen auch hier Geldstrafen oder das Aussetzen von Sitzungsgeldern. Es können auch bestimmte Sitze in den Aufsichtsräten schlicht als ungültig erklärt werden.

Die französische Unternehmensberatung Capitalcom, die in den 40 größten börsennotierten Unternehmen Frankreichs eine Umfrage über den Frauenanteil gestartet hatte, kam zu einem ernüchternden Ergebnis: In hohen Führungsetagen ist der Anteil der Frauen mit 15 Prozent noch recht gering. Jedoch hat sich dieser seit 2007 von ganz niedrigem Niveau aus immerhin verdreifacht. Vor allem die im letzten Jahr eingeführten gesetzlichen Quoten hätten einen plötzlichen Anstieg um 11 Prozentpunkte auf die jetzigen 15 Prozent gebracht.

Frauen in Frankreich sozial besser gestellt

Gerade im Wahlkampf überschlagen sich die Kandidaten mit emanzipatorischen guten Taten: Der sozialistische Kandidat Hollande will ein Ministerium für Frauenrechte einrichten - nach seinem Vorbild François Mitterand, der von 1981 bis 1986 als erster Präsident ein Frauenministerium geschaffen hatte. Hollande hatte vor fünf Jahren seine damalige Frau Ségolène Royal durch den Präsidentschaftswahlkampf begleitet, mit Emanzipation sollte er sich also auskennen. Sein linker Widersacher Mélenchon verspricht zudem, dass er seine Regierungsmannschaft zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen bilden würde.

Gegen die Ungleichheit der Gehälter - Frauen erhalten noch immer über 20 Prozent weniger - wollen vor allem linke und grüne Kandidaten wie Eva Joly, Mélenchon und Hollande vorgehen und konsequent öffentliche Hilfen für Unternehmen streichen, wenn die Geschlechter nicht gleich besoldet werden. Mit indirekten Maßnahmen wie einer stärkeren Berücksichtung bei unbefristeten Verträgen wollen linke Kandidaten wie Mélenchon gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse, vor allem für alleinerziehende Frauen, ankämpfen.

Im Vergleich zu Deutschland sind Frauen in Frankreich jedoch sozial besser gestellt. Nach einer vergleichenden Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung vom letzten Jahr sind französische Frauen weniger von Armut und Prekariat bedroht als in Deutschland. Das hängt laut FES vor allem mit den besseren Bedingungen des französischen Arbeitsmarktes zusammen: Durch den festgeschriebenen Mindestlohn gibt es keine Besoldung unter 9 Euro die Stunde und somit auch keine Minijobs.

So liegt der Anteil arbeitender Frauen in Deutschland zwar mit 66 Prozent höher als in Frankreich (60 Prozent), hingegen arbeiten Frauen in Frankreich, auch wenn sie Kinder haben, mehr in Vollzeitstellen, da auch die Kinderbetreuung weitaus besser geregelt ist. Während es in Frankreich weniger Frauen im Parlament gibt als in Deutschland (nur 18 gegenüber 32 Prozent), liegt der Anteil französischer Frauen in Spitzen von Unternehmen mit 36 Prozent weit höher als in Deutschland (27%).

An den Quoten führt kein Weg vorbei

Auch das Europäisches Parlament hat sich nun für die Einführung von Quoten in hohen Entscheidungspositionen von Unternehmen stark gemacht. Anfang März forderten die Abgeordneten die Kommission mit einer Resolution auf, ein Gesetz zu auf den Weg zu bringen, das bis 2015 einen Anteil von 30 Prozent und bis 2020 von 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten vorschreibt.

Eine freiwillige Regelung bringe nichts, meint EU-Justizkommissarin Viviane Reding. Seit 2010 ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten europäischer Unternehmen um nur knapp zwei auf 13,7 Prozent gestiegen. 40 Jahre würde es so dauern, bis annähernd Gleichheit hergestellt sei - vorausgesetzt, die Entwicklung gehe stabil so weiter. An den Quoten führe also kein Weg vorbei.

Ob jedoch der Macho-Modus à la DSK mit der französischen Frauenquote verschwindet, ist noch eine andere Frage. Dafür ist die Quotenerfahrung noch zu gering. In Deutschland könnte die Familienministerin und Quotengegnerin Christina Schröder hingegen bald mit immer mehr guten Beispielen aus dem Ausland und einem Richtlinienvorschlag aus Brüssel konfrontiert werden: Der Druck auf Deutschland, mit der Zeit zu gehen, wächst.