Makkabäergate

Drehbuchautor Joe Eszterhas schildert Regisseur Mel Gibson in einem Rachebrief als irren Antisemiten, der seine Ex-Freundin umbringen will und sich bei Gott lautstark über sein Aussehen beklagt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die beiden Makkabäerbücher sind nur Bestandteil der katholischen, nicht aber der protestantischen Bibel oder des hebräischen Tanach. Sie schildern, wie eine fundamentalistisch-religiöse Sekte im zweiten Jahrhundert vor Christus im Heiligen Land die Macht übernimmt und Juden, die sich ihrer Ansicht nach zu sehr an der griechischen Zivilisation orientieren, tötet oder einer Zwangsbeschneidung unterzieht. Wahrscheinlich gibt es kein zweites Werk der Weltliteratur, in dem auf so wenig Platz so oft das Wort "Blutbad" vorkommt. Führt man sich dies vor Augen, dann scheint es durchaus nicht überraschend, dass Mel Gibson schon seit Jahren öffentlich den Wunsch hegt, den Guerillakriegsbericht aus der Perspektive von Fanatikern als "jüdische Braveheart-Geschichte" zu verfilmen.

Dieses Vorhaben hat jetzt einen Rückschlag erlitten: Showgirls-Autor Joe Eszterhas, den Gibson mit dem Drehbuch beauftragt hatte, lieferte ein Werk ab, mit dem der Medienkonzern Warner nicht zufrieden war. Nachdem Eszterhas davon erfuhr, schrieb er Gibson einen langen Brief, der am Mittwoch auf dem Internetportal TheWrap öffentlich wurde. Darin wirft er Gibson vor, die Makkabäerbücher überhaupt nicht verfilmen zu wollen. In Wirklichkeit, so Eszterhas, wolle sich der Braveheart-Produzent mit dem von den Medien aufmerksam verfolgten Projekt nur vom Vorwurf des Antisemitismus reinwaschen. Das schließt der Ungar, der wie Gibson katholisch ist, aus Bezeichnungen wie "Hebes" und "Jewboys", die der der Regisseur in seiner Gegenwart benutzt haben soll, und aus der Tatsache, dass er ihn nicht kontaktierte, als er von der Ablehnung des Drehbuchs erfuhr.

Mel Gibson auf dem Filmfestival in Cannes 2011. Foto: Georges Biard. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Außerdem soll Gibson sich beklagt haben, dass amerikanische Firmen von Juden beherrscht würden, die Torah mit den Protokollen der Weisen von Zion durcheinandergebracht, den Holocaust angezweifelt sowie von angeblich jüdischen Müttern der letzten drei Päpste und diversen Verschwörungstheorien zu Juden, Freimaurern, "Liberals" und dem Vatikan gefaselt haben. Seiner kleinen Tochter sagte er angeblich, das eigentliche Ziel des Makkabäerfilms sei es, Juden zum Übertritt zum Christentum zu bewegen.

Darüber hinaus zählt Eszterhas in seiner recht umfangreichen Abrechnung auch viele andere Ausfälle gegen verschiedenste Gruppen auf. So soll Gibson beispielsweise von einem katholischen Priester, der als Drehbuchberater engagiert war, nur als "Father Fucko" gesprochen und die Ermordung seiner russischen Ex-Freundin angekündigt haben. Dem minderjährigen Sohn des Drehbuchautors erzählte er während eines Strandspaziergangs angeblich, er wolle die Russin anal penetrieren und dabei erstechen. Noch bizarrer ist die Schilderung einer nächtlichen lautstarken Anklage Gottes, weil der den entschiedenen Stammzellenforschungsgegner runzlig und alt werden ließ. Insgesamt gewinnt man aus dem Schreiben den Eindruck, dass die Darstellung Mel Gibsons in der South-Park-Folge The Passion of the Jew gar nicht so weit von der Realität entfernt gewesen sein könnte.

Gerüchte, dass Gibson Antisemit sei, waren bereits in der Vergangenheit laut geworden, nachdem er Polizisten während einer Verkehrskontrolle vor sechs Jahren in betrunkenem Zustand entsprechend beleidigte. 2010 gelangten Audio-Aufnahmen an die Öffentlichkeit, in denen der irischstämmige Sohn eines Eisenbahnarbeiters Kraftausdrücke wie "Niggers" benutzt. Schauspielerkollegen wie Whoopi Goldberg and Jodie Foster meinten jedoch, dass solche Äußerungen nur auf einen sehr aufgebrachtem Zustand Gibsons und nicht auf eine Einstellung oder ein Weltbild schließen ließen.

Gibson reagierte auf den Brief mit einer kurzen öffentlichen Antwort, in der er schreibt, die Vorwürfe von Eszterhas seien größtenteils "ausgesprochene Lügenmärchen", auf die er nicht im Einzelnen eingehen wolle. Und für seine "heißblütige" Reaktion, nachdem er erfuhr, dass der Drehbuchautor in 15 Monaten kein einziges Wort zu Papier gebracht hatte, habe er sich bereits entschuldigt. Eszterhas meinte, darauf hin, Gibson solle vorsichtig mit dem Vorwurf der Lüge sein, denn sein minderjähriger Sohn habe einige der Äußerungen des Regisseurs auf Band mitgeschnitten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.