Wachsende Gletscher trotz Klimaerwärmung

Entgegen dem weltweiten Trend des Abschmelzens der Gletscher, gibt es im Karakorum-Gebirge eine Anomalie, die nun von französischen Wissenschaftlern bestätigt wurde

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Anfang 2010 kam der UN-Weltklimarat IPCC unter schweren Beschuss und in eine Glaubwürdigkeitskrise. Im Klimabericht 2007 wurde nämlich prophezeit, dass die Gletscher im Himalaya bis 2035 abgetaut sein könnten. Schon ein Jahr zuvor hatten indische Klimaforscher die Behauptung zurückgewiesen, gestützt auf eine in Science veröffentlichte Studie, nach der zwar manche Gletscher kleiner geworden, andere dagegen gewachsen seien und es keine verlässliche Daten gebe. Dann stellte sich heraus, dass sich der IPCC-Bericht auf fragwürdige, populärwissenschaftliche Quellen gestützt hatte (Schlamperei im letzten IPCC-Bericht).

K2 im Zentral-Karakorum. Bild: Kogo/GNU-Lizenz für freie Dokumentation

Allerdings blieben die Aussagen, dass die Gletscher in weiten Teilen der Welt abtauen weiterhin gültig, wie auch erst im März eine in der Zeitschrift Nature veröffentlichte Studie zeigte, nach der die Himalaya-Gletscher aber deutlich langsamer abschmelzen, als bislang geschätzt wurde. Auch hier wurde aber auf nur mangelhafte Daten verwiesen.

Veränderungen der Gletschermassen zwischen 2000 und 2008. Bild: Nature Geoscience

Verlässliche Vermessungen vor Ort gibt es immer noch nicht, aber nun haben französische Wissenschaftler von der französischen Weltraumagentur CNES und dem Wissenschaftszentrum CNRS Satellitenbilder von einem Teil Karakorum-Gebirges (5.600 Quadratkilometer) zwischen Indien, Pakistan und China ausgewertet und daraus 3D-Höhenkarten mit einer Auflösung von 100 m für die Jahre 2000 und 2008 erstellt, um die Veränderungen bei den Gletschern zu überprüfen. Sie bedecken in dieser Region fast 20.000 Quadratkilometer.

Entgegen dem allgemeinen Trend des Schmelzens, der auch die Gletscher im Zentral- und Ost-Himalaya betrifft, sind 50 Prozent der Gletscher in diesem Gebiet ein wenig gewachsen oder stabil geblieben, schreiben die Wissenschaftler in ihrem Artikel, der in Nature Geoscience erschienen ist.

Die allerdings nur über wenige Jahre beobachtete "Karakorum-Anomalie" ist aber, so die Wissenschaftler, mit Vorsicht zu interpretieren, weil weiterhin langfristige und Vor-Ort-Messungen fehlen. Nach vorhandenen Daten hat die Niederschlagsmenge in dieser Region seit 1961 zugenommen, während die durchschnittliche Sommertemperatur gefallen sei, was das Wachstum der Gletscher erklären könne. Die regionalen Klimaveränderungen, die das Wachstum der Gletscher verursachen, widersprechen keineswegs der Klimaerwärmung, sondern können eine regionale Folge sein. Aber die Ursachen dieser regionalen Klimaveränderungen sind noch nicht geklärt, was auch die Frage betrifft, ob der Trend langfristig ist, schreibt Graham Cogley in einem News&Views-Beitrag in Nature.