Ebooks bald ohne DRM?

Der Science-Fiction-Verlag Tor bietet ab Juli seinen gesamten Katalog ohne Kopierschutz an

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Digital Rights Management (DRM) bietet Rechteverwertern die Möglichkeit, Konsumentenrechte jederzeit nach Bedarf zu ändern oder wieder zu entziehen. In dieser Hinsicht gleichen sie dem Taschenspielertrick, den die Marx Brothers in Go West vorführen: Am Wechselgeld (bzw. an der Ware) ist eine Schnur befestigt, an der diese immer wieder zurückgeholt werden kann - der Kunde ist so genötigt, den Kaufvorgang potenziell ständig zu wiederholen, weil ihm das, was er bekommt, immer wieder entzogen wird. DRM-"Content" sollte nach den Vorstellungen der Verwertungsindustrie wie die Möhre funktionieren, die man dem Esel vorhält: Er darf sie nur ansehen und den Karren ziehen.

Bisher erwiesen sich die Esel jedoch als störrisch, sie wollten dieses "Angebot" nicht recht annehmen. Bei Musik und Filmen setzte sich DRM deshalb (abgesehen von Computerspielen) gar nicht oder nur in abgeschwächter Form als bloßer Kopierschutz durch. Bei Büchern gab nun der wichtigste amerikanische Science-Fiction-Verlag Tor, der zur Holtzbrinck-Tochter Macmillan gehört, bekannt, ab Juli ganz auf DRM verzichten zu wollen.

Damit gibt man nach eigenen Angaben sowohl dem Druck von Lesern als auch dem von Autoren nach, zu denen unter anderem die dezidierten DRM-Gegner Cory Doctorow und Charlie Stross zählen. Die Argumente dafür liegen auf der Hand: Das unbequeme DRM stellt selbst als bloßer Kopierschutz die Käufer der Bücher schlechter als diejenigen, die sie sich anderweitig besorgen. Und mit dieser anderweitigen Besorgung haben vor allem IT-vertraute Science-Fiction-Fans kein Problem.

Stross zufolge spielt man sogar in der gesamten Macmillan-Gruppe mit einem Abschied von DRM und der Branchenkenner Mike Shatzkin raunt in seinem Blog davon, dass angeblich zwei der sechs großen amerikanischen Verlagshäuser intensiv über solch einen Schritt nachdenken.

J. K. Rowlings Verkaufsplattform Pottermore setzt für die Harry-Potter-Bestseller bereits jetzt kein DRM, sondern lediglich digitale Wasserzeichen ein, die Käufer vor dem Einstellen in Tauschbörsen abschrecken sollen. Dem Blogger Philip Jones sagte der Pottermore-CEO Charlie Redmayne, dass er aus dem Versagen der Musikindustrie gelernt habe und nun glaube, der beste Schutz gegen unerlaubte Werknutzung sei das Eingehen auf die Wünsche der Kunden. Dies betrifft Redmayne zufolge nicht nur die Verfügbarkeit, sondern auch den Preis.

In Deutschland bietet der Pabel-Moewig-Verlag seine Perry-Rhodan-Hefte ohne DRM an und hat damit unter anderem den Lawblogger Udo Vetter als Kunden gewonnen, der seine Leseerfahrung mit der Reihe twittert. Das beeindruckt offenbar auch Ronald Schild, den Geschäftsführer der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels ins Leben gerufenen Plattform Libreka. Er kritisierte unlängst, Verleger hätten sich viel zu sehr auf den Content-Schutz konzentriert und dabei die Leser aus dem Auge verloren.

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