Romneys christliche Werte

Konfrontiert mit seiner Vergangenheit als homophober Schulhof-Bully spricht der republikanische Kandidat von Lausbubenstreichen

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Mitt Romney hat die Chance, die ihm Obamas öffentliche Unterstützung der gleichgeschlechtlichen Ehe eröffnete, genützt. Vor 25.000 Zuhörern in Virginia, laut Zeitungsberichten zumeist überzeugte Christen, ein wichtiges Publikum für seine Kandidatur, lehnte Romney diese Idee entschieden ab.

So it is today with the enduring institution of marriage. Marriage is a relationship between one man and one woman.

Heirat sollte also Mann und Frau vorbehalten sein, sagte das berühmte Mitglied der Kirche Jesu der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) und wurde dafür mit reichlich Beifall belohnt. Romney, der früher als Missionar und "ward bishop" bei den Mormonen tätig war, stellte sich als ein zutiefst religiös inspirierter Wertebewahrer dar. Gott wurde oft erwähnt.

Romney ist nicht der erste Republikaner, welcher die Verbindung zwischen Religion und Politik in den Vereinigten Staaten für seine politische Karriere nutzt. Das religiöse Pathos eignet sich gut dafür, das persönliche Ziel, die Erringung politischer Macht, als höhere Mission zur Rettung des Landes zu verkleiden und aufzuwerten. Doch setzen sich Kandidaten, die beständig mit der Flagge der hohen Werte winken, einer Kritik aus, die traditionell bei US-Wahlkämpfen besonders wach ist, jene, die Anspruch mit Wirklichkeit vergleicht.

So kam es, dass die Washington Post vergangene Woche Geschichten aus der Schulzeit des Kandidaten präsentierte, in denen Romney das ist, was Amerikas Mittelstandseltern am meisten fürchten: ein Bully, einer der Schwächere schikaniert und sich daran ergötzt. Erzählt wird etwa, dass der junge Romney zusammen mit anderen einen homosexuellen Mitschüler, der sich die Haare blond färbte, nicht nur verbal gemobbt haben soll, sondern auch handgreiflich. Mit vereinten Kräften hätten Romney und seine Freunde den Schüler zu Boden geworfen, woraufhin ihm Romney Haare abgeschnitten und die Schmach des Gedemütigten mit flotten Sprüchen gefeiert habe.

(...)Romney marching out of his own room ahead of a prep school posse shouting about their plan to cut Lauber’s hair. Friedemann followed them to a nearby room where they came upon Lauber, tackled him and pinned him to the ground. As Lauber, his eyes filling with tears, screamed for help, Romney repeatedly clipped his hair with a pair of scissors (...)

Mitt Romney’s prep school classmates recall pranks, but also troubling incidents

Die Schulepisoden verbreiteten sich schnell und zeigten Wirkung. Das Etikett homophob ist in den USA dieser Tage selbst für einen christlichen Rechtsausleger ein echtes Hindernis auf dem Weg zur Macht.

Also musste Romney Stellung beziehen, er tat das auf Fox und wie er das machte, ist die eigentliche Enthüllung, weil sie den Blick in das Bigotte jenes christlichen Wertevertreters freigibt. Er entschuldigtr sich auf eine so beiläufige Weise, die Quälereien als "ausgelassene Späße" ( hijinks) und Lausbubenstreiche (pranks ) bezeichnend, die möglicherweise zu weit gingen, dass man sich das Grinsen seiner damaligen Gefährten gut vorstellen kann und das Schulterklopfen bei der nächsten Begegnung:

Romney laughed as he said that he didn’t remember the incident, although he acknowledged that "back in high school, you know, I, I did some dumb things. And if anybody was hurt by that or offended, obviously I apologize." He continued, "I participated in a lot of hijinks and pranks during high school, and some might have gone too far. And, for that, I apologize."

Mean Boys

Eine Kleinigkeit? Nein, so ein Kommentar der New York Times, welcher darauf verweist, wie ärmlich die Entgegnung Romneys auf die Vorwürfe ausfiel. Romney, der Mann, der Größe fordert, zeige, wie man mit 65 noch ein Boy ist. Die Geschäftswelt scheint mit solchen Entwicklungsdefiziten kein Problem zu haben - und die Politik? Die USA wählten den Jungen George W. Bush zwei Mal.