Überlegungen zum bedingungslosen Grundeinkommen

Mit dem Siegeszug der Piraten soll die Vision einer vom Arbeitszwang befreiten Gesellschaft Einzug in die Parlamente halten

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Das "bedingungslose Grundeinkommen" ist keinesfalls eine neue Idee. Wer will, könnte wohl schon die öffentlichen Getreidespenden im antiken Rom als Vorläufer ansehen, während spätestens mit der "Sozialen Physik" der französischen Frühsozialisten Charles Fourier und Henri de Saint-Simon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein konzeptueller Grundstein gelegt worden. So war für Fourier "Freiheit unmöglich", so lange man "Sklave eines Mangels" wäre. Folglich müsse jeder am "Reichtum" beteiligt werden, woraus Fourier den bedingungslosen Anspruch eines jeden auf das "Minimum" ableitete: jenes Maß an Gütern das volle materielle Unabhängigkeit zusichert. "Im Übrigen lasse man jeden arbeiten, aber jeden, wie er will, denn es ist eine Tatsache, dass jeder Mensch zu irgendeiner Tätigkeit Lust hat." Das ist insofern interessant, weil Saint-Simon als einer der wichtigsten Begründer der "Christlichen Soziallehre" gilt, auf die sich die meisten konservativen Parteien Europas heute noch berufen.

Anders als Marx, zu dem sich beide - wie auch untereinander - in Gegnerschaft befanden, nahmen Saint-Simon und Fourier dabei zwar an, dass eine Art von "Vergesellschaftung" der Arbeit erforderlich sei, um die nötige Produktivität zu erreichen. Sie sahen ihre Forderung aber nicht im Widerspruch zu Märkten und Privateigentum, womit sie wohl den Ansätzen schon sehr nahe kommen, die nun prominent von den Piraten vertreten werden.

Nur scheint sich die Diskussion - jedenfalls so weit der Autor das überschauen kann - im Austausch von mehr oder weniger zum Thema passenden Links sowie von Planrechnungen zu erschöpfen, in denen die aktuellen Kosten der sozialen Sicherung gegen die erwarteten Kosten einer Grundsicherung aufgerechnet werden. Das soll anscheinend zeigen, dass eine Grundsicherung auch nicht viel teurer wäre als die bestehenden Systeme.

Dabei scheint vielen Piraten die Tragweite des Themas nicht ganz klar zu sein, das letztlich auf eine massive Änderung grundsätzlicher sozialer Mechanismen hinauslaufen würde, weshalb hier einmal versucht wird, aufbauend darauf, wie der Autor den Piraten-Ansatz versteht, einige Aspekte zu beleuchten, die bei einer Umsetzung relevant werden könnten.

Ein "bedingungsloses Grundeinkommen" ließe sich einfach so begründen, wie es offenbar schon die alten Römer gehandhabt hatten: als Investition in die Verhinderung von Aufständen und Revolutionen. Da Revolutionen regelmäßig die Umverteilung von Vermögen und Einkommen zum Ziel haben und auch im Misserfolgsfall hohe Kosten verursachen, könnten sie von den Vermögensbesitzern als sinnvolle Versicherungsprämie verstanden werden, die schlicht dazu dient, ihnen diese Vermögen zu erhalten, wofür sich eine Reihe von historischen Beispielen finden lassen. In griechischen Stadtstaaten oder in Rom wurde in etlichen Fällen auch die "Bedingungslosigkeit" zumindest für männliche Vollbürger weitgehend realisiert.

Diese Beispiele dürften als Vorbilder jedoch kaum viel Strahlkraft entwickeln, wobei der Autor den Eindruck hat, dass die Piraten-Version ohnehin eine ganz andere gesellschaftliche Vision verfolgt und zudem als unmittelbare und logische Reaktion auf die Veränderungen von Weltwirtschaft und Arbeitswelt in den letzten dreißig Jahren gesehen werden kann.

Veränderte Arbeitswelt

Da international gehandelte Güter in den westlichen Industriestaaten heute offenbar zunehmend nicht mehr konkurrenzfähig produziert werden können, bedarf es grundsätzlich Arbeitsplätze mit hoher Produktivität. Das wiederum verlangt passende Qualifikationen, deren konkreten Erfordernisse sich heute so schnell ändern wie niemals zuvor. Folglich müssen sich auch die Mitarbeiter schnell ändern (lassen), was langfristige Beschäftigungsverhältnisse für die Unternehmen in vielen Fällen irrational erscheinen lässt, weshalb diese zu seltenen Ausnahmen werden.

Das real existierende Sozial- und Steuersystem basiert hingegen auf dem "alten" Wirtschaftsmodell, in dem Unternehmer typischerweise eine langfristige, oft als lebenslang gedachte Anstellung boten. Für die Beschäftigten bedeutete das eine enge Bindung an die Institution, wobei Mitarbeiter auf allen Ebenen zumeist auch für ihre privaten Interessen auf die Ressourcen der Organisationen zugreifen konnten. Idealisiert beruhte das System auf einer Art von wechselseitigen Interessenausgleich, wobei sich die Beschäftigten sich in der Regel stark mit der Organisation identifizierten als deren mehr oder weniger wichtiger Teil sie sich verstanden, die aber ihrerseits auch oft eine über die reine Bezahlung der Arbeitsleistung hinausgehende Fürsorgefunktion übernahmen.

Auch wenn stets durchaus ausgeprägte Kulturunterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten bestanden und bestehen, war das Modell doch nicht völlig undurchlässig und gewährleitstete jedenfalls die volle Einbindung in die öffentlichen Sicherungssysteme, die - obwohl stets unter staatlicher Kontrolle und zumeist mit erheblichem steuerlichen Zuschussbedarf - als "Versicherungssystem" definiert sind: Erst durch bezahlte Arbeit können Ansprüche erworben werden. Dabei gingen mit der langjährigen Betriebszugehörigkeit auch unterhalb der Leitungspositionen über die Jahre substantielle Lohnsteigerungen einher, die mangels entsprechender Produktivitätssteigerungen von den Unternehmen im globalen Wettbewerb nicht finanziert werden können und später zu hohen Pensionsansprüchen führen, die angesichts der zunehmenden Langlebigkeit auch die Sozialversicherungen überfordern.

Diese Veränderungen der Arbeitswelt sind so evident, dass eigentlich längst nur verwunderlich ist, dass langfristige Beschäftigungsverhältnisse nach wie vor die Mehrheit bilden. Insbesondere Aktiengesellschaften versuchen zusehends nur noch diejenigen Mitarbeiter länger an sich zu binden, die ernsthaft als "knapp" empfunden werden, also Schlüsselkräfte mit besonderen Kenntnissen oder potentielle "Manager", von denen sich die Organisation einiges an Profit oder Zukunftschancen erwarten. Entsprechend dem betriebswirtschaftlichem Kostendenken werden "marginale Mitarbeiter" bevorzugt, also jene, die die benötigten Verrichtung im Rahmen der geforderten Qualitätsansprüche zu den geringsten Kosten ausführen und bei nachlassendem Bedarf "flexibel" abgebaut werden können.

Geht der Trend also in die Richtung, Arbeit möglichst kurzfristig am "Markt" zuzukaufen - etwa über Leiharbeitsfirmen oder indem ganze Leistungsbereiche gegen "Honorar" ausgelagert werden -, entstehen daraus Legionen an "befristet Beschäftigten" und "neuen Selbstständigen". Diese können dann nicht auf die Ressourcen einer großen Organisation zurückgreifen und dürfen auch nicht auf Aufstiegschancen und automatische Gehaltsvorrückungen hoffen. Vielmehr treten sie als Einzelkämpfer an, die sich dann alleine oder in allen Arten von Kooperationen um Aufträge bemühen müssen. Ihre Bezahlung wird oft von wenigen Arbeitgebern diktiert und nur in den seltensten Fällen besteht die Chance auf eine dauerhafte Anstellung, regelmäßiges Einkommen und die volle Einbindung in die sozialen Sicherungssysteme. Demgegenüber fehlt es aber nicht an scharfer Konkurrenz durch weitere potentieller Auftragnehmer, die sich angesichts geringer Differenzierungsmöglichkeit gegenüber den potentiellen Auftraggebern gegenseitig unterbieten und als marginale Auftragnehmer dann auch sofort und am schwersten von einer schwankenden Branchenkonjunkturen betroffen sind.

Hier setzt das "bedingungslose Grundeinkommen" an, dass die überwiegend unangenehmen Folgen der neuen Arbeitswelt auszugleichen verspricht, die in schwankende Einkommen, längeren Zeiträume mit geringer Beschäftigung, häufigem Bedarf an Ausbildungs-, Qualifikations- und Neuorientierungszeiten und dem unzureichender Anschluss an die bestehenden Sicherungssysteme bestehen.

Im Idealfall ermöglicht das nun nach Fouriers Vision, dass jeder Mensch die Tätigkeit verrichtet, zu der er Lust hat - und für die er dann potentiell so hohes Interesse aufbringt, dass daraus hohe Meisterschaft und letztendlich hohe Produktivität resultieren. Indem das bedingungslose Grundeinkommen also ermöglicht, dass die bezahlte Arbeit mehr den Interessen und Neigungen der Menschen entspricht, sollte es zwangsläufig auch marktgängige Qualifikationen und Fertigkeiten fördern und dabei der Gesellschaft Zeit geben, gute Ideen zu entwickeln und umzusetzen, was die gesamtwirtschaftliche Produktivität und Innovationskraft erheblich steigern sollte - und was am Ende wohl auch die einzige Finanzierungsquelle wäre, die ein bedingungsloses Grundeinkommen langfristig finanzieren könnte.

Einladung zum Nichtstun?

Aber während eine faire Anpassung des Sozialsystems an die neue Arbeitswelt langfristig unumgänglich erscheint, steht einer Umsetzung des bedingungslosen Grundeinkommens wohl als wesentliches Hindernisse entgegen, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sich noch im alten System befindet und kaum dazu bereit sein wird, den massiven Systemänderungen zuzustimmen, die bei der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens voraussichtlich erforderlich sind - vor allem wenn man die Altersversorgung bedenkt, die im alten System zugesichert wurde.

Zu befürchten ist zudem, dass bei einer raschen und nicht ausreichend durchdachten Einführung, die unintendierten negativen Effekte sehr rasch überhand nehmen und den Versuch scheitern lassen, womit die Idee nachhaltig diskreditiert wäre.

Denn "bedingungslos" bedeutet jedem selbst zu überlassen, ob er nun arbeitet oder nicht, was wohl nicht ganz zu unrecht von vielen Kritikern als Einladung zum Nichtstun interpretiert wird. Dabei beginnt das Problem wohl schon damit, dass viele der vorhandenen Jobs heute oft nicht einmal so viel bezahlen, wie zum bescheidenen Überleben erforderlich ist, was im Modell ja auch ohne Arbeit durch das Grundeinkommen gewährleistet werden sollte. Dabei handelt es sich zudem oft um durchaus unangenehme Arbeiten, die niemand freiwillig machen würde, der nicht müsste - wobei die erbärmliche Bezahlung es zumeist schon psychologisch unmöglich macht, auch nur halbwegs produktiv zu arbeiten. Schließlich führt das Gefühl, ausgenutzt zu werden und im System stets der Verlierer zu bleiben, zu Frustration, Resignation und letztlich zur Weigerung, mehr als das absolut Nötigste zu leisten. In dieser Situation werden vermutlich nur charakterliche Ausnahmeerscheinungen geneigt sein, aus eigenem Antrieb in die eigene Zukunft zu investieren, insbesondere wenn alle Anstrengungen aufgrund fortlaufender Frustrationen als hoffnungslos eingeschätzt werden.

Wer dies verweigert und deshalb heute auf staatliche Unterstützung zurückgreifen muss, wird schnell feststellen, dass dieser Status jedenfalls nichts mit "Freiheit" zu tun hat. So werden von den Behörden mehr oder weniger willkürlich Kurse vorgeschrieben, Termine zugeteilt, unerwünschte Jobs, Arbeitszeiten und Anfahrtswege aufgedrängt und anscheinend generell alles getan, um es den Unterworfenen möglichst schwer zu machen. Das drängt die Betroffenen jedoch mehr zu Vermeidungsstrategien als dazu, interessengeleitet in die persönliche Entwicklung zu investieren.

Eine bedingungslose Grundsicherung soll hingegen genau das ermöglichen und es zur gesellschaftlichen Normalität machen, sich eine Auszeit zu nehmen um an der eigenen Zukunft zu arbeiten. Wie viele Menschen es demgegenüber vorziehen werden, ihre Zeit nun unproduktiv etwa mit Alkohol und Drogen, mit Fernsehen und Computerspielen zu verbringen, wird sich zeigen. Allerdings entspricht es der Alltagserfahrung, dass die meisten Menschen es irgendwann satt haben, gar nicht produktiv tätig zu sein.

Wenig Zweifel bestehen indes daran, dass produktive Arbeit unmittelbar positive Wirkungen auf das Gesamteinkommen haben muss. Denn gebe es hier nur ein Entweder-oder, würde eine schlecht bezahlte und miese Arbeit den Verzicht auf ein in etwa gleich hohes Grundeinkommen bedeuten. Diese Arbeiten würden dann schlicht nicht mehr verrichtet und schon gar nicht zum bisherigen Preis, was eine Volkswirtschaft erst einmal verdauen müsste. Wie sehr zudem Fourier und Saint-Simon Recht haben, wenn sie annehmen, dass jeder Mensch zu irgendeiner Tätigkeit Lust habe, und wie sehr diese dann auch in Arbeitseinkommen mündet, harrt noch der empirischen Überprüfung und hängt wohl von den genauen Umständen ab. Aber es kann wohl angenommen werden, dass die Systemänderungen umso gravierender werden ausfallen müssen, je geringer die positive ökonomische Ausbeute ausfällt.

Klar ist jedenfalls, dass das ausgezahlte Grundeinkommen nicht sofort von jeder Erwerbsarbeit beeinträchtigt werden dürfte, will man nicht riskieren, dass es sich für untragbar weite Teile der Bevölkerung - so wie übrigens auch im bestehenden System - als individuell rational erweist, das Grundeinkommen zu nehmen und zusätzlich allenfalls Schwarzarbeit zu verrichten.

Massive Veränderungen des Gesamtsystems wären erforderlich

Das könnte gesellschaftlich wohl nur dann finanziert werden, wenn der Satz, der ausgezahlt wird, so niedrig wäre, dass das Grundeinkommen nicht mehr der Vision entspricht, als Instrument zur Finanzierung freiwilliger Maßnahmen zur individuellen Produktivitätssteigerung zu dienen. Soll dieses aber tatsächlich eine Höhe erreichen, die ein erträgliches Leben finanzieren kann, müssten wohl ohnehin massive Eingriffe in das Gesamtsystem vorgenommen werden, die in der öffentlichen Diskussion bislang aber kaum präsent sind.

Denn den Aufwand abzustellen, den die bestehende Sozialversicherung betreibt, um die Berechtigung der Ansprüche festzustellen und die Arbeitslosen in Kurse oder Beschäftigung zu drängen, wäre wohl nur ein kleiner Teil der erforderlichen Systemänderungen. So müssten letztendlich wohl alle "öffentlichen" Sicherungssysteme und insbesondere auch die Alterssicherung in das neue System überführt werden, was zu erheblichen Verteilungskämpfen zwischen denjenigen mit Ansprüchen aus dem traditionellen System und den Outsidern führen muss, sollte nicht ein Total-Crash samt Staatsbankrott einen Neustart bei Null erzwingen.

Soll dabei auch - was vermutlich die effizienteste Lösung wäre - eine einheitliche und der Höhe des Grundeinkommens entsprechende öffentliche Pension herauskommen, werden die bestehenden Ansprüche entsprechend abgefertigt werden müssen, um ein neues System auf demokratischem Wege durchzusetzen. Nicht finanzierbar dürfte es jedenfalls sein, beide Systeme und deren jeweilige Bürokratien längere Zeit parallel laufen zu lassen, ebenso wenig, bereits entstandene besonders hohe Ansprüche vollständig zu kapitalisieren oder zu streichen. Das wird eine Reihe von Kompromissen erfordern, zu denen die aktuellen Gewinner des Systems wohl erst bereit sein werden, wenn sie den Bestand des Gesamtsystems oder ihre eigene Teilhabe daran als ernsthaft gefährdet ansehen.

Bekämpfung der Schwarzarbeit, Steuersystem und Datenschutz

Um dem Problem der Einschleifregelungen bei steigenden Arbeitseinnahmen und der Schwarzarbeit zu begegnen, dürfte es zudem unumgänglich sein, das Steuersystem den heutigen technischen Möglichkeiten anzupassen, um Missbrauch zu vermeiden. Hier ortet der Autor in Gesprächen mit Piraten übrigens erstaunlich wenig Skrupel in Hinsicht auf den Datenschutz, sondern durchaus Bereitschaft, zu diesem Zweck sehr umfassende öffentliche Datensammlungen zuzulassen - die dem Autor allerdings auch unumgänglich erscheinen, soll das System effizient gestaltet werden.

Beispielsweise könnte zur Vermeidung von Schwarzarbeit gesetzlich vorgeschrieben werden, dass Arbeit nur dann als bezahlt und steuerrechtlich anrechenbar gilt, wenn samt entsprechender Identifikation auf ein den Behörden von jedem Honorarempfänger bekannt zu machendes Konto gezahlt wird. Auf dieses würde auch das Grundeinkommen fließen, wobei wohl zugelassen werden müsste, dass auch die Finanzämter online permanenten Zugang darauf haben. Fließt nun zu wenig Arbeitseinkommen, dann würde automatisch das Grundeinkommen gutgeschrieben, das mit steigenden Zuflüssen progressiv abnimmt, bis auf Basis eines möglichst einfachen Algorithmus - dessen Parameter demokratisch festgelegt werden könnten - gar kein staatlicher Zuschuss mehr gezahlt, sondern eine Steuer eingezogen werden könnte.

Dieses Bild ist natürlich viel zu simpel. Die Angelegenheit wird etwa dadurch verkompliziert, wenn in die Arbeitseinkommen auch Vorleistungen einfließen, die Kosten verursachen. Das wird in der Regel der Fall sein, und so müsste also zumindest über Pauschalierungen und ähnliche Vereinbarungen nachgedacht werden.

Eine derartig massive Änderung des Sozialsystems müsste aber vermutlich noch viel weitergehende Überlegungen zum Steuersystem umfassen. Denn wenn das Grundeinkommen gleichzeitig auch der öffentlichen Pension entspricht, kann angenommen werden, dass dessen Höhe in einem demokratischen Entscheidungsprozess mit steigendem Anteil an Senioren tendenziell immer höher ausfallen wird. Sollten gleichzeitig auch die bestehenden Ansprüche mit entsprechenden Vermögensübereignungen abgegolten worden sein, dann könnte es sich bald als fair und vielleicht unumgänglich erweisen, von einer Besteuerung der Einkommen auf eine Besteuerung des Konsums und der Vermögen überzugehen, was zumindest der im aktuellen System systematischen Umverteilung von Jung zu Alt entgegentreten würde.

Bei so massiven Änderungen des Gesamtsystems müssten jedenfalls extrem schwierige Verteilungsfragen gelöst werden, wobei die praktischen Probleme, die sich aus dem bedingungslosen Grundeinkommen ergeben könnten, wohl noch nicht einmal annähernd durchschaut sind.

Will man fair auf den Gesellschaftswandel reagieren, wird langfristig zwar ohnehin kein friedlicher Weg an dieser Idee vorbeigehen. Nur sollten die Piraten wohl noch froh sein, nicht in Regierungsverantwortung zu stehen und eine praktikable Lösung präsentieren zu müssen. Ein wenig Zeit für weitere Überlegungen dürften sie allen Erfolgen zum Trotz ja noch haben.