Polizeifestspiele in Frankfurt

Aktivisten fühlten sich an die bleiernen Jahre des Deutschen Herbstes erinnern. Nicht Blockupy, sondern die Polizei hat das Bankenviertel blockiert

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"Blockupy: EZB und Bankenviertel erfolgreich blockiert", heißt es auf der Homepage des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac. Damit hatten sie nicht unrecht, aber es war die Polizei, die mit ihren Maßnahmen für die Blockaden sorgte. Den ganzen Tag über waren sie auf der Suche nach Menschen, die sich vielleicht zu politischen Zwecken im öffentlichen Straßenraum bewegten. Immer wieder wurden Menschen eingekesselt, gelegentlich setzte die Polizei auch Wasserwerfer ein. Insgesamt wurden im Laufe des Tags fast 500 Personen zumindest kurzzeitig festgenommen.

Auswärtige Aktivisten kamen oft schon gar nicht nach Frankfurt, das von Schwarz-Grün regiert wird. So waren schon am Donnerstag mehrere Busse aus Berlin in unmittelbarer Nähe von Frankfurt angehalten und von der Polizei zur Rückkehr nach Berlin aufgefordert worden. Eine italienische Protestgruppe musste in den letzten Tagen auf einen Campingplatz am Rande von Frankfurt bleiben. Wenn sie in der Innenstadt entdeckt worden wären, hätte ihnen Haft gedroht. Dagegen regte sich in Italien Protest. Vor der deutschen Botschaft in Rom demonstrierten Menschen gegen die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. In Venedig wurde sogar das deutsche Konsulat besetzt.

Die erneuten Stadtverbote sind schon deshalb erstaunlich, weil erst vor wenigen Tagen an mehr 400 Personen persönlich gerichtete Verfügungen aufgehoben worden waren, während der Aktionstage die Frankfurter Innenstadt nicht zu betreten. Damals waren die Maßnahmen zuvor begründet worden, dass die Betroffenen während des antikapitalistischen Aktionstages am 31. März polizeilich kontrolliert worden seien. Da aber niemandem eine Straftat nachgewiesen wurde, hätte das Stadtverbot wohl einer juristischen Nachprüfung nicht standgehalten, was ein Grund für die Aufhebung war. Wieso aber nun ein Stadtverbot gegen Personen, die nur mit einem Bus aus Berlin nach Frankfurt gefahren sind, eine größere rechtliche Basis haben soll, konnten auch Anwälte nicht beantworten.

Die Frankfurter Polizei zumindest äußerte sich höchst zufrieden mit dem bisherigen Ablauf. In der täglichen Pressemitteilung wurde unter den wenigen Sachbeschädigungen ein abgerissenes Verkehrsschild aufgeführt. Trotzdem geht der harte Kurs, der vor allem von der Lokalkorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ausdrücklich begrüßt wurde, noch bis in die Abendstunden weiter. Am späten Freitagabend wurden rund um den Unicampus, auf dem sich zahlreiche Aktivisten aufhielten, die Kontrollen verstärkt.

Weniger Teilnehmer als erwartet

Insgesamt blieb die Zahl der Teilnehmer an den Aktionen hinter den Erwartungen der Organisatoren zurück. Daran hat sicher das Verbot ebenso beigetragen wie die mediale Berichterstattung, die Menschen von der Teilnahme abschrecken sollte. Allerdings zeigte sich auch in den letzten Tagen wieder einmal, dass ein ausgeprägtes Krisenbewusstsein bei einem großen Teilen der Bevölkerung nicht vorhanden ist und auch nicht durch Großaktionen erzeugt werden kann.

Jetzt wird von der Teilnahme an der genehmigten Großdemonstration abhängen, ob die Aktionstage ein Erfolg waren oder nicht. Nach den Tagen der Demonstrationsverbote wird eine fünfstellige Teilnehmerzahl erwartet. Vor allem wird sich nun zeigen, ob sich das liberale Frankfurter Bürgertum, das in den letzten Tagen still blieb, in die Debatte einmischt. Schließlich können sich selbst langjährige Aktivisten, wie die Ökolinx-Stadtverordnete Jutta Ditfurth, an ähnlich massive Demokratieeinschränkungen in Frankfurt nicht erinnern. Man muss schon in die späten 70er Jahre zurückblicken, um auf ähnliche flächendeckende Verbote zu stoßen.