SPD mischt sich in Debatte über Urheberrecht ein

Burkhard Lischka und Brigitte Zypries bei der Präsentation der zwölf Thesen. Bild: S. Duwe

Nach den "12 Thesen" sollen die Rechte der Urheber gegenüber den Verwertern gestärkt, legale Geschäftsmodelle gefördert und ein Leistungsschutzrecht verhindert werden

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Die SPD will mit ihren "Zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht" die Debatte versachlichen. Burkhard Lischka, der Leiter des Arbeitskreises Urheberrecht der SPD-Bundestagsfraktion betont, dass das Papier fachübergreifend erarbeitet wurde. Rechts-, Kultur- und Netzpolitiker der SPD-Fraktion haben gemeinsam die Thesen aufgestellt. So soll sichergestellt sein, dass die Interessen aller Akteure, also auch die der Nutzer und der Netzcommunity, beachtet werden, wie Lischka betont.

Das erste Ziel der SPD ist es jedoch, eine angemessene Vergütung der Kreativen zu ermöglichen. Dabei rücken die Sozialdemokraten die Interessen der eigentlichen Urheber gegenüber den Interessen der Verwertern stärker in den Fokus. Die "Verteilungsfragen innerhalb der Kreativwirtschaft" müssten thematisiert werden, umschreibt das Thesenpapier diesen Punkt.

Siegmund Ehrmann, Sprecher für Kultur und Medien, betont, dass eine Debatte über die Transparenz der Verteilung der Mittel der Verwertungsgesellschaften nötig sei. Die Urheber sollten zudem, so die SPD, durch eine Verbesserung des Urhebervertragsrechts gegenüber den Verwertern gestärkt werden, um den Urhebern ein faires und angemessenes Einkommen zu sichern.

Um eine legale Nutzung von Inhalten zu ermöglichen, sollen legale Geschäftsmodelle vorangetrieben werden. Eine allgemeine und pauschale Kulturflatrate lehnt die SPD jedoch ab. Würde sie ähnlich wie die GEZ-Gebühr eingetrieben, so wäre die Kulturflatrate eine erhebliche Belastung für den Einzelnen, wie Brigitte Zypries bei der Vorstellung der zwölf Thesen erläuterte. Sie befürchtet, dass der Zugang zu freien Informationsquellen wie Fernsehen und Internet damit nicht mehr für jeden bezahlbar wäre. Teilflatrates für bestimmte Bereiche, wie eine Flatrate für die Nutzung sämtlicher digitalen Angebote eines Verlages, die die User nach ihrem Bedarf auswählen, hält sie für die bessere Lösung. Zudem, so betont Zypries, würde eine Kulturflatrate die Urheber enteignen, da sie nicht mehr bestimmen könnten, wie ihre Inhalte verwertet würden. Stattdessen würden sie durch die Flatrate verpflichtet, alle ihre Inhalte frei zugänglich zu machen. Zudem sei eine Kulturflatrate problematisch, weil diese wohl nur national einführbar sei, das Internet jedoch international ist.

Die SPD setzt sich darüber hinaus dafür ein, dass geistige Eigentum mit verhältnismäßigen Mitteln zu schützen. Eingriffe in die Grundrechte zu diesem Zweck lehnen die Sozialdemokraten kategorisch ab. Dazu gehören für die SPD auch die "flächendeckende Inhaltefilterung des Datenstroms", Internetsperren oder Warnhinweismodelle jeglicher Art. Auch eine rein private Durchsetzung des Urheberrechts lehnen die Sozialdemokraten ab. Geringfügige Rechtsverletzungen oder die so genannte Störerhaftung des Anschlussinhabers dürften Internetnutzer "nicht an den Rand des finanziellen Ruins treiben". Abmahnungen müssten daher eingeschränkt und der Streitwert bei einmaligen, geringfügigen Rechtsverletzungen begrenzt werden. Derzeit hätten fünf Anwaltskanzleien 95 Prozent des Abmahn-Marktes unter sich aufgeteilt und würden mit absurd hohen Streitwerten die Gebühren in die Höhe treiben, begründet Lischka diese Forderung. Hart vorgehen will die SPD hingegen gegen jene, die mit Urheberrechtsverletzungen Geld verdienen. In ihren Thesen nennen die Sozialdemokraten explizit kino.to und megaupload.com. Es müsse sichergestellt werden, dass auf derartigen Seiten keine Werbeeinnahmen generiert werden können.

Auch News-Aggregatoren und Harvester nimmt die SPD ins Visier. Presseverleger sollten in Zukunft die Verwendung ihrer Erzeugnisse durch diese Dienste effizient verfolgen können. Ein Leistungsschutzrecht, wie die Koalition es derzeit plant, lehnt die SPD jedoch ab. Auf Nachfrage erläutert Lischka, dass seine Partei nicht plant, den Urheberrechtsschutz in diesem Bereich weiter auszudehnen. Es sei Absicht, dass die Nachricht, "in China ist ein Sack Reis umgefallen" nicht geschützt sei, so Lischka, denn Nachrichten sollten sich möglichst schnell verbreiten. Vielmehr seien Harvester ein Problem, die dem Nutzer beispielsweise eine personalisierte Zeitung zusammenstellen, ohne die Verlage um Erlaubnis zu bitten. Derzeit könnten sich die Verleger nur gegen die Übernahme einzelner Artikel wehren, nicht jedoch das Geschäftsmodell insgesamt angreifen. Die Rechtsdurchsetzung solle nur in allen Fällen erleichtert werden, die schon jetzt eindeutig illegal seien. Einen Schutz kleiner Wortbeiträge lehne die SPD ab.

Weiterhin sollen nach dem Willen der SPD verwaiste Werke einfacher zugänglich gemacht werden können. Gleichwohl sollen sie nicht kostenfrei, sondern durch die Verwertungsgesellschaften "gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung" lizenziert werden.

Zudem spricht sich die SPD für ein "wissenschafts- und bildungsfreundliches Urheberrecht" aus. Wer heute in Fachzeitschriften publiziere, trete die Rechte an seinen Forschungsergebnissen an den Verlag ab, kritisiert Lischka. Im Ergebnis dürften die Eigenen Ergebnisse nicht mehr auf der eigenen Homepage veröffentlicht werden. Ganz abschaffen will die SPD diese Restriktionen jedoch offenbar nicht, sondern lediglich einschränken. So spricht sich Lischka dafür aus, dass insbesondere öffentlich geförderte Forschung ihre Ergebnisse "nach einer gewissen Zeit" weiterverbreiten dürfe.

Mit ihren Thesen möchte die SPD auch eine Diskussion über das Urheberrecht anstoßen. Dazu würde nun begonnen, die aufgestellten Thesen "Thema für Thema durchzugehen", wie Lischka erläutert. Forderungen nach einem möglichst kostenfreien Zugang zu Inhalten dürften dabei aber ebenso wenig bei den Sozialdemokraten durchdringen wie das Verlangen nach harten Strafen gegen Urheberrechts-Sünder. "Vergüten statt verbieten", so gibt die SPD ihre grundsätzliche Linie vor.