Südafrika: Streit um Kunstfreiheit

Präsident Jacob Zuma stört sich an einer Darstellung seiner Person in Lenin-Pose und mit heraushängendem Penis

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Zulu Jacob Zuma ist seit 2007 Parteichef des African National Congress (ANC) und seit 2009 südafrikanischer Staatspräsident. Eine unumstrittene Integrationsfigur ist er allerdings nicht, was auch mit zahlreichen Vorwürfen gegen ihn zusammenhängt. 2009 stellte man ein gegen ihn eröffnetes Verfahren wegen Korruption im Zusammenhang mit Waffengeschäften ein. Drei Jahre vorher wurde er vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. In diesem Prozess hatte der evangelikale Prediger mit vier Frauen und mindestens 19 Kindern angegeben, beim Geschlechtsverkehr von der HIV-Infektion der Klägerin gewusst, aber nachher geduscht zu haben.

All dies inspirierte den südafrikanischen Künstler Brett Murray dazu, seinen Präsidenten im Stil des Obama-Plakatdesigners Shepard Fairey in einer Pose zu malen, die der russische Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Uljanow alias "Lenin" in einer bekannten bildlichen Darstellung einnimmt. Allerdings gibt es einen bedeutenden Unterschied zu dem Lenin-Gemälde: Dem Russen hängt kein stattliches Gemächt aus der offenen Hose.

Jacob Zuma. Foto: GCIS

Dieses "The Spear" betitelte Gemälde bewegt derzeit Südafrika wie kein zweites Thema. Zumas Partei versuchte das Bild über eine Beleidigungsklage am South Gauteng High Court in Johannesburg nicht nur aus der Goodman-Gallerie (die es vom 18. bis zum 22. Mai im Rahmen der Ausstellung "Hail to the Thief II" zeigte), sondern auch aus analogen und digitalen Medien entfernen zu lassen. Dabei hatte die Partei offenbar den Streisand-Effekt nicht bedacht, der dafür sorgte, dass sich Kopien im Internet in Windeseile überall hin ausbreiteten.

Am 22. Mai betraten ein Weißer in einem Anzug und ein Schwarzer in einem Kapuzenshirt die Galerie und übermalten den Kopf und die Genitalien Zumas auf dem ein Meter fünfundachtzig hohen Acrylgemälde in rot, schwarz und gelb. Als Motiv gaben sie an, dass es dem Werk an "Respekt" für den Präsidenten ermangeln würde. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks war es vorher für 13.000 Euro an einen Deutschen verkauft worden.

Zuma, der beklagte, dass ihn Murrays Bild in "unwürdiger" Weise als "Schürzenjäger" und "Frauenheld" diffamiere, verklagte in der Vergangenheit insgesamt elf südafrikanische Medien wegen Beleidigung. In der Mehrzahl dieser Fälle steht ein Urteil noch aus. Im Oktober soll ein Fall aus dem Jahr 2008 verhandelt werden. In ihm geht es um eine Zeichnung des populären Karrikaturisten Zapiro, der den Zulu in Anspielung auf Mängel in der Unabhängigkeit der Justiz dabei zeichnete, wie er sich anschickt, mit einer Dusche auf dem Kopf Justitia zu vergewaltigen, die von mehreren politischen Organisationen am Boden festgehalten wird.

Auch in Deutschland gab es bereits gerichtliche Auseinandersetzungen über Penisse. Am meisten Aufmerksamkeit erregten dabei Dieter Bohlen und Kai Diekmann, der die Taz wegen einer Satire verklagte, worauf hin diese die Fassade ihres Redaktionsgebäudes mit einem Relief schmückte, das den Bild-Chef mit einem Phallus zeigt, der sich über fünf Stockwerke erstreckt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.