URL-Shortener gegen Leistungsschutzrecht

Das Angebot soll Internetnutzer und Presseverlage für die Folgen des geplanten neuen Monopols sensibilisieren

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Letzte Woche stellte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einen Entwurf für ein neues Monopolrecht für Presseverleger vor, für das man den etwas irreführenden Namen "Leistungsschutzrecht" gewählt hat. Dieser Entwurf verblüffte viele Beobachter, weil er praktisch alle Probleme enthält, vor denen bereits im Vorfeld ausführlich gewarnt wurde.

Der Richter Dr. Martin Vogel, der selbst maßgeblich an vier Gesetzen mitschrieb, geht aufgrund der evidenten Mängel davon aus, dass der Entwurf zum allergrößten Teil nicht aus dem Justizministerium, sondern aus einem großen Presseverlagshaus stammt. Und der Journalist Mario Sixtus spekuliert in seiner Anleitung, wie man mit dem Leistungsschutzrecht ein neues Abzocker-Geschäftsmodell umsetzt, sogar darüber, ob Leutheusser-Schnarrenberger das Leistungsschutzrecht in Wirklichkeit vielleicht überhaupt nicht will, "aber durch den Koalitionsvertrag gezwungen [ist], einen entsprechenden Entwurf zu liefern", weshalb "das vorliegende Konzept wurde genau deswegen derart schlampig und stümperhaft erarbeitet, damit jeder sehen kann, was für eine schwachsinnige Idee dieses Gesetz ist".

Mittlerweile distanzierten sich sogar erste Presseverlage von dem, was der Entwurf ihnen erlaubt: Der Spiegel und die FAZ versprachen indirekt, dass sie das neue Gesetz praktisch gar nicht anwenden würden. Heribert Prantl legte in der Süddeutschen Zeitung ausführlich dar, warum ähnliche Vorhaben in der Vergangenheit scheitern mussten. Und der Donaukurier -Verleger Georg Schäff urteilte, mit dem neuen Leistungsschutzrecht werde lediglich der "freie Wettbewerb ausgehebelt".

Lediglich Christoph Keese vom Axel-Springer-Verlag, der schon im Vorfeld als lautester Trommler für das neue Monopol auffiel, schwärmt von "preislich superattraktiven" Flatrates für Blogger, die "manchmal die Grenzen des Zitierens überschreiten" und versucht mit der Inaussichtstellung von Null-Euro-Angeboten "für Tweets und Linksammlungen" zu beruhigen. Bei den meisten Bloggern scheint er damit eher Befürchtungen zu bestärken.

D64, das "Zentrum für digitalen Fortschritt", hat deshalb ein Leistungsschutzrecht-Plugin für WordPress entwickelt, das "Verlinkungen zu Onlineangebote von Presseverlagen automatisch auf eine Landingpage umleitet, die auf die möglichen Folgen des Leistungsschutzrechtes hinweist". Für Journalisten und Personen die twittern oder in Foren und Facebook posten bietet man als Alternative einen URL-Shortener, der nicht nur kürzt, sondern ebenfalls einen Umweg über die Kampagneseite Leistungsschutzrecht stoppen! macht, wo der Leser auf die "Absurdität der Idee, dass solche Internetverweise, die erst den Traffic auf Verlegerangebote bringen, über finanzielle Abgaben bestraft werden" aufmerksam gemacht wird. Dabei hat man als Zielgruppe der Kampagne nicht nur normale Bürger im Auge, sondern auch die Presseverlage. "Denn", so D64, "die Verlage leben von Verlinkungen - schauen wir doch einmal, wie es ihnen ohne sie gefällt".

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