Assads Regime scheint zu wanken

Russland und China verhindern Resolution gegen das syrische Regime

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Nach dem tödlichen Anschlag auf den syrischen Verteidigungsminister und seinen Vize, den Schwager von Präsident Assad, scheint dem Regime allmählich die Luft auszugehen. Die Kämpfe in der Hauptstadt nehmen zu, die syrischen Sicherheitskräfte, die mit Hubschraubern und Artillerie Stadtviertel bombardieren, verlieren trotz massiver Gewaltanwendung mit schweren Waffen allmählich die Kontrolle, zumindest scheint es so. Angeblich haben die Rebellen bereits die Grenzposten zur Türkei und zum Irak eingenommen, die irakische Armee wurde in Alarmbereitschaft versetzt. Die Angst geht um - oder wird interessengeleitet beschworen -, dass das Regime, wenn es mit dem Rücken an die Wand gedrängt ist, womöglich chemische Waffen einsetzen könnte, während angeblich eine Massenflucht aus Damaskus eingesetzt hat und Zehntausende in den Libanon geflohen sind.

Angst gibt es vor allem auch in Israel, dass die treu zu Syrien stehende Hisbollah, die etwa der israelische Außenminister Liberman hinter dem Anschlag in Bulgarien vermutet, in den Besitz von chemischen Waffen gelangen könnte. Die israelische Armee wurde daher in Alarmbereitschaft versetzt. Nach Medieninformationen drängt die israelische Regierung darauf, im Notfall in Syrien einzumarschieren, um die Waffenlager zu sichern, die US-Regierung ist davon allerdings nicht begeistert.

Sollten die Rebellen Damaskus einnehmen können, wäre das Regime, das vorgibt, nur Terroristen zu bekämpfen, wohl am Ende. Inzwischen versuchen die Rebellen, mit Anschlägen und Sabotagen das Regime zu schwächen, sie nutzen zudem die Möglichkeit, sich hinter Zivilisten zu verschanzen, wohl wissend, dass die syrischen Truppen dann mit massiver Gewalt zuschlagen werden. So entstehen Massaker, die dann die Weltöffentlichkeit gegen das syrische Regime mobilisieren sollen. Noch aber hat Assad mächtige Verbündete, die ihn stützen.

Zum dritten Mal legte Russland - zusammen mit China - am Donnerstag im UN-Sicherheitsrat ein Veto gegen eine von der britischen Regierung formulierte und von den USA, Frankreich und Deutschland gestützte Resolution ein. Sie forderte das Regime auf, binnen 10 Tagen den Einsatz schwerer Waffen gegen die Rebellen einzustellen. Bei Nichterfüllung hätten scharfe Sanktionen gedroht, die allerdings auch den Weg für eine Intervention geebnet hätten. Russland und China, beides Vielvölkerstaaten, wollen keine Sanktionen.

Das Mandat für die Beobachtermission, die ihre Arbeit vor einem Monat eingestellt hat, läuft heute aus. Russland hat seine Resolution, die eine Fortsetzung ohne irgendwelche Sanktionen ermöglicht hätte, zurückgezogen. So schaut also die Weltgemeinschaft zu, während die interessierten Staaten auf mehr oder weniger verdeckte Weisen versuchen, den von ihnen gestützten Konfliktparteien zu helfen. Wie immer man auch über Sanktionen gegen Syrien denken mag, so führen die Machtspiele im Sicherheitsrat vor, dass dieser endlich reformiert und demokratisiert gehört. Veto-Mächte, die dies nur sind, weil sie Besitzer von Atomwaffen sind, können nicht für die Weltgemeinschaft entscheiden.

Die russische Regierung wirft dem Westen vor, einseitig Partei zu nehmen und die Aufständischen wie in Libyen zu unterstützen, allerdings ließe sich dasselbe für Russland sagen, dem es wohl nicht nur um geostrategische Interessen geht, da es in Syrien den einzigen außerrussischen Militärstützpunkt besitzt, sondern wohl auch um die Stützung autoritärer Regime gegen Demokratiebewegungen und die Aufrechterhaltung des Prinzips, dass Konflikte im Land nicht von außen und schon gar nicht durch Interventionen "politisch gelöst" werden. Zwar spricht manches dafür, dass Interventionen wie in Afghanistan, im Irak oder zuletzt in Libyen keine Lösung bewirken, doch der angebliche Versuch, eine Lösung zwischen den Konfliktparteien mit der Aufrechterhaltung der Macht zu finden, unterstützt einseitig das Regime, schürt den Konflikt und verweist Demokratie, den Rechtsstaat und die Menschenrechte auf die hinteren Ränge.

Während die chinesischen Staatsmedien über das Veto Chinas schwiegen und nur den Widerstand Russlands herausstellen, ist man dort auch nicht redseliger. Immerhin haben außer China und Russland 11 Mitglieder des Sicherheitsrats für die Resolution gestimmt, Pakistan und Südafrika haben sich enthalten.

UN-Generealsekretär Ban Ki-moon äußerte Enttäuschung darüber, dass der Sicherheitsrat nicht einig ist und damit weiteres Blutvergießen nicht verhindern will und kann. Man fragt sich allerdings, welche Überlegungen hinter den Entscheidungen der russischen und chinesischen Regierung stehen. Ein offensichtlich wackelndes Regime, das seine Macht schon immer durch Gewalt, Folter und Geheimdienste sicherte, bis zum letzten Atemzug zu unterstützen, verrät auch die wenig realpolitische Haltung der Unterstützer. Sie werden ihren Stützpunkt in Syrien und ihren Einfluss in der Region verlieren, wenn das Assad-Regime stürzt, was nur eine Frage der Zeit zu sein scheint.