"Gatingagentur" - Spezialist für Negativ-PR

Interview mit dem geheimnisvollen Spin-Doktor

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Während früher insbesondere politische Parteien an möglichst positiver Berichterstattung interessiert waren, hat sich inzwischen immer mehr das Konzept der Negativ-PR durchgesetzt. Any news is good news, oder - wie Oscar Wilde zu sagen pflegte: "Es ist mir nicht peinlich, wenn über mich gesprochen wird - es ist mir peinlich, wenn man nicht über mich spricht." Nachdem sich die FDP vor einem Jahrzehnt mit ihrem Affären-Ausnahmetalent Jürgen W. Möllemann erfolgreich dauerhaft im Gespräch hielt, ist es dieses Jahr vor allem die Piratenpartei, welche mit dieser raffinierten Form der Öffentlichkeitsarbeit die politische Presse bedient. Zur Pflege der Aufmerksamkeitsökonomie haben die Piraten mit der Entwicklung von Skandalen eigens eine Bremer PR-Agentur beauftragt.

Wie kam es zu dem Konzept "Gatingagentur"?

Gatingagentur: Wir waren jung und brauchten das Gate.

Was macht für Sie ein gutes Gate aus?

Gatingagentur: Ein gutes Gate treibt einen Keil zwischen die streitenden Parteien und den Popcorn-Verbrauch in die Höhe. Da wir Anteile an mehreren Popcornherstellern besitzen, sehen wir genau, welches Gate ankommt und welches nicht. Es spaltet nicht nur zutiefst, sondern zahlt sich auch noch monetär für uns aus. Dass wir öfters mal Chaos stiften, ist nicht schlimm, denn: "eternal chaos comes with chocolate rain".

Was waren Ihre erfolgreichsten Gates?

Gatingagentur: Wir können uns nur schwer entscheiden, hier sind unsere Favoriten:

- Hase - ein Gate, das 3 Monate lang im Amt ist, sehen wir getrost als erfolgreich an.

- 3 Euro für'n Bier - Wie soll man seriösliche Politik machen, wenn die gesamte Diät bereits am 5. des Monats für überteuertes Bier ausgegeben wurde?

- Esogate - Dies war sicher eines unserer spirituellsten Gates. Wir fühlen die Energien immer noch in uns strömen.

- Lankabelgate - Dies war unserer Partei nicht würdig. Die Partei der Nerds und Geeks kann auch in solchen Fällen nicht auf veraltete Technik setzen. Zumindest Glasfaser hätte es sein können.

- Niedersachsen hat sich bei uns ein Abo erkauft. Wir konnten hier so großartige Gates platzieren, weil wir viel lokale Hilfe bekommen haben.

- Auch wenn sie nicht von uns ist: Wir sind stolz auf die Schiedsgerichtsordnung, sie hätte von uns sein können.

Wir hoffen, bei den Liquid-Schlachten im Transparenzkrieg auch weiterhin gute Gates platzieren zu können. Bisher folgten alle unsere Gates dem gleichen Muster, aber vielleicht wird es ja auch für uns noch mal eine "Lesson Zero" geben, nach der wir dann etwas freier in der Gestaltung werden können.

Wie man während des NRW-Wahlkampfs beobachten konnte, werden die qualitativ hochwertigsten Gates vornehmlich in Berlin platziert. Steht dies nicht im Widerspruch zum föderalen Ansatz der Piraten?

Gatingagentur: Gates entstehen durch Fehler einzelner oder einer Gruppe. Wir würden die Gates gerne nach dem föderalen Ansatz verteilen, werden hier jedoch durch den Mangel an geeignetem Material gehindert. Dies könnte man als bundesweites Gate betrachten. Der Trend scheint aber hin zu mehr lokalen Kompetenzzentren zu gehen, wie schon erwähnt ist Niedersachsen bereits Feuer und Flamme. Auch die Kollegen in Rheinland-Pfalz üben sich in ihrem doch recht kleinen Bundesland, Gates in Bundesmanier zu produzieren. Zuletzt konnte man dies bei der Fortsetzung der Liquid-Feedback-Kriege zwischen Rheinland-Pfalz und Berlin sehen.

Sie arbeiten nicht ausschließlich für die Piraten. Angeblich haben die GRÜNEN bei Ihnen das Machogate in Auftrag gegeben, das ursprünglich für die Piraten entwickelt worden war.

Gatingagentur: Zitat aus dem Artikel: "Eine Urwahl könnte die Partei spalten." Dieses Gate hätten wir nicht glaubhaft bei den Piraten bringen können. So weit, dass Basisdemokratie die Partei zerstört, sind die Piraten noch nicht ganz. Da wir ungerne auf fertigen Gates sitzen und noch warten, haben wir eben eine andere Partei gesucht. Und welche eignet sich da besser als die Grünen?

Gute PR wird als solche nicht wahrgenommen. Wie kommt man mit so auffälligen PR-Inszenierungen wie dem grünen "Männermanifest" durch?

Gatingagentur: Wie kommen Sie eigentlich mit solchen Fragen durch?

Inzwischen will sich auch die CDU dem Trend anschließen. War das mit Bushido nicht ein bisschen dick aufgetragen?

Gatingagentur: Wir bemerken, wie die CDU verzweifelt versucht, sich ein junges Aussehen zu verleihen. Das erinnert ein bisschen daran, wenn Eltern versuchen, hip zu sein, um mit ihren Sprösslingen mitzuhalten. Wir sehen die Einstellung von Bushido als Praktikant als ein verzweifeltes Winseln an, gute Schlagzeilen zu produzieren. Der Versuch, Bushido an die CDU zu binden, ist offensichtlich auch fehlgeschlagen. Nicht einmal ein Skandalrapper wie Bushido möchte noch mit der CDU zusammenarbeiten. Wir sind der Meinung, dass Bushido Angst vor dem - wie wir es nennen - FDP-Effekt hat. Wir glauben, die CDU ist ein Schwarzes Loch, in dem die Prozente ihrer Partner verschwinden. Bushido ist jetzt den einzig richtigen Weg gegangen und möchte eine eigene Partei gründen - vom Bordstein bis zur Reichstagskuppel. Wie es richtig geht mit jungen Auftreten, auch im Hip Hop-Bereich, zeigt uns hier die FDP: OV Meppen Alda!

Auch der Papst hat neulich wegen des rückläufigen Interesses der Schäfchen Ihre Dienste in Anspruch genommen. Ist es moralisch, religiöse Negativ-PR in Satire-Magazinen zu platzieren?

Gatingagentur: Moral ist kein guter Leitfaden, wenn es um erfolgreiche Gates geht. Wir nehmen uns jeder erfolgsträchtigen Herausforderung an, auch wenn es bedeutet, mit Fanta zu feiern. Wir sehen uns allerdings als überkonfessionelle Agentur. Allein durch Geschichten über seinen imaginären Freund soviel Macht zu erlangen - dafür hat der Papst unseren größten Respekt. Wir nennen so etwas - Trolling like a Princess Trollestia.

Gibt es jemanden, für den Sie nie arbeiten würden, etwa wegen Berufs-Ethos?

Gatingagentur: Erfolgreiche Gates setzen erfolgreiche oder bekannte Personen oder Organisationen voraus. Die FDP können wir deshalb nicht unterstützen.

Erzählen Sie uns von den weniger erfolgreichen Gates. Wie gehen Sie mit solchen Misserfolgen um?

Gatingagentur: Das Gute an der Arbeit als Gatingagentur ist, dass wir Gates lenken. Somit gibt es bei uns bereits per Definition keine Misserfolge, da ein solcher direkt ein Gate als Folge hätte. Und seien Sie mal ehrlich, ein GateGate, wie absurd ...

Wie sehen Sie die Zukunft der Gatingagentur?

Gatingagentur: Für die Zukunft erhoffen wir uns öfters mal exklusiver Medienpartner sein zu dürfen. Im Moment bemühen wir uns dem Mario-Kart-Tunier zwischen der Piratenpartei und dem BMFSFJ unseren Akzent zu verleihen. Alleine die Initiative von Seiten eines Mitglieds der Piratenpartei, sich so an ein Bundesministerium anzubiedern, sehen wir als einen voreiligen Griff nach einem Ministerposten und wir werden nicht zögern, das durch ein Gate so zu kommunizieren.

Halten Sie es nicht für anmaßend, in einem Interview einfach Fragen hinzuzufügen?

Gatingagentur: Da Sie mit uns so kooperativ zusammenarbeiten, wollten wir Sie vor einem #FragenGate beschützen. Wir sahen uns daher gezwungen, diese und die beiden vorstehenden Fragen zu stellen und zu beantworten, um den nötigen journalistischen Ernst in dieses Interview zu bringen.

Ihr erfolgreiches Unternehmen verbirgt sich hinter der Cover-Story, Sie seien in Wirklichkeit nur ein trittbrettfahrender Hochstapler mit einem Twitter-Account. Wie lange wollen Sie diese Inszenierung durchhalten?

Gatingagentur: Diesen Vorwurf müssen wir entschieden zurückweisen! Solch eine freche Unterstellung kann nur von einem trittbrettfahrenden Hochstapler ohne Twitter-Account kommen! Diese Form eines Interviews können wir nicht weiter tolerieren, daher sehen wir uns gezwungen das Interview an dieser Stelle zu beenden!

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