Für Verteidigungsminister de Maizière sind Kampfroboter wie alle Waffen "ethisch neutral"

Die Bundeswehr will Kampfdrohnen, der Verteidigungsminister eilt zur Hilfe herbei und findet Kritik "intellektuell verkürzt"

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Vermutlich würden sowohl die Assad-treuen Truppen als auch die syrischen Rebellen über bewaffnete Drohnen verfügen wollen, um Jagd auf ihre Gegner zu machen und sie gezielt verfolgen und töten zu können. Das wäre "präziser" als mit den Kampfhubschraubern, die das syrische Regime einsetzt. Allerdings würde der Vorteil, den Drohnen bislang in asymmetrischen Kriegen wie in Afghanistan, Pakistan , im Jemen oder Somalia bieten, schnell geringer werden, wenn die gegnerische Seite diese orten und vom Boden oder von Kampflugzeugen aus abschießen kann.

Auch bei der Bundeswehr und dem Verteidigungsministerium wächst die Sehnsucht, ähnlich wie die Amerikaner, die Briten oder die Israelis mit bewaffneten Drohnen ausgestattet zu sein, mit denen sich neben wirklichen Angreifern auch verdächtige Gegner in Kampfgebieten gezielt aus der sicheren Ferne töten lassen. Am Freitag bestätigte Christian Dienst, der Sprecher des Verteidigungsministeriums den Bericht von Panorama, dass man den Kauf solcher Drohnen erwäge. Versprochen wurde von ihm, dass dies nicht klamm heimlich geschehe, wie Panorama mutmaßte, nein, man will zunächst angeblich eine "breite Diskussion in der Öffentlichkeit", allerdings erst dann, "wenn die Zeit dafür reif ist". Es sei einfach der "Zug der Entwicklung", die zu Drohnen führe.

Das ist richtig, der Trend zu unbemannten Kampfrobotern im Wasser, auf dem Land und in der Luft ist nicht nur in der Logik des Militärs, sondern auch politisch klar vorgezeichnet. Daher erstaunen die Überlegungen nicht, eher verwundert es, dass man so lange dafür gebraucht hat. Offenbar beschäftigte sich die Regierung auch schon längere Zeit damit. Im Mai legte das Büro für Technikfolgenabschätzung dem Auftraggeber, dem Verteidigungsausschuss des Bundestags, einen umfassenden Bericht zu Kampfrobotern vor. Was haben also die Abgeordneten gemacht?

In dem Bericht hieß es, dass man sich von Kampfrobotern vor allem strategische und Kostenvorteile erhoffe. Verwiesen wird aber auch auf nahe liegende Bedenken, "dass durch die Option, Einsätze ohne Risiko für die Soldaten durchzuführen, in einer Krise die Konfliktschwelle abgesenkt wird oder das Risiko einer kriegerischen Auseinandersetzung – z. B. infolge eines Unfalls oder eines Versehens – steigt". Hingewiesen wird auch auf zahlreiche offene Fragen, vor allem dann, wenn autonom operierende Roboter verfügbar sein werden. Das Gutachten lässt sich allerdings außer Acht, dass Kampfroboter nicht nur militärisch oder von Aufständischen oder Terroristen, sondern auch im Inland zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden könnten.

Mit bewaffneten Drohnen lassen sich nicht nur die eigenen Soldaten besser schützen, im Prinzip lässt sich aus der sicheren Entfernung und nur mit dem Risiko, dass die Drohnen abstürzen oder abgeschossen werden, eine Bekämpfung von technisch nicht hochgerüsteten Gegnern durchführen. Verwundern sollte aber nicht, dass die Kriege, die man in der Ferne führt, erst einmal die Türe für die Verwendung von Drohnen auch für die innere Sicherheit öffnen werden. Der Einsatz von Überwachungsdrohnen im Inland ist bereits gemacht worden und steht in großem Ausmaß an. Dann wird sofort mit derselben Logik die Forderung folgen, auch zum Schutz der Polizisten und zur effizienteren Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus im Notfall bewaffnete Drohnen einsetzen zu können.

Bagatellisierung als Strategie

Immerhin hat sich nun schnell Verteidigungsminister de Maizière in die Diskussion eingeschaltet. Er gefällt sich darin, wie der Welt Online gegenüber erklärte, die Debatte "vom Kopf auf die Füße zu stellen", was heißt, die Verwendung von Kampfdrohnen zu bagatellisieren. Sie seien schlicht eine Weiterführung von Flugzeugen, nur eben ohne Pilot, oder von Raketen, die aus der Ferne abgefeuert werden und sich ihr Ziel selber suchen, oder von den ferngesteuerten "Seehunden", die die Marine zur Entschärfung von Minen einsetzt. Wenn Flugzeuge mit Waffen ausgestattet werden dürfen, dann sollte dies doch auch für unbemannte Flugzeuge gelten, so der Minister.

Weiter führte er an, dass sich damit die eigenen Soldaten besser schützen ließen. Zudem könne man den Gegner präziser und damit dem Völkerrecht angemessener ausschalten: "Die neuen Waffen haben da einen großen Vorteil: Sie sind zielgenauer. Und je besser man zielen kann, desto weniger Schäden gibt es." Damit propagiert de Maizière das Bild des sauberen Kriegs durch bessere Waffentechnik, das schon lange dazu dient, die Schwelle für Interventionen zu senken. Eigentlich müsste der Minister die bewaffnete Drohne mit dem Scharfschützen vergleichen, der gezielt eine Person, die er sieht, zu töten versucht. Drohnen sind die Waffen von Scharfschützen, die allerdings Tausende von Kilometern entfernt vor den Bildschirmen mit einem Joystick sitzen und Menschen töten. Drohnen wären auch vergleichbar mit Straßenbomben (IEDs), die von Menschen in der Nähe ferngezündet werden, wenn sich ein Fahrzeug oder Menschen in deren Nähe befindet. Kampfdrohnen sind Anschlagswaffen, mit denen normalerweise nicht in Kämpfe eingegriffen wird, sondern mit denen Menschen ausgeschaltet werden, die man als Bedrohung erachtet. Kampfdrohnen sind schon jetzt Werkzeuge einer militärischen Willkürjustiz zur Exekution.

Zwar sagt de Maizière gönnerhaft, dass man darüber "diskutieren" müsse, aber das sei doch "intellektuell verkürzt". Intellektuell scheint dem Minister hingegen die allseits vertraute Behauptung zu sein, dass jede Technik an sich neutral ist, es komme nur darauf an, wie man sie anwendet: "Ethisch ist eine Waffe stets als neutral zu betrachten", so der Minister, was dann natürlich auch für atomare, biologische oder chemische Massenvernichtungswaffen gelten würde, was die intellektuelle Verkürzung des Gedankens schnell offenbart. Und wenn der Minister dann noch fordert, "dass diejenigen, die unbemannte Systeme bedienen, möglichst in der Nähe des Einsatzortes sind", dann wird er dies wohl selbst nicht glauben, zumal er schon erklärte, dass das wohl nicht "nicht immer praktikabel" sei. Nett auch die Erklärung, dass weltweit halt sowieso nur Kampfdrohnen gebaut würden, woraus der Schluss gezogen wird: "Wenn wir entscheiden würden, eine Drohne nur unbewaffnet einzusetzen, dann müssten wir sie gegebenenfalls teuer umrüsten. Das macht aus meiner Sicht wenig Sinn."

In den USA hat ein Gericht in North Dakota nun erstmals den Einsatz einer Drohne zur Festnahme eines US-Bürgers als legal bestätigt. Der hatte sich 16 Stunden lang in seiner Farm vor der Verhaftung durch die Polizei entzogen, wobei es zu einem Schusswechsel gekommen war. Die Polizei war gekommen, weil der Verdächtige angeblich sechs Kühe, die auf seinen Grund geraten waren, nicht mehr dem Eigentümer zurückgeben wollte. Während des Konflikts wurde eine Drohne von der Polizei eingesetzt, um die Lage vor Ort zu erkunden. Man wird nicht lange darauf warten müssen, dass solche Auseinandersetzungen nicht mehr nur mit Polizisten, sondern auch mit Kampfrobotern "gelöst" werden.