Die Zukunft wird heiß sein

Bild: PNAS

Der Nasa-Klimaforscher James Hansen sieht in den extrem heißen Sommern der letzten Jahre einen Beweis für die Klimaerwärmung

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Die Klimaerwärmung ist real, und sie ist schlimmer und kommt schneller als bislang angenommen. James Hansen, bei den Klimaskeptikern ein verrufener Klimatologe, Chef des Goddard Institute for Space Studies (GISS) der NASA und Professor für Erd- und Umweltwissenschaften an der Columbia University, war Ende der 1980er Jahre einer der ersten Warner vor den Folgen der von ihm diagnostizierten Klimaerwärmung. In den USA ist mehr als in anderen Ländern von meist Konservativen umstritten, ob es eine Klimaerwärmung gibt und ob sie auf den Menschen zurückführbar ist. Jetzt hat Hansen zusammen mit Makiko Satoa und Reto Ruedyb eine neue Studie veröffentlicht, die für ihn belegt, dass er vor 30 Jahren viel zu optimistisch gewesen sei und die Dramatik unterschätzt habe.

Hansen hat mit seinen Kollegen in der Studie, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschienen ist, die globalen Oberflächen-Temperaturanomalien in den Sommermonaten Juni, Juli und August der letzten Jahre mit den durchschnittlichen Anomalien in Zeit zwischen 1951-1980 verglichen. Das haben die Wissenschaftler einerseits gemacht, weil diese Periode relativ stabil gewesen ist und die Temperaturen noch im Rahmen des Holozäns gelesen seien, aber andererseits auch, weil sich viele Menschen noch an diese Zeit erinnern können.

Hansen will mit seiner Studie nämlich erneut aufwecken und die Wahrnehmung der Menschen anstoßen. In dem Artikel wird auf eine Umfrage verwiesen, die deutlich machte, dass die Menschen eher bereit seien, die Warnungen vor den Folgen der Klimaerwärmung zu beachten, wenn sie entsprechende lokale Klimaextreme erlebt haben. Und die gab es in den letzten Sommern tatsächlich häufig. Der extreme warme Sommer in Europa im Jahr 2003, die Hitzewelle in Russland 2010, die Hitzewellen 2011 in Texas und Oklahoma und nicht zuletzt der extrem warme Sommer in den USA in diesem Jahr.

In den meisten Regionen sind die Sommer in den letzten Jahren wärmer als in der Vergleichsperiode 1951-1980, in manchen ist es aber auch kälter gewesen, beispielsweise in den USA 2009. Insgesamt ist die globale Temperatur seit der Vergleichszeit um 0,5-0,6 Grad Celsius angestiegen. Das erscheint nicht viel, hat aber nach Hansen und Co. bereits erhebliche Folgen, eben die erwähnten Hitzewellen. Sie haben in den letzten Jahren (2006-2011) etwa 10 Prozent der Landfläche betroffen, in der Vergleichszeit war hingegen nur 1 Prozent betroffen.

Dazu kommt, dass es die zuletzt öfter beobachteten extremen Anomalien - 3 Grad und mehr über dem Durchschnitt der Vergleichszeit - in letzterer praktisch nicht gegeben hat. Die Wahrscheinlichkeit für extrem heiße Sommer in der Süd- und Nordhälfte der Erde ist hingegen auf 67 Prozent gestiegen. Obwohl auch die Winter wärmer werden, sei hier der Trend wegen der größeren Variabilität nicht so eindeutig. Zudem würden wärmere Sommer stärkere Schneefälle verursachen, was es für die Menschen schwerer mache, die Anomalien zu erkennen.

Aus der Zunahme der Landfläche um den Faktor 10, auf der es extrem heiße Sommer gibt, schließen die Wissenschaftler, dass dies "fast mit Gewissheit" nicht geschehen würde, wenn es keine Klimaerwärmung gebe. Und dann sei zu erwarten, dass es extreme heiße Sommer noch öfter und mit höheren Temperaturen geben werde.

In einem Beitrag für die Washington Post weist Hansen darauf hin, dass die Ergebnisse der Studie keine Vorhersage sind, sondern auf empirischen Beobachtungen der Temperaturen beruhen. Man könne nun nicht mehr nur sagen, dass zwar die Klimaerwärmung die Wahrscheinlichkeit von Extremwetter erhöhe, aber dass kein Extremwetter direkt auf die Klimaerwärmung zurückzuführen sei: "Im Gegensatz zeigt unsere Analyse, dass es für das extrem heiße Wetter der jüngsten Vergangenheit praktisch keine andere Erklärung als den Klimawandel gibt."

Noch aber sei Zeit zu handeln, schreibt Hansen. Man müsse nur die CO2-Steuer für fossile Energien schrittweise erhöhen und das Geld den Bürgern zukommen lassen. Das würde Innovationen fördern und neue Arbeitsplätze schaffen, verspricht er. Die Zukunft sei schon jetzt: "Und sie ist heiß." Und man darf auch erwarten, dass die Studie, die eine Politikveränderung bewirken will, gerade in den USA im Präsidentschaftswahlkampf auf Widerstand stoßen und einen Shitstorm auslösen wird.