US-Regierung plant für Post-Assad-Syrien

Im Weißen Haus will man die Fehler nicht wiederholen, die im Irak gemacht wurden, wahrscheinlich aber kann man in Syrien sowieso nur Riskantes planen

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Während auch in Damaskus vereinzelt von Kämpfen berichtet wird, herrscht Krieg um Aleppo. Gemeinhin gilt, dass der Kampf um die wichtige Handelsstadt kriegsentscheidend sein könnte - für Assads Truppen mitsamt den Milizen oder für die Rebellen. Das Assad-Regime spricht von der Mutter aller Schlachten und schickt 20.000 Soldaten mit Panzern, Hubschraubern und Kampfflugzeugen ins Gefecht. Beide gehen mit größere Härte und Grausamkeit vor. Eine direkte militärische Intervention von außen steht aufgrund des anhaltenden Widerstands von Russland und China im UN-Sicherheitsrat nicht an. Auch eine Koalition der Willigen, die das Recht in die eigene Hand nimmt, wird es nicht wie beim Einmarsch in den Irak geben. Russland rüstet das Assad-Regime auf, die Rebellen werden vermutlich von Saudi-Arabien und Katar, wahrscheinlich auch von der Türkei und mit der Mitwirkung der CIA mit Waffen und Logistik versorgt. Islamisten gewinnen im Kampf um Aufmerksamkeit, Geld und Waffen zunehmend an Bedeutung.

Obgleich also keine direkte Intervention wie in Afghanistan, im Irak und zuletzt in Libyen durch das Pentagon ansteht und niemand weiß, ob oder wann das Assad-Regime in sich zusammenbricht, machen sich das US-Außenministerium und das Pentagon nach Angaben der New York Times Gedanken, um einen Post-Assad-Staat auf den richtigen, d.h. für die USA passenden Weg zu bringen. Syrien, verbündet nicht nur mit Russland, sondern vor allem mit dem Iran und ein Nachbar von Israel, das mit seiner aggressiven Iran-Politik und immer wieder kehrenden Angriffsplänen Washington unter Druck setzt. ist geopolitisch ein wichtiges Land, zumal sich im Irak ebenfalls der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten wieder vertieft und die Kurden im Nordirak auch eine wichtige Rolle für die Positionierung der syrischen Kurden spielen. Auf keinen Fall will man die Fehler wiederholen, die im Irak gemacht wurden. Aber es ist hier kaum vorstellbar, wie man Fehler überhaupt vermeiden kann.

So sollen in beiden Ministerien Arbeitsgruppen eingerichtet worden sein, um Handlungspläne für die Zeit nach Assad auszudenken. Sie sollen verhindern, dass ein Machtvakuum steht und die mögliche Instabilität in Syrien mit seinen vielen Bevölkerungsgruppen auf angrenzende Länder übergreift, aber auch vermeiden, dass die USA, zumal in Präsidentschaftswahlkampfzeiten, direkt und aktiv eingreifen. Man will lieber verdeckt die Fäden ziehen. Weil aber die USA sowieso im Ruf stehen, überall mitzumischen und ihre Finger im Spiel zu haben, dürfte die Strategie nicht unbedingt erfolgreicher sein, sondern eher Mutmaßungen begünstigen. Und US-Präsident Obama will den Anschein vermeiden, hinter einer neuen syrischen Regierung zu stehen. Das schafft nicht nur Verantwortlichkeit, sondern die Durchsetzung einer Regierung in Afghanistan und im Irak war ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. So will man in der Lage sein, schnell Lebensmittel und Medikamente schicken zu können. Möglichst schnell sollen auch die Sanktionen beendet werden, damit die Wirtschaft wieder in Gang kommt und nicht wie im Irak lange daniederliegt, was hohe Arbeitslosenzahlen und Unfrieden verursacht hat. Schon zuvor war bekannt geworden, dass die US-Regierung einen sanften Übergang und keine Ent-Baathifizierung wie Im Irak will. Große Teile des Personals von Behörden sollen deswegen weiter arbeiten, um ein Vakuum zu vermeiden und einen staatlichen Zusammenbruch zu verhindern. Während die Türkei sich auch militärisch auf eine erstarkende PKK in Syrien vorbereitet, aber intern zerrissen ist, weil im Land immerhin eine Minderheit von 15 Millionen Alawiten lebt, arbeiten die USA wie Israel Pläne aus, wie die vermuteten großen Arsenale an chemischen und vielleicht auch biologischen Waffen gesichert werden können, so dass sie nicht Terroristen in die Hände fallen. Zudem bereiten sich alle Nachbarländer darauf vor, wie sie mit zu erwartenden Flüchtlingsströmen umgehen sollen oder eher vermeiden können, diese über die Grenzen zu lassen. So hat das Pentagon der Türkei und Jordanien Hilfe versprochen, ihre Grenzen zu verteidigen, mit den Flüchtlingsströmen zurechtzukommen und humanitäre Hilfe zu leisten.

Klar ist, dass die Situation im Irak gegenüber Syrien noch relativ überschaubar war. Im Irak, der weiterhin instabil ist und auseinanderzubrechen droht, stehen im Wesentlichen die Bevölkerungsgruppen der Schiiten, Sunniten und Kurden im Konflikt. In Syrien gibt es weitaus mehr ethnische und religiöse Gruppen, die bislang durch Repression zusammengehalten wurden. Erwartet wird nach dem Zusammenbruch ein Chaos, weswegen nach der gescheiterten Resolution im UN-Sicherheitsrat die USA ihre Planungen enger mit den Alliierten in der Türkei, in Jordanien und Israel koordinieren sollen, während gleichzeitig die verdeckte Hilfe für die Rebellen verstärkt wurde. So wurden 25 Millionen US-Dollar für medizinische Versorgung und Kommunikationstechniken bewilligt, um Zivilisten und Rebellen zu helfen.

Offenbar geht man entweder von einem bald anstehenden Zusammenbruch des Assad-Regimes aus oder man glaubt, die Region würde so bleiben, wenn es doch wieder die Hoheit erringen und den Widerstand vernichten kann. Das wird mit großer Brutalität geschehen und könnte auf andere Weise für Instabilität sorgen, beispielsweise für die Verstärkung terroristischer Aktivitäten von Islamisten, aber dafür scheint man keine Pläne machen zu wollen oder zu können. Zwar mehren sich die Deserteure, jetzt sollen auch hohe Geheidienstmitarbeiter nach Jordanien geflohen sein, aber es ist völlig unklar, ob bereits die letzte Tage von Assad angeschlagen sind.

Allerdings ist die Region ein Pulverfass. Bekanntlich hatte die Türkei sich geweigert, dass US-Truppen von der Türkei aus in den Irak einmarschieren. Wie jetzt bekannt wurde, hatten die USA versprochen, dass in diesem Fall türkische Soldaten im Irak einen Sicherheitskorridor gegen die PKK einrichten und Soldaten im Irak stationieren dürfen. Das türkische Parlament verhinderte aber diese Planungen der Regierung.

Die deutsche Regierung rudert. Die Bundeskanzlerin hat gewohnter Weise keine Meinung, dafür sagte Verteidigungsminister de Maizière am Wochenende, nachdem UN-Sondervermittler Kofi Annan verzweifelt das Handtuch geschmissen hat: "Das Scheitern der Diplomatie darf nicht automatisch zum Beginn des Militärischen führen." Man müsse weiter humanitär helfen und die demokratischen Rebellen "logistisch" unterstützen. Außenminister Westerwelle will hingegen einen neuen Vermittler aufbieten. All das zeugt weder von viel Fantasie noch von Handlungsbereitschaft.