GEMA unter Druck

Eine neue Petition fordert die Abschaffung der Beweislastumkehr und Johnny Haeusler leitet dazu an, der Verwertungsgesellschaft individuell die Vertretungsbefugnis für digitale Auswertungsbereiche zu entziehen, weil diese nicht im Sinne der Musiker wahrgenommen werden

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Vor drei Jahren gab es bereits eine Online-Petition gegen die Geschäftspraxis der GEMA, die in kurzer Zeit über 100.000 Mitzeichner sammelte und damit eine der erfolgreichsten in der Geschichte ist. Allerdings führte sie bislang nicht zu Verbesserungen, was möglicherweise auch daran liegt, dass sie relativ abstrakt formuliert war. Dem soll nun eine neue Petition abhelfen, die ein ganz konkretes Ziel hat: Die gesetzliche Abschaffung der Beweislastumkehr zugunsten der Musikverwertungsgesellschaft durch eine entsprechende Änderung des § 13c des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes.

Zur Begründung führt der Hauptpetent David Henninger an, dass die GEMA lediglich 57.000 Musiker vertritt und damit im Zeitalter des Internets sowie der einfachen Herstellung und der weltweiten Zugänglichkeit von Aufnahmen nicht mehr den Anspruch erheben kann, dass sie an praktisch jedem nutzbaren Musikwerk Rechte hat. Tatsächlich, so Henninger, handelt sie "nur noch [für] einen geringen Bruchteil der internationalen und vor allem im Internet vertretenen Künstler".

Vor allem in jüngster Zeit gibt es zunehmend Anhaltspunkte dafür, dass die GEMA-Vermutung von der Realität überholt ist, was zu Unbilligkeiten führt: So beklagen sich immer mehr Clubs, dass sie zwar immens hohe Abgaben an die Musikverwertungsgesellschaft zahlen müssen, dass aber die Musiker, deren Werke sie spielen, daran kaum oder gar nicht beteiligt werden, weil sich eine GEMA-Mitgliedschaft für sie aufgrund der Verteilungspläne kaum lohnt.

Sogar dann, wenn Musiker unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlichen und gar nicht wollen, dass die Musikverwertungsgesellschaft Rechte wahrnimmt, pocht sie auf einen Anteil und setzt ihn vor Gericht unter Verweis auf die Beweislastumkehr durch, wie sich im Fall des Vereins Musikpiraten zeigte. Der veröffentlichte eine CD mit Creative-Commons-Musik und wurde prompt von der GEMA verklagt, weil zwei der Musiker nur ihre Pseudonyme und nicht ihre bürgerlichen Namen preisgeben wollen. Und deshalb, so die GEMA, könnten sie ja theoretisch einen Wahrnehmungsvertrag unterschrieben haben.

Nachdem die Musikverwertungsgesellschaft mit dieser Argumentation vor dem Amtsgericht Frankfurt erstinstanzlich Recht bekam, fordert sie nun Geld für fünf Stücke auf einer weiteren Creative-Commons-Musik-CD. Eines davon, "Von Freiheit nicht Genug", stammt vom Berliner Rapper Tapete, der seinen Künstlernamen amtlich eintragen ließ und ihn sogar auf seiner EC-Karte nutzt. In einem Interview teilte der offensive GEMA-Verweigerer der Musikverwertungsgesellschaft unlängst öffentlich mit, er sehe nicht ein, warum er – wie viele andere "Listenausfüller" - kostenlos für einen Verein arbeiten soll, der ihm nichts nutzt.

Plan B

Der Ansicht, dass die GEMA zumindest bei Teilen ihrer Aufgaben grob versagt, ist auch der Blogger Johnny Haeusler. Konkret hat er dabei den nun schon viele Jahre andauernden Stellungskrieg mit YouTube im Auge, der seiner Meinung nach höchstens dazu führen kann, dass Google Werke von GEMA-Mitgliedern in Deutschland komplett sperrt. Haeusler, der auch Sänger und Gitarrist der Band Plan B ist, macht deshalb in einem Spreeblick-Artikel darauf aufmerksam, dass GEMA-Mitglieder der Verwertungsgesellschaft die Vertretungsbefugnis auch für einzelne Auswertungsbereiche entziehen können, "wenn diese von der GEMA nicht ausreichend und im Sinne der Urheber wahrgenommen werden".

Weil er genau diesen Fall "hinsichtlich der Wahrnehmung digitaler Auswertungsrechte" vorliegen sieht, hat er einen Musterbrief online gestellt, mit dem Mitglieder der Verwertungsgesellschaft die Zuständigkeit für diesen Bereich entziehen und über ihr Label in eigenständige Verhandlungen mit Google und andere Anbieter treten können. Der nächste Stichtag für eine Entziehung dieser Rechte ist der 30. September.

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