Geschummelt, nicht geirrt

Fehlerhafte wissenschaftliche Veröffentlichungen entstehen meist in betrügerischer Absicht. Eine Studie zeigt, wo die Schummler sitzen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es gibt ein gutes Maß dafür, wie es dem Wissenschaftsbetrieb geht: Die Häufigkeit, mit der Veröffentlichungen in den peer-geprüften Zeitschriften zurückgezogen werden müssen. Welcher Druck liegt auf den Forschern, deren Karriere an der Anzahl ihrer Paper hängt? Wie gut funktionieren die Mechanismen, die Fälschungen und Irrtümer aufdecken sollen?

Wenn ein Paper in renommierten Magazinen wie Science oder Nature sich als falsch herausstellt, schlägt das gewisse Wellen - von solchen Fehlern in den kleineren Zeitschriften nehmen dann nur noch die Fach-Experten Notiz. Deshalb kursieren auch zu diesem Thema Irrtümer und Vorurteile, mit denen ein Artikel in den Veröffentlichungen der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) jetzt aufräumen will.

Die Forscher haben dazu die etwa 25 Millionen Paper untersucht, die in der Datenbank PubMed zugänglich sind. Sie kommen, der Natur der Quelle entsprechend, die bis in die 1940er Jahre zurückreicht, vor allem aus der biomedizinischen Forschung. Die älteste zurückgezogene Veröffentlichung stammt aus dem Jahr 1973 - auch vorher dürfte es bereits Betrug und Irrtum gegeben haben, doch der Mechanismus des Zurückziehens ist demnach noch relativ neu. Insgesamt fanden sich 2047 fehlerhafte Studien.

Vier Fünftel bewusst gefälschte Daten

Dabei zeigte sich, dass fast vier von fünf zurückgezogenen Papers auf bewusst gefälschten Daten oder einer anderen Form wissenschaftlichen Fehlverhaltens beruhten. Irrtum, der in der Wissenschaft natürlich immer vorkommen kann, war nur beim restlichen Fünftel die Ursache.

Der häufigste Grund war dabei tatsächlich Betrug beziehungsweise gefälschte Daten (43 Prozent), mit weitem Abstand gefolgt von Doppel-Veröffentlichung und Plagiaten. Den oft vermuteten Anstieg der Betrugsfälle konnten die Forscher tatsächlich diagnostizieren, und zwar deutlich, vor allem in den vergangenen zehn Jahren. Plagiate und Doppel-Veröffentlichungen sind ein noch neueres Problem, das ebenfalls seit 2005 wächst.

Die meisten Betrugsfälle traten in den USA, Deutschland, Japan und China auf. Bei den Plagiaten hingegen lagen China und Indien vorn. Je wichtiger ein Magazin nach seinem Journal Impact Factor bewertet wird, desto mehr später zurückgezogene Artikel druckte es ab. Das kann zweierlei heißen: Wichtige Zeitschriften sind für Betrüger anziehender - oder die bekannteren Journals setzen eher durch, dass ein Artikel im Zweifel zurückgezogen wird.

Zeitraum zwischen Veröffentlichung und Aufdecken der Fälschung wird länger

Wenig überraschend ist, dass Forscher mit vielen zurückgezogenen Artikeln fast immer betrogen haben. Was sich aber auch in den letzten Jahren verändert (nämlich verlängert) hat, ist der Zeitraum zwischen Veröffentlichung und Aufdecken der Fälschung. Relativ häufig passiert es allerdings, dass im Zuge der Untersuchung eines bestimmten Artikels in der Folge auch noch zahlreiche weitere Paper als gefälscht erkannt werden.

Hinzu kommt, dass diverse Artikel in der Datenbank als gültig geführt werden, die eigentlich zurückgezogen werden müssten, weil ihre Autoren des Betrugs überführt wurden. Die Verfasser des PNAS-Papers führen dazu einige Beispiele auf. Bleibt nur zu hoffen, dass die Forscher sich dabei nicht geirrt haben. Auf der Liste der Magazine mit den meisten zurückgezogenen Artikeln steht PNAS nämlich auf Platz 2. Zu Platz 1, nämlich Science, fehlt genau ein Paper.