Generalprobe vor Merkels Besuch in Athen verlief friedlich

Bild: W. Aswestopolous

Jeder Straßenzug, den die Kanzlerin passiert wird, ist für die Öffentlichkeit gesperrt, auch das Internet soll ausgeschaltet werden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am Montagabend begann um 18 Uhr am Syntagma-Platz vor dem Parlament in Athen, ein bereits vor der Ankündigung des Besuchs der deutschen Bundeskanzlerin geplanter Demonstrationszug. Aufgerufen dazu hatten die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes ([ADEDY) und die allgemeine Angestelltengewerkschaft (GSEE). Es sollte zunächst ein Protest gegen das von der Regierung beabsichtigte Sparpaket werden. Schließlich stand alles unter dem Zeichen des Besuchs von Angela Merkel.

Die außergewöhnlich friedlich abgelaufene Demo wurde eingeläutet von Lautsprechern der Spitha, der Organisation des Komponisten und Politikers Mikis Theodorakis. Neben den üblichen Musikeinlagen mit Hymnen, Märschen und Volksliedern des Komponisten gab es zahlreiche Verweise auf die Kriegsschulden der Deutschen in Form von Reparationen, aber auch eines noch immer nicht abbezahlten Zwangskredits des Dritten Reiches.

Eine motorisierte Abteilung von Demonstranten leitete schließlich den Beginn ein. Die Spruchbänder zeigten auch deutsche Parolen. Zum Schutz vor Ausschreitungen hatte sich die Athener Polizei mit vier Wasserwerfern gewappnet. Zwei davon sollen aus Israel, vom neuen Verbündeten (Freundestausch unter Feinden), ausgeliehen worden sein. Eine Revanche für die Hilfe der Griechen bei der Behinderung von Gaza-Blockadebrechern.

Viel Pressezuspruch hatte die Veranstaltung nicht. Die Vertreter der Zunft warteten ab 18 Uhr in knapp zwei Kilometer Entfernung auf ihre Passierscheine. Ohne Akkreditierung ist das Athener Stadtzentrum ab ca. 10 Uhr und bis zum Abschluss des Besuchs von Merkel nahezu unpassierbar. Lediglich die knapp 7.000 extra abgestellten und die akkreditierten Journalisten dürfen frei umherziehen. Für Anwohner aber auch für Angestellte des Parlaments heißt es "im Haus bleiben". Die Passierscheine, aber auch das Besuchsprogramm, das um 20 Uhr am Montagabend immer noch nicht komplett bekannt war, waren ein Thema, welches die Presse einen ganzen Tag lang in Atem hielt.

Jeder Straßenzug, den die Kanzlerin passiert wird, ist für die Öffentlichkeit gesperrt. Eventuelle geparkte Autos werden entfernt. Darüber hinaus hält sich hartnäckig das Gerücht, dass in weiten Teilen der Innenstadt wie beim Besuch der US-Außenministerin Hillary Clinton zumindest das mobile Internet abgestellt werden soll. Eventuell sind auch DSL-Verbindungen betroffen. Die zahlreichen Organisationen, die zu Protesten aufgerufen haben, teilen ihren Anhängern deshalb über Email die Telefonnummern von Dial-Up-Verbindungen mit. Das fehlende Internet soll, so die Theorie, die Kommunikation der Demonstranten untereinander behindern.

Seitens der Polizei wurden jegliche Demonstrationen, aber auch "größere Menschenansammlungen" für den Dienstag von 9 Uhr morgens bis 22 Uhr am Abend verboten. Die Gewerkschaften haben angekündigt, dass sie dieses Verbot missachten wollen. Sie rufen trotzig zur Versammlung um 13 Uhr vor dem Athener Parlament, auf dem Syntagmaplatz, auf. Man darf gespannt sein, wie das alles ausgeht.