Schattengeld im US-Wahlkampf

Mit jetzt schon 2 Milliarden US-Dollar wurde noch nie mehr Geld für einen Wahlkampf ausgegeben, ein wachsender Anteil anonym

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Der US-Präsidentschaftswahlkampf war schon lange eine Geldschlacht - und er verschlingt zunehmend mehr Geld. Wieder werden in diesem Jahr alle Rekorde gebrochen, vor allem nachdem das Oberste Gericht 2010 Einzelpersonen und Unternehmen oder Verbänden ermöglicht hat, Spenden in Political Action Committees (PAC) einzuzahlen - und zwar unbegrenzte Summen, wenn es nicht um direkte Unterstützung eines Kandidaten oder einer Partei, sondern um Wahlwerbung geht, in denen die Bürger aufgefordert werden, für oder gegen einen Kandidaten zu stimmen. Noch dazu können sich die Spender dabei oft verstecken.

Rekordhöhe haben schon die Wahlkampfspenden für die Obama- und Romney-Kampagnen erreicht. Zusammen liegen sie - Stand 26. Oktober - bei mehr als 2 Milliarden US-Dollar, Obama liegt mit 1,08 Milliarden ein wenig hinter Romney mit 1,13 Milliarden. Obama hat mit 887 Millionen aber schon mehr verschossen als Romney, der nur 777 Millionen ausgegeben hat. Das sind nur die Gelder, bei denen die Spender bei der Federal Election Commission genannt werden müssen.

Bei den Super PACs, bei denen Unternehmen oder Einzelpersonen Spenden in beliebiger Höhe abgeben können, liegen die Republikaner bzw. Romney deutlich mit 203 Millionen US-Dollar vor den Demokraten bzw. Obama mit 75 Millionen. Nimmt man nur diejenigen, die mehr als 2 Millionen in einen Super PAC gegeben haben, so steht es 10:6 für Romney. Auf den vordersten Plätzen liegen die Romney-Spender Bob Perry mit mehr als 17 Millionen (Bauunternehmer) sowie die Multimilliardäre Sheldon & Miriam Adelson mit 10 Millionen (Kasinobetreiber), Robert Rowling mit mehr als 5 Millionen (Holding Company), William Koch mit 4 Millionen (Koch Industries) und Joe Craft mit fast 4 Millionen Kohle). Das meiste Geld von ihnen ist in den Super PAC "Restore our Future" geflossen, der ungeschminkt die Interessen der Unternehmer und der Reichen in den Vordergrund stellt.

Am meisten für Obama spendete der Medienunternehmer Fred Eychaner mit 3.7 Millionen, gefolgt von Hedgefonds-Manager und Milliardär James Simons (3,5) und Filmproduzent Jeffrey Katzenberger (3,0). Bei den Befürwortern Obamas floss viel Geld in den Super PAC "Priorities USA Action", der sich für "progressive" Politik einsetzt. Darauf folgt der Hedgefonds-Manager Kenneth C. Griffin, der wieder 2,5 Millionen an pro-republikanische PACs gespendet hat.

Die größten Einzelspenden für Barack Obama sind University of California (1,079 Millionen), Microsoft Corp (761.343), Google (737.055), US Government (614.665) und Harvard University (602.992), während die größten Einzelspender für Romney Goldman Sachs (994.139), Bank of America (921.839), Morgan Stanley (827.255), JPMorgan Chase & Co (792.147) und Credit Suisse Group (618.941) sind. Man könnte sagen, Wissensökonomie gegen Finanzbranche.

Reiche gibt es auf beiden Seiten. Aber wenn man nur beobachtet, dass die Wall Street, die 2008 Obama favorisiert hat, deutlich auf Romney umgeschwenkt ist, während Goldman Sachs, der zweitgrößte Spender 2008 kaum mehr Geld für Obama ausgibt, dann wird schon deutlich, woher der Wind weht. Und weil die Vorwürfe gegen Romney und die Republikaner lauten, sie würden vor allem das reichste Ein-Prozent bedienen, nutzen immer mehr konservative Geldgeber nun auch die Möglichkeit, der Transparenz zu entgehen, so dass vor den Wahlen nicht zu sehen ist, von wem die Gelder stammen.

Das unabhängige Center for Responsive Politics, das versucht, über die Finanzflüsse in der US-Politik möglichst akribisch aufzuklären, nennt die anonymen Spenden "Shadow Money". Großspender müssen zwar dem Finanzamt vorgelegt werden, aber die Daten können von der Öffentlichkeit nicht eingesehen werden.

Every dollar that you contribute to Crossroads GPS will enable us to get critical information out to everyday American citizens and mobilize them to speak out on the issues that will shape our nation’s future for years to come.If we want to stop Washington’s deficit-financed spending spree, stop the assault on our health care and prevent the government from imposing job-destroying new taxes and regulations, it’s going to be up to us to get the job done.

Crossroads GPS

Letzte Woche haben die entsprechenden Gruppen oder Super PACs wie Crossroads GPS, gegründet von Karl Rove und mit der Parole: "freedom, limited government, low taxes and individual responsibility", Americans for Prosperity oder Patriot Majority, deren Namen die rechtsnationale und prokapitalistische Ausrichtung schon deutlich machen, die Schwelle von 200 Millionen Spendengeldern überschritten. 88 Prozent der Gelder gingen in Werbekampagnen, die einen Politiker angreifen, davon waren 83 Prozent gegen die Demokraten gerichtet. Und fast Dreiviertel der Gelder, die in Anzeigen für Kandidaten flossen, unterstützten solche der Republikaner. Aber die 200 Millionen sind nur ein Teil der Schattengelder". Es handelt sich um die Gelder, die in den Wochen vor der Wahl in Wahlkampagnen gesteckt wurden und deren Höhe, nicht die Spender, der Federal Election Commission gemeldet werden muss. Davor, so das Center for Responsive Politics, können schon Millionen US-Dollar geflossen sein, die nicht registriert werden mussten, also völlig im Dunklen bleiben.

Interessant ist, dass es sich hier deutlich um Anti-Obama-Kampagnen handelt, aber nicht unbedingt um Pro-Romney-Kampagnen. 74 Millionen gingen in Wahlkampfanzeigen gegen Obama, nur 1,1 Millionen wurden zu seiner Unterstützung ausgeben, während 8,8 Millionen pro Romney, aber nur 5,1 Millionen gegen ihn eingesetzt wurden. Ähnlich einseitig sieht es bei demokratischen Kongresskandidaten aus, vorwiegend für solche, die einen Sitz im Senat erhalten wollen. Während im Repräsentantenhaus die Republikaner die Mehrheit haben, besitzen die Demokraten nur noch eine knappe Mehrheit im Senat. So wurden mit mehr als 11 Millionen von anonymen Spenden der ehemalige Gouverneur von Virginia, Tim Kaine, der jetzt für den Senat kandidiert, bekämpft, während in Anzeigen für ihn nur 11.000 US-Dollar ausgegeben wurden. Von den 20 Gruppen, die am meisten Geld für Anzeigen für oder gegen einen Kandidaten gesammelt und ausgegeben haben, sind 16 pro-republikanisch, 91 Prozent wurden von konservativen Gruppen ausgegeben.

Hurrikan Sandy auf dem Weg zur Ostküste. Satellitenbild: NOAA

Allerdings könnte nun sein, dass Hurrikan Sandy, der auf die Ostküste trifft, die ganzen Geldström unwirksam macht. Je nach den Schäden und den Erfolgen oder dem Scheitern der Behörden, könnte dies Obama zu gute kommen (eher, weil er "Leadership" demonstrieren kann) oder Romney. Auch in Deutschland kennt man den Katastropheneffekt, er soll zumindest der grün-roten Regierung unter Schröder 2002 bei den Bundestagswahlen noch einmal zum Erfolg verholfen haben.