Kein Tabutier

Wenn ein Wolf hohen wirtschaftlichen Schaden anrichtet, darf er geschossen werden

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Vom Anfang bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland Wölfe nur im Zoo. Seit dem Abbau von Grenzbefestigungen und der Zunahme von Brachen siedelten sich in Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ganze Rudel an und in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein streifen einzelne Tiere umher. Auf Seiten der Behörden betont man, dass man diese Wölfe nicht "ansiedelt". Das ist richtig. Andererseits würden die Tiere aber auch schnell abgeschossen werden, wenn da nicht Vorschriften wären, die das verbieten.

Aktuell sorgt ein Wolf in der mecklenburgischen Müritz-Region für Debatten, weil er mehrere Schafe riss. Beate Schlupp, die agrarpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, hat deshalb angeregt, den Wolf abzuschießen. Solch eine "Entnahme" ist rechtlich möglich, wenn ein Tier hohe wirtschaftliche Schäden verursacht.

Allerdings muss die Oberste Naturschutzbehörde eines Bundeslandes diesen Abschuss genehmigen. In Bayern, wo Biber im letzten Jahr über eine halbe Million Euro an Kosten verursachten, wies das Umweltministerium dieses Jahr die Landratsämter an, auch außerhalb von Kläranlagen und Wasserkraftwerken "erheblich schadensgeneigte Gebiete" zu benennen. Dort dürfen die Nager zukünftig "schnell und ohne vermeidbaren Verwaltungsaufwand" gejagt werden.

Wolf (Canis lupus). Foto: Martin Mecnarowski. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

In Mecklenburg-Vorpommern, das von einer Großen Koalition regiert wird, ist man zu so einem Schritt zur Eindämmung des Wolfsschadens derzeit nicht bereit. Regulär dürfen Wölfe jedoch nicht geschossen werden. Auch dann nicht, wenn sie - wie in Sachsen - im Jagdgesetz stehen. Erst wenn ein Bestand auf über 1000 Tiere ansteigt, könnte die Bundesregierung bei der EU um eine Ausnahmegenehmigung ansuchen, um ihn ohne Nachweis wirtschaftlicher Schäden zu dezimieren.

Eine weitere Berechtigung zur Entnahme besteht, wenn ein Wolf die Scheu vor Menschen verliert und zu einer Gefahr für sie wird. Dafür, dass dies der Fall sein kann, gibt es nicht nur Belege aus der länger zurückliegenden Vergangenheit: Im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh töteten und verwundeten Wölfe alleine in den Jahren 1996 und 1997 74 Menschen und in Afghanistan gab es 2005 sechs Todesfälle.

Die Leichen von Wolfsopfern erkennt man an typischen Biss- und Reißspuren sowie am Verzehr der Organe und der Kopf- und Keulenmuskulatur an Ort und Stelle. Der Angriff auf den Menschen erfolgt meist von hinten und durch Bisse in den Hals. Üblicherweise sind Kinder die Opfer. Aber auch ältere Menschen wie die dagestanische Großmutter Aishat M. können in Gefahr geraten. Die Hirtin konnte den Wolf, der unlängst ein Kalb reißen wollte und sie biss, allerdings mit einer Axt töten.

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