Defizitär wie Kruppstahl

ThyssenKrupp könnte mit Stahlwerken in den USA und Brasilien Verluste in griechischen Dimensionen machen

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Die ThyssenKrupp-AG entstand 1999 durch die Vereinigung der Stahlkonzerne Krupp-Hoesch und Thyssen. Krupp, der bekannteste der drei Unternehmensteile, wurde im 19. Jahrhundert groß. Die damaligen Eigentümer stiegen unter anderem durch Rüstungsgeschäfte in den obersten Geldadel auf. Im Dritten Reich pries Adolf Hitler die deutsche Jugend als "flink wie Windhunde", "zäh wie Leder" und "hart wie Kruppstahl". Die ausgesprochen guten Verbindungen seiner Familie zu diesem Werbeträger brachten Alfred Krupp von Bohlen und Halbach allerdings vor dem Nürnberger Tribunal zwölf Jahre Haft wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstößen gegen das Kriegsrecht ein. 1951 wurde er begnadigt und man hob die im Urteil angeordnete Beschlagnahme seine Betriebe und seines Vermögens offiziell auf.

Nun macht ThyssenKrupp mit Gerüchten über gigantische Verluste Schlagzeilen. Die Gerüchte, zu dem sich das Unternehmen erst nach dem Jahresabschluss am 11. Dezember Stellung nehmen will, entstammen angeblich einem internen Bericht und entstanden durch US-amerikanische und brasilianische Stahlwerke mit erheblichen Planungsmängeln. Im Fall des brasilianischen Werks sollen aus ursprünglich veranschlagten 1,9 Milliarden 8 Milliarden geworden sein. Hinzu kommen andauernde massive Auseinandersetzungen mit Anwohnern und Behörden, die vergiftete Fischgründe beklagen. Und der dort produzierte Stahl ist pro Bramme um stolze 170 Euro teurer als der aus Deutschland.

ThyssenKrupp-Werk im brasilianischen Santa Cruz. Foto: Lizenz: CC BY 3.0.

Seit Mai prüft ThyssenKrupp zusammen mit den Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley "strategische Optionen" wie eine Partnerschaft oder einen Verkauf der Werke. Nach nicht bestätigten Informationen der Süddeutschen Zeitung rechnet der Konzern dabei mit einem Erlös in Höhe von 1 bis 4 Milliarden Euro. Im schlechtesten angenommenen Fall, den man bei ThyssenKrupp intern angeblich als "unwahrscheinlich bis ausgeschlossen" bezeichnet, wären nach einer Verrechnung mit den 12 Milliarden Euro Herstellungskosten elf Milliarden Euro in den Sand gesetzt worden. Inwieweit dieser Verlust in griechischen Dimensionen nicht nur die Aktionäre, sondern (durch Mindereinnahmen) auch die deutsche Steuerkasse trifft, ist noch nicht klar: Beim Bundesfinanzministerium will man sich dazu unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht äußern.

Die Manager, die für diese Verluste verantwortlich sind, haben außer dem bekannten goldenen Handschlag wenig zu befürchten: Bislang fehlt nämlich die rechtliche Handhabe, sie für Fehlentscheidungen zur Kasse zu beten oder anderweitig zu bestrafen. Das gilt auch für die Unternehmensberatung McKinsey, nach deren Machbarkeitsstudie das brasilianische Skandalwerk errichtet wurde. Und weil Manager die Haftungsregeln für Manager aufstellen, dürfte das auch zukünftig so bleiben.

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