Bundesagentur für Arbeit: Gute Haushaltslage...

...doch nützt sie den Arbeitslosen wenig

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Die Bundesagentur für Arbeit legt 2013 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vor. Den Finanzminister freut es, bekommt er doch auf diese Weise einen gehörigen Zuschuss von der Agentur überwiesen. Vielen Arbeitslosen dagegen nützt die gute Haushaltslage der BA wenig. Ihnen werden Förderungen gestrichen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sinken dadurch weiter.

Die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre haben auf dem Arbeitsmarkt vieles zum Positiven gerichtet. Nicht nur, dass die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 Prozent im Jahr 2006 auf nunmehr 3 Prozent gesenkt werden konnten. Auch Zuschüsse des Finanzministeriums an die Bundesagentur für Arbeit (BA) braucht es nun nicht mehr. Zwar wird die Behörde 2013 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Das anvisierte Defizit von 1,14 Milliarden Euro kann jedoch leicht durch den Überschuss aus dem Jahr 2012 gegenfinanziert werden.

Für Bundesfinanzminister Schäuble ist dies eine gute Nachricht. Kann er doch jetzt nicht nur seinen Beitrag für die Empfänger von Arbeitslosengeld-I aus seinem Haushalt streichen, sondern noch zusätzlich mit einem finanziellen Gewinn aus der BA rechnen. Warum das in dieser Behörde eingesparte Geld jedoch nicht in die Weiterqualifizierung von Arbeitslosengeld-I-Beziehern investiert wird, ist schleierhaft.

Bereits im Mai diesen Jahres hat die BA ihre Prognose für den Überschuss in ihren Haushalt für das Jahr 2012 von 0,5 Milliarden Euro auf 1,3 Milliarden hochgesetzt. Als wesentlichen Grund für den nun noch weiter gestiegenen Überschuss gibt die Behörde an, dass sie 600 Millionen weniger für arbeitsmarktpolitische Programme ausgeben werde.

"Die berufliche Weiterbildung wird immer weiter zurückgefahren, trotz des Fachkräftebedarfs auf dem Arbeitsmarkt", sagt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Partei "Die Linke" gegenüber Telepolis. Auch SPD-Generalsektretärin Andrea Nahles zeigte sich kritisch gegenüber dieser Entwicklung. So sagte Nahles gegenüber dem Magazin "Focus", dass Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen den Arbeitslosen das Geld wegnehme und es vor die Tür von Bundesfinanzminister Schäuble schaufle.

Gab die BA 2009 noch 16,8 Milliarden Euro für die aktive Arbeitsförderung aus, sank dieser Betrag bis 2012 auf nur noch 11 Milliarden und soll nun noch weiter auf 10,7 Milliarden sinken. Ein Teil dieser Einsparung kann mit der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt erklärt werden. So ist die Arbeitslosenquote in den vergangenen Jahren massiv gesunken und hat damit sowohl zu einer Erhöhung auf der Einnahmeseite, als auch einer Senkung auf der Ausgabenseite der BA geführt.

Auf der anderen Seite dieser guten Entwicklung jedoch ist der Kreis der Arbeitslosen, die trotz aller positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt ihre Stelle verloren haben oder kurz davor stehen, endgültig in HartzIV abzurutschen. Ein Personenkreis, der deutlich mehr Hilfe bei seiner Qualifizierung für den Arbeitsmarkt braucht, als andere. In der Tat ist dies ein Skandal.

Denn genau genommen werden durch diese politisch gewollte Unterfinanzierung der BA, die Chancen gerade dieser Arbeitslosen auf eine Neuanstellung noch weiter gesenkt und so dafür gesorgt, dass sich die Gruppe, der wirtschaftlich abgehängten HartzIV-Empfänger weiter vergrößert.

Die Bundesregierung agiert in einem konjunkturellen Wunderland

Neben den Senkungen der Mittel, die in die Qualifizierung der Arbeitslosen investiert werden, ist jedoch noch ein weiterer Punkt im Haushalt der BA von entscheidender Bedeutung: Ausgeglichen ist der Haushalt nur, wenn sich auch die konjunkturellen Prognosen der Bundesregierung erfüllen. Nun hat sich in der Vergangenheit jedoch gezeigt, dass die Prognosen der Wirtschaftswissenschaftler, auf die sich insbesondere die Bundesregierung verlässt, immer wieder verheerend falsch ausgefallen sind.

Derzeit geht sowohl die BA, als auch die Bundesregierung davon aus, dass im Jahr 2013 ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 1,0 Prozent erreicht wird. Der Chef der BA, Frank-Jürgen Weise, sagte bei einer Pressekonferenz in Nürnberg Ende November:

Der Arbeitsmarkt reagiert zwar auf die nachlassende Konjunktur, trotzdem präsentiert er sich weiterhin robust.

BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker dagegen zeigte sich deutlich verhaltener und teilte mit, dass die Arbeitsagenturen vor Ort die Situation deutlich negativer beurteilen würden:

Sie sehen, dass die Arbeitslosigkeit tendenziell ansteigen wird - und nicht nur wegen des bevorstehenden Winters.

In einigen Agenturen stünden die Ampeln bereits auf rot, in anderen auf rot-gelb, so Becker. Die Bundesregierung agiere nach dem Prinzip Hoffnung, meint Zimmermann, von den "Linken". "Im Haushalt der BA werden 1,1 Milliarden Euro fehlen, jedoch nur, wenn die wirtschaftliche Entwicklung weiter so positiv verlaufen wird. Sollten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weniger positiv entwickeln, wird die BA ein finanzielles Problem bekommen."

Dass die konjunkturellen Prognosen der Bundesregierung durchaus angezweifelt werden können, zeigt sich beispielsweise im Automobilbau. Dort wird immer offensichtlicher, dass die Schuldenkrise Europas nun zunehmend auf die Nachfrage durchschlägt. Zwar konnten insbesondere die Anbieter der Premiummarken ihre Gewinnen halten oder sogar steigern, jedoch nur in den USA, Südamerika oder China. Was auf den ersten Blick durchaus positiv wirkt, ist auf den zweiten, zumindest für die deutschen Angestellten der Automobilbauer, ein großes Problem.

Denn die Märkte in Übersee werden fast ausschließlich aus den Werken in Übersee beliefert. Positive Absatzzahlen also, die jedoch für den deutschen Arbeitsmarkt nur geringe positive Auswirkungen haben werden. Hier zählen die europäischen Märkte und die sind in der jüngeren Vergangenheit, insbesondere im Süden des Kontinents, heftig eingebrochen.

Bereits heute werden in verschiedenen Werken die Bänder immer wieder für kurze Zeit abgeschaltet, um nicht auf Halde produzieren zu müssen. Peter Fuß, Automobilexperte bei dem global agierenden Wirtschaftsprüfungs- und Bratungsunternehmen "Ernst & Young", sagte gegenüber der "Mitteldeutschen Zeitung":

Die europäischen Volumenhersteller müssen jetzt dringend alles tun, um die Kapazitäten massiv herunterzufahren - das schließt auch komplette Werksschließungen mit ein.

Eine Prognose, die auch der Bundesregierung zu denken geben sollte.