Österreich verweigert Zahlungen der Hypo Kärnten an Bayerische Landesbank

Am 31.12. fällige 2,3 Milliarden Euro werden nicht überwiesen, weil es sich um haftendes Eigenkapital handeln soll

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Nach dem Showdown in der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 2009 hatten die damaligen Finanzminister Österreichs und Bayerns, Josef Pröll und Georg Fahrenschon, jeweils noch einen Verhandlungserfolg verkündet: Die Bayern freuten sich, rund die Hälfte ihres Engagements bei Jörg Haiders Landesbank gerettet zu haben, während die Österreicher für sich ins Treffen führten, die Weiterfinanzierung der Skandalbank durch die Bayern bis 31. Dezember 2013 gesichert zu haben.

Dem war ein zähes Ringen vorausgegangen, bei der die Bayern durchaus mit einer Pleite des Instituts gedroht hatten. So hatten sich zuvor die Verhandlungen auf Expertenebene rasch als sinnlos herausgestellt, weshalb für die Einigung persönliche Verhandlungen auf Finanzministerebene erforderlich waren, wobei Ministerpräsident Seehofer laut den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses des Bayrischen Landtags von Fahrenschon telefonisch informiert worden war.

Anfechtungsverjährung und Tilgung im Dezember 2012

Inzwischen naht nicht nur der Tilgungstermin, sondern auch die dreijährige Verjährungsfrist für eine Anfechtung des Kaufvertrags. Die Republik Österreich hätte also spätestens diesen Freitag Klage erheben müssen, weshalb sich am Donnerstag die Ereignisse überstürzten. So beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat der Hypo Group Alpe Adria die an die BLB aushaftenden Kredite nicht zurückzuführen, wozu sie sich auch gleich bei einer Hauptversammlung die Zustimmung von Alleineigentümers Republik Österreich holten.

Schon am Vortag hatte die Republik indes die Bayerische Landesbank um einen Verjährungsverzicht bis einschließlich 31.12.2013 ersucht, der Donnerstagabend tatsächlich eintraf. Letzteres darf freilich kaum als Einlenken der Bayern betrachtet werden, die immerhin noch am selben Abend Klage auf Zahlung der Schulden eingereicht hatten. Die Klage der Österreicher, wäre aber zweifellos schon aus politischen Gründen termingerecht eingereicht worden, was nun wohl durchaus noch am Verhandlungsweg verhindert werden könnte.

Immerhin geben die Vorgänge, die zur Verstaatlichung führten, durchaus Anlass, Täuschungen zu unterstellen und Irrtümer zu behaupten, die eine Rückabwicklung des Vertrages denkbar machen. Allerdings wäre vor Gericht eine üble Schlammschlacht zu erwarten, bei der nicht nur die Banken, sondern auch die Politik mit anhaltend schlechter Presse rechnen müsste.

Bayern lassen HGAA verhungern

So dürfte die auch selbst im Zuge der Weltfinanzkrise schwer in Schieflage geratene Bayerische Landesbank spätestens im November 2009 beschlossen haben, sich das Kärntner Milliardengrab kalt vom Halse zu schaffen. Die Bayern hatten nicht nur den Kaufpreis von 1,625 Mrd. Euro und insgesamt 1,1 Mrd. an Kapitaleinschüssen nach Kärnten geschickt, sondern die Hypo ja auch mit zeitweise mehr als vier Milliarden Euro refinanziert, die sie sich nun aber zurückholen wollten. So wurde laut dem Nachrichtenmagazin Profil am 24. November 2009 eine im Juni fix zugesagte, bislang aber noch nicht gezogene Kreditlinie über 500 Millionen Euro gekündigt und am 11. Dezember waren Darlehen in der Höhe von zusammen 650 Millionen Euro gekündigt worden, die sofort mit in München liegenden Guthaben der Kärntner verrechnet wurden.

Das war freilich nicht das einzige Liquiditätsproblem der Kärntner. Am 10. November hatten die Bayern die drohenden Ausfälle der Hypo im Balkan-Kreditgeschäft öffentlich gemacht. Sie gingen auf ein einem Asset-Screening zurück und hatten ein zusätzliches Risikovorsorgepotenzial von 908 – 1.293 Mio. €.ergeben. Daraufhin stürmten die Kunden die Schalter und zogen 600 Millionen Euro an Einlagen ab, so dass der zu Jahresbeginn als Sanierer geholte Hypo-Chef Franz Pinkl laut Protokoll einer Krisensitzung vom 7. Dezember befürchtete, es "könne eine Situation entstehen, die kaum mehr beherrschbar" sei. Inzwischen hatte Fahrenschon Pröll auch schon davon in Kenntnis gesetzt, dass die Bayern keinesfalls noch weiteres Eigenkapital in die Bank stecken würden.

2,637 Mrd. Euro an Krediten bleiben in der Bank

Da nun klar absehbar war, dass angesichts der anstehenden Abschreibungen und Wertberichtigungen das regulatorisch vorgeschriebene Eigenkapital nicht mehr erreicht wird und es mangels Liquidität zudem schwierig werden könnte, Auszahlungen an Kunden vorzunehmen, blieb also nur die Republik, die zu diesem Zeitpunkt bereits 900 Millionen an Partizipationskapital in der Hypo stecken hatte.

Aber auch die Alteigentümer mussten saftige Eigenkapitalzuschüsse leisten, wobei die BayernLB etwa auf bestehende Kreditforderungen in Höhe von 525 Millionen Euro sowie auf bereits eingezahltes "Ergänzungskapital" in der Höhe von 300 Millionen Euro verzichteten. Sie verpflichtete sich zudem, die aufgekündigten Darlehen (650 Millionen Euro) wieder zur Verfügung zu stellen und auch die Aufrechnung gegen Guthaben der Hypo bei der BayernLB rückgängig zu machen, ebenso musste sie einer Ziehung der 500-MioKreditlinie bis 31.12. 2012 zugestehen.

Insgesamt ergab das laut Kaufvertrag 2,637 Milliarden Euro an Finanzierungen, die die Bayern von der Hypo zu erhalten hätten. Dafür wurde allerdings vereinbart, dass "jegliche darüber hinausgehende Gewährleistung, Garantien und Haftungen aus dem Aktienverkauf mit dem Forderungsverzicht zur Gänze abgegolten (sind) und im Übrigen ausdrücklich ausgeschlossen (werden)" und dass "im Falle der Veräußerung der Bank durch den Bund, dieser die BayernLB rechtzeitig verständigen müsse, "sodass die BayernLB die bestehenden Darlehen, Kreditlinien und Schuldverschreibungen kündigen kann".

Lage 2009 noch schlechter als dargestellt?

Nun stehen die Österreicher offenbar geschlossen auf dem Standpunkt, dass die Lage der HBAA Ende 2009 wesentlich schlechter gewesen sei, als von der BayernLB dargestellt, es sich bei den Krediten folglich tatsächlich um Eigenkapital handle und die Bayern daher erst dann zu bedienen wären, wenn dies aus erwirtschafteten Gewinnen möglich sei. Es dürfe also nicht zulasten des Eigenkapitals gehen, das die Republik wohl weiterhin in großen Mengen wird zuführen müssen.

Es wäre in Österreich politisch offenbar unerträglich, könnten die Zeitungen berichten, dass alle weiteren öffentlichen Zuschüsse sofort nach Bayern fließen. Dort würden sich die Kosten aus dem HBAA-Desaster (vom bayrischen Landtags mit 3,75 Milliarden Euro beziffert) im Extremfall also noch verdoppeln und könnten so annähernd an die zehn Milliarden Euro heranreichen, die Bayern im Laufe der Krise in die Landesbank hatte einschießen müssen.

Indes hätte die Republik Österreich wohl längst schon beim vertragsgemäß zuständigen Gericht in Wien Klage eingereicht, würde sie von einem Sieg völlig überzeugt sein. Absehbar sind also weiter Verhandlungen, die wohl wiederum eher skurril verlaufen werden, da eine Einigung vermutlich nur auf Basis einer politischen Einigung auf höchster Ebene erfolgen könnte, die beide Seiten das Gesicht wahren lässt.