Mehr Licht!

Das Sonnendeck in Wellington ... und der Wind bläst ohne Unterlass. Bild: Tom Appleton

Wissenswertes aus dem finsteren Finnland

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Das deutsche Wort "finster" leitet sich einem populären Aberglauben zufolge vom lateinischen "finis terrae" her - dem "Ende der Welt" bzw. "Weltuntergang". Warum das nördlichste Land Europas ausgerechnet Finnland und seine Bewohner die Finnen genannt werden, wissen aber selbst die Finnen nicht so genau. Meint ein finnischer Freund: "Auf Finnisch heißen wir ja Suomi."

Aha. Also Etymologie gleich Holzweg. Das alles ändert indessen nichts an der Tatsache, dass Finnland gerade jetzt, am Fest des Lichtermeeres, Gefahr läuft, in Düsternis und Trostlosigkeit zu versinken. Während in Neuseeland, wo ich lebe, der Hochsommer und Weihnachten einem gemeinsamen Orgasmus entgegentanzen und man das tägliche Sonnenbad samt überdrehter Flüssigkeitseinnahme und erhöhtem Lichtschutzfaktor als unvermeidliche Pflichtübung ansieht, breiten sich in Finnland eisige Kälte und Melancholie aus, deren man auch mit einer regelmäßigen Sauna-Session kaum Herr wird.

Sonnenlicht im Test/Vergleich

Aber: Wie ist das denn so? Wie fühlt sich das an? Wie geht man damit um, in Finsterland? Ich befragte dazu meine finnische Freundin Sointu Lehtinen, die in Keuruu, einem geschäftigen Käffchen 300 Kilometer nördlich von Helsinki lebt. Mir selber war der Mangel an ganz normalem Sonnenlicht im Winter (oder auch im Sommer) schon in Wien (d. h. im gemeinhin als stinknormal angesehenen Mitteleuropa) arg auf den Senkel gegangen - siehe dazu meinen Telepolis-Artikel "Von der heilenden Kraft des Sonnenlichts". (Einmal ganz abgesehen von der industriellen Verseuchung, die der gesamten Nordhalbkugel der Erde das Phänomen der Globalen Verdunkelung beschert hat.)

Zu all diesem gibt es genügend verlinkbare Wikipedia-Artikel, aber da ich ja meine Leser nicht unbedingt dazu animieren will, von Telepolis wegzuklicken, deshalb das Wichtigste dazu gleich einmal hier - in Form eines einfachen Experiments:

Zum Selbermachen:

Wer in Deutschland den Computer anknipst (egal ob bei normalem Tageslicht und/oder am hellsten Sommertag) muss immer auch noch eine elektrische Schreibtischlampe oder gar zwei hinzu einschalten, um die im Dunkeln sonst kaum entzifferbaren Zeichen auf dem Bildschirm überhaupt erkennen zu können. In Neuseeland dagegen muss man selbst bei ärgster Bewölkung die Jalousien herunterlassen, weil das Licht von außen so stark blendet, dass man sonst eben auf dem Bildschirm vor lauter Helligkeit nichts mehr erkennen kann. Bitte bei der nächsten Urlaubsreise selber überprüfen.

Das also ist die normale Tageslichtreduktion, die Globale Verdunkelung bzw. das "Global Dimming", das in Europa durchgängig vorherrscht und als derart normal empfunden wird, dass der übliche Mitteleuropäer, darauf angesprochen, die Existenz eines solchen Phänomens partout leugnet und sein Gegenüber sofort als "irre" deklariert, weil er bei ihm irgendwelche Phantasmen wittert. Ich meinerseits vermute, dass die Einführung der "Sommerzeit", die ja den Menschen mehr Tageslicht bescheren sollte, ursächlich (wenn auch vielleicht unbewusst) mit der Industrieproduktion für den Krieg bzw. der Umweltverschmutzung durch den Krieg zusammenhing, mit dieser "globalen" Verdüsterung. Denn die Sommerzeit wurde in Europa zuerst in Deutschland eingeführt - und zwar 1916, mitten im Ersten Weltkrieg. In Finnland versuchte man es damit auch, probeweise, im Zweiten Weltkrieg, 1942. Aber nachdem die deutschen Besatzer das Land verlassen hatten, wurde diese Idee bald wieder aufgegeben. Andere Länder wie Island, Russland, Indien oder China kennen diese halbjährliche Zeitumstellung hin zu angeblich "mehr Licht" überhaupt nicht.

Wie auch immer - schauen wir uns jetzt einmal dazu ein paar Bilder an, aufgenommen in diesen Tagen. Auf den folgenden beiden Fotos sieht man den Eingang zu meiner alten Hütte, die jetzt von Freunden von mir bewohnt wird: Wellington, Neuseeland, natürlich im schönsten Sommersonnenschein, man sieht das Meer im Hintergrund, aber der Wind bläst die Matten, auf denen ich mich eben noch gefläzt hatte, sofort durcheinander. Dafür gibt’s kaum Fliegen und null Stechmücken, Gelsen, Moskitos - auch ein Vorteil.

Das reizende Stillleben mit meinen alten Sommerlatschen musste ich mit Blitz aufnehmen, weil das Naturlicht einfach unbeschreiblich harte Schatten zeichnet, es ist fast wie auf dem Mond. Die Schlumpftasse mit Tee und William Manchesters wunderbarer Klassiker Death of a President in einer echten Eindollarversion gehören ebenso dazu. Allerdings muss ich dann über kurz oder lang doch in den Schatten flüchten (also ins Innere des Hauses), denn die Sonnenstrahlung ist einfach zu intensiv. Taxifahrer müssen in Neuseeland Schutzhandschuhe tragen, damit ihnen die Sonne nicht die Pfoten am Lenkrad wegschmurgelt.

Text: Idyllisches Stillleben mit Blitzlicht und Kennedy-Klassiker. Bild: Tom Appleton

Die mysteriöse Mattoteline

Zum Vergleich ein paar Fotos aus dem November. Aus Finnland. Man kann regelrecht verfolgen, wie im Halbstundentakt bereits gegen vier Uhr nachmittags das Tageslicht komplett wegsackt. Meine Freundin schrieb dazu (sie schreibt ein ausgezeichnetes Deutsch, an dem ich nichts zu ändern brauche, also O-Ton):

Hier siehst du dieselbe Landschaft zu verschiedenen Zeiten. Gemeint war, sie alle halbe Stunde zu fotografieren, aber beim letzten Foto habe ich das vergessen, weil ich um 16.30 Uhr mit Vater telefoniert habe.

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Das mysteriöse Objekt, das auf dem ersten dieser drei Fotos noch relativ gut zu erkennen ist, war mir von der Form und Funktion her unbekannt. Auf einem späteren Foto, nun bereits eingeschneit, sieht man es deutlicher - und diesmal vermutete ich, es müsse sich um eine Art Teppich-Klopf-Stange handeln. So war es auch:

Ja, richtig, du Sherlock Holmes! Allerdings hänge ich die Teppiche da drauf, klopfen tue ich sie nicht. Das tut denen nicht gut. Im Winter schlägt man die Teppiche gegen den Boden mit Schnee, man kann sie da auch eine Weile liegen lassen. Z.B. für Wandteppiche ist es gut, wenn sie eine Stunde im Schnee liegen. Eine Art Methode, die Teppiche zu waschen. Dieses Ding ist auch dazu da, dass man die Bettdecken darauf ein paar Stunden hängen lässt, die Kopfkissen kommen auf den unteren Teil. Jedes finnische Haus hat so ein Ding. Meine Freundin L. aus den USA hat nach ihrem Finnlandbesuch auch genau so ein Ding für sich machen lassen. - Nein, das kann doch nicht wahr sein! Ich sitze gerade am Küchenfenster und schreibe dies, und die Nachbarn mir gegenüber haben eben angefangen, ihre Teppiche zu klopfen. Es ist ja Freitag. Da, am Freitag, oder am Samstag, wird traditionell geputzt. Ich kann sie nicht sehen, die Vorhänge sind zu, und es ist schon dunkel (vier Uhr), aber hören kann ich sie. - Ich würde sagen, es handelt sich um ein Teppichgestell, aber im Wörterbuch steht: ein Ständer, auf Finnisch, Mattoteline.

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Außenbeleuchtungen ...

Also Schnee, Kälte, Temperaturen zwischen 18 und 26 Grad minus, Dunkelheit. Die Finnen kompensieren das, indem sie überall Lichter anzünden. Und im Sommer, so höre ich, überkompensiert sogar die Natur selber für den winterlichen Lichtmangel. Ein paar weitere Zitate, O-Ton, von meiner gegenwärtigen Mit-Autorin:

Im Sommer geht die Sonne im ganz nördlichsten Teil des Landes gar nicht unter.

Es wird den Finnen empfohlen, dass sie alle während der dunklen Monate Vitamin D einnehmen müssen, um die fehlende Sonne zu ersetzen. Die empfohlene Dosis ist verschieden, es hängt von dem Alter ab. Uns älteren Leuten wird 20 Mikrogramm empfohlen, und das nehme ich brav ein.

Diese dunklen Monate sind gerade die Zeit, an der viele Leute auf die Kanarischen Inseln fahren. Die sind wohl immer noch das beliebteste Reiseziel der Finnen im Winter. Einmal habe ich eine solche Reise gemacht. Es war wunderschön, die Wärme ("nur" 20-25 Grad) zu genießen, Palmen zu sehen, im Meer zu baden. Einmal war ich auf Zypern. Beide Male mit den Kindern. Da ist es mir aufgefallen, dass die Einheimischen für den Winter ausgerüstet waren, mit Pullis und so. Wir Touristen hatten Sommerkleider an.

Für diese dunkle Zeit haben wir eine extra Bezeichnung, "Kaamos". (Im Wörterbuch, Saksa-Suomi-Saksa von Paul Kostera, S. 945, ein Kollege von mir an der Uni, steht "kaamos = die Zeit der langen Dämmerung, besonders in Lappland)." Man spricht auch viel von "Kaamosmasennus" = Kaamosdepression. Viele Leute leiden darunter. Dagegen soll z.B. eine Speziallampe helfen. In dieser Woche habe ich bemerkt, dass ein sehr berühmter finnischer Designer, Eero Aarnio, auch so eine Lampe entworfen hat. Es wird auch empfohlen, viel Obst, Beeren und Gemüse zu essen, sich draußen zu bewegen, Kerzen brennen zu lassen, überhaupt viel Licht überall zu haben.

In einem um die Weihnachtszeit so dunklen Land wie Finnland ist eine Außenbeleuchtung wirklich am Platz. Viele nennen diese Extralichter draußen gar nicht Weihnachtslichter sondern Winterlichter. Mit Außenbeleuchtung gehen wir jedoch bescheidener um als z.B. die Amerikaner. Ich habe schon seit einigen Wochen eine Lichtkette oberhalb der Garagentür. Seit ein paar Tagen habe ich eine Extrabeleuchtung an der Wand meines Holzvorrats (LED, also umwelt- und kostenfreundlich) und gestern habe ich mir eine neue LED-Beleuchtung für den Vorraum gekauft, auch LED. Das alles ist mit Schaltuhren versehen, also spät in der Nacht habe ich keine Beleuchtung. Heute habe ich mir noch eine alte Laterne mit einer Kerze auf die Außentreppe gestellt. Seit etwa zwei Monaten habe ich auch eine alte Lichtkette in der Küche. Die habe ich ab und zu an, z.B. dann, wenn wir essen. Also jeden Tag, doch. Auf dem Balkon habe ich eine alte Lichtkette, die nur noch teilweise funktioniert. Die habe ich so aufgehängt, dass sie von der Straße aus ganz ok aussieht. Wenn die Festtage, d.h. Weihnachten, kommen, dann habe ich das alles ein paar Tage lang auch nachts an. An das Fenster des Gästezimmers werde ich einen Lichtstern aufhängen, denselben schon seit Jahrzehnten.

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Innenbeleuchtungen ...

Wenn ich fernsehe, habe ich schon seit Wochen im Wohnzimmer eine Kerze brennen. Also viel Licht. Kerzen sind auch ein beliebtes Geschenk, immer richtig.

Zu Allerheiligen ist es üblich, dass man Kerzen auf die Gräber bringt. Am Heiligen Abend genauso. An beiden Tagen sehen die Friedhöfe wie ein Kerzenmeer aus, sehr schön. Besonders, wenn es dazu noch Schnee gibt. Deswegen möchten die Finnen, dass es schneit, weil die Welt dann viel schöner und vor allem viel heller aussieht.

Auf den zwei Gräbern, für die ich sorge, habe ich seit ein paar Monaten je eine LED-Kerze mit Batteriebetrieb. Sehr praktisch und umweltfreundlicher, als da eine Kerze in einer Plastikhülse mit einem Metalldeckel darauf zu haben. Diese LED-Version habe ich schon seit einigen Jahren.

Jede zehnte Weihnacht ist bei uns "schwarz" (so nennt man das). So eine Weihnacht ist eine nationale Katastrophe, zu Weihnachten muss man halt Schnee haben. Das gehört zur Stimmung dazu.

Einer der Gründe, weswegen bei uns Weihnachten das größte Fest des Jahres ist, ist bestimmt, dass man da so viel Licht hat. Offiziell gehört die extra Außenbeleuchtung erst zur Weihnachtszeit, aber die Leute fangen von Jahr zu Jahr an, immer früher diese Lichter zu haben und ich finde, es ist gut und schön so.

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Pikkujouluts - Die Kleinweihnachtsfeiern

Am 6. Dezember - in Deutschland bekannt als "Nikolaustag" - feiern die Finnen ihren Unabhängigkeitstag, diesmal bereits zum 95sten Mal. Auch an diesem Abend, schreibt Sointu,

... gibt es überall an den Fenstern Kerzen, von 18 bis 20 Uhr. Das ist eine uralte Tradition, auch in den Schulen und in offiziellen Gebäuden. Die Kerzen sind heute oft elektrisch, die sind ja sicherer, oder dann arbeitet jemand extra und beaufsichtigt das Ganze. Sowieso sind die Schulen, Krankenhäuser, Rathäuser usw. die ganze Adventzeit schön mit elektrischen Kerzen beleuchtet."

Dieses Ereignis scheint, vor allem auch im Fernsehen, die ganz große Nummer in Finnland zu sein, mit zwei Millionen Zusehern bei einer Gesamtbevölkerung von knapp fünfeinhalb Millionen. Das hat absolute Gottschalk-Maxi-Dimensionen. Oder, österreichisch gesprochen, Opernball-Flair. Mir gefielen Sointus Fotos vom Bildschirm, mit der etwas hobbitmäßig gestutzten Haute-Volée auf diesen knallig bunten, aber irgendwie ein wenig blaustichigen Bildern, gerade wo doch auch die Dämmerstunde in Finnland als "Blaue Stunde" gilt. Eine Folge des verminderten Lichtspektrums. "The Blues", die Überlebenshilfe der Afrikaner in Amerika, heißt ja auch nicht etwa "The Reds" oder "The Greens". Und der Tango, die andere große Melancholiker-Trasse, ist bereits voll von den Finnen als ihr ureigenstes Eigentum annektiert worden. Eine Folge des Lichtmangels, des Blaulichts.

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Von diesem Mega-Ereignis einmal abgesehen feiern die Finnen jedoch, eben jetzt, in diesen Tagen, viele gemeinsame kleine Feste. Wiederum O-Ton Sointu:

Eine Sache, die bei uns sehr typisch für die vorweihnachtliche Zeit ist, sind die Vorweihnachtsfeste, oder Adventsfeste, wenn du so willst. Sie heißen "Pikkujoulut", wörtlich "Kleinweihnacht". Jede Firma, jeder Verein, hat so ein Fest. Da wird ein Weihnachtsessen mit allem Drum und Dran gegessen. Es gibt Buntes Programm. Vielleicht kommt der Weihnachtsmann und verteilt kleine namenlose Geschenke, die jeder mitgebracht hat. Und am Ende wird normalerweise getanzt. Leider gehört oft auch zu viel Alkohol dazu. Und ab und zu landen die Leute nach diesem Fest in einem fremden Bett.

Sointus Fotos machen es klar, dass es der Zweck dieser Feiern ist, der jahreszeitlichen Depression (besonders auch unter älteren Menschen) ein präventives Paroli entgegenzusetzen. Das Knopfakkordeon (an sich eines meiner Lieblingsinstrumente - beispielsweise, in einem mexikanischen Kontext) lässt mich hier allerdings Böses ahnen, denn der Klang dieser Quetschkommode kann auch den friedliebendsten Haushund in ein tiefdepressives Wolfsgeheul ausbrechen lassen.

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Die Konditionierung des Publikums, das solche Veranstaltungen goutiert, beginnt natürlich schon früh, und Sointu hat Einiges dazu aus ihrer eigenen Unterrichtspraxis zu erzählen:

Auch in der Schule können die Klassen so ein Fest haben. Ich hatte für jede Gruppe in der letzten Stunde vor Weihnachten fast immer so was. Die Kinder durften sich Bonbons, Limonade und so was mitnehmen. Ich hatte auch was anzubieten mit. Wir haben Weihnachtslieder auf Deutsch oder Schwedisch gesungen. Vielleicht gab es ein Quiz, ein Video über die Sitten und Bräuche zur Weihnachtszeit in den betreffenden Ländern usw. Ich hatte deutsche und/oder schwedische Weihnachtsdekoration mit. Einen elektrischen Kerzenhalter hatte ich sowieso den ganzen November und Dezember in der Klasse. Meistens haben wir Weihnachtsgrüße auf vielen Sprachen (Finnisch, Schwedisch, Englisch, Deutsch, Französisch, das sind die Sprachen, die in unserer Schule gelehrt wurden) mit schönen Bildern bemalt und sie an die Wände in den Korridoren aufgehängt. Dies ist meistens schon früher passiert, sagen wir so Anfang Dezember.

Jede Schule hat auch ein Weihnachtsfest für die gesamte Schule. Das ist meistens am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien. Da gibt es Buntes Programm. Weihnachtslieder werden gemeinsam gesungen, es gibt vielleicht ein lustiges Schauspiel, das Weihnachtsevangelium wird vorgelesen. Bei uns ist es immer so gelaufen, dass der Text zuerst auf Finnisch vorgelesen wurde, dann wurde der Text in Abschnitten in allen Fremdsprachen vorgelesen, die bei uns gelehrt wurden. Nach dem Fest, so nach einer Stunde, haben alle Milchreis in der Mensa gegessen. Danach gab es eine alte, für finnische Schulen ungewöhnliche Tradition, es wurde getanzt!! Alte Gruppentänze. Bei der ersten Polonaise haben die Schüler die Lehrer zum Tanzen aufgefordert. Die Polonaise endete mit einem Walzer. Diese Tradition stammt aus dem Jahr 1907, da wurde unsere Schule gegründet. Nach etwa 1-1,5 Stunden Tanz kriegte jeder ein Eis und danach gab es Zeugnisse.

Nett!

Dimstar - der trübe Stern

Mein Hauptinteresse bei dieser Story galt ja der Frage: Wie geht man in Finnland mit dem Lichtmangel und der daraus resultierenden Depression um? Man setzt also, wie ersichtlich, tatsächlich viele künstliche Lichtquellen ein und bindet praktisch die gesamte Gesellschaft in ein Netz aus kleinteiligen kommunalen Aktivitäten ein. Das könnte Vorbildcharakter auch für das restliche Europa zur Winterzeit haben.

Gerade im Hinblick auf Gesamteuropa will es mir zudem scheinen, dass die Entscheidung, Energiesparlampen europaweit einzusetzen, noch einen hohen Preis an psychischen Belastungen wie Depressionen, Stress, Aggressionen, Asthma einfordern wird. Las man doch (nicht vor Kurzem, aber immerhin in einem ernsthaften Beitrag im Journal of Experimental Social Psychology, den es online zum Nachlesen gibt, hier), dass die altgewohnten Glühbirnen den Testpersonen dieser Studie zu schlaueren Einsichten verhalfen, weil die Leute das Licht als "wärmer" empfanden, als es die unfreundlichen Energiesparlampen taten. Die Energiesparlampe macht also den Winter zusätzlich und unnötig zu einer psychischen Belastung.

Um noch der Etymologie Genüge zu leisten, findet sich hier die Behauptung, das Wort "finster" sei ursprünglich wie "düster", "diesig", "dämmern" ein Wort mit D gewesen: "dimstar" oder "dinstar", dass sich dann zu "finster" weiter entwickelt habe. Wer weiß? Aber "dim star" bedeutet ja auf Englisch, "ein trüber Stern", und wir können leicht für "Stern" das Wort "Planet" einsetzen - dann haben wir tatsächlich eine finstere Etymologie für unsere Welt gefunden.

Die Bilder aus Finnland zeigen eine Schneelandschaft mit ungewöhnlichem Licht: das wäre sicher eine Reise (Rubrik: Wintertourismus) wert. Beispielsweise wenn man einmal eine "weiße Weihnacht" erleben möchte. Mit extremen Kältegraden. Ich lege hier noch einige Fotos zur Ansicht hin, zum Ausklang Bilder vom milchigen Schneewinter fast ohne Sonne, die einen sehr wohl an Extremerfahrungen wie Löcher-ins-Eis-hacken und In-der-Sauna-sitzen erinnern. Immerhin, die finnischen Bären machen zu dieser Zeit ihren Winterschlaf.

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Sointu verabschiedete sich letzthin einmal so - und das passt auch zum Abschluss dieser Story ganz gut dazu:

Jetzt gehe ich aber schlafen. Die Lichter gehen allmählich aus. Ich kann es auch bei meinem Hund merken, dass er (eigentlich sie) heutzutage früher schlafen gehen will, wohl wegen der Dunkelheit. Sie wird schon so um neun unruhig und möchte nach unten.