Die schlechtesten Filme aller Zeiten

Der deutsche Titel scheint keinen Bezug zum Inhalt des Films zu haben - wurde aber zum Geflügelten Wort für gutsitzenden Zahnersatz - "Die unsichtbaren Dritten".

Catwoman? Wieso nicht auch Citizen Kane?

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Heute, am Mittwoch den 9. Januar 2013, wird in Hollywood die Liste der Kandidaten für die Golden Raspberries bekannt gegeben. Die "Goldenen Himbeeren" das sind die Gegen-Oscars für die miesesten Filme des Jahres. Tom Appleton hat dazu recht konträre Ansichten.

Was ein guter oder schrecklicher Film ist, erweist sich manchmal erst nach Jahren. Citizen Kane von Orson Welles zum Beispiel führte lange Jahre hindurch die Liste der besten Filme aller Zeiten an. Aber ich bezweifle, dass ein heutiges Kino-Publikum sich den Film bis zum Ende geben würde. Noch bevor "Rosebud" im Bild erscheint, säßen die Leute schon draußen beim Kaffee.

Klar, Citizen Kane ist nicht schlecht, aber heutige Zuseher würden vielleicht eher bei den Magnificent Ambersons andocken, oder gar noch eher bei Touch of Evil, einem sehr viel späteren Welles-Film, mit Marlene Dietrich und dem jungen Charlton Heston (mit schwarz gefärbten Haaren).

Schnuckeliges Miststück

Catwoman andererseits war ein Film, der gleich von Anfang an Probleme hatte. "You cat!" sagt man zu einer Frau in Amerika, wo man im Deutschen vielleicht "Du Biest!" oder "Du Miststück!" sagen würde. Eine "catty woman" ist also eine Zicke, oder auch ein Luder, eine Schlampe. Aber weil Catwoman üblicherweise in den Comics eines Herrn "Batman" auftritt, ist sie sozusagen entschärft, auf eine Tafelklässler-Ebene enthoben. Der ABC-Reim wäre etwa so weiter gegangen: Batman [Fledermausmann], Catwoman [Katzenfrau], Fatbaby [Dickbaby], Gatman [Knarrenmann], Hatman [Hutmann] usw. - eine trivial durchnummerierte Darstellertruppe aus einem Dick Tracy-Ableger.

Filmposter, Halle Berry als Catwoman: Attraktives Chassis

Dem Film fehlte sein ureigenstes Milieu. Es gab keinen Batman, kein Garnix. Die Fail-Liste ging weiter mit der Musik. Die kam zum Teil von einem Frankfurter Edel-Komponisten namens Klaus Badelt - und ich vermute, es muss Humor der Alten Frankfurter Schule (Hindemith und Co) darin gesteckt haben, wenn er Carl Orffs Carmina Burana genau in dem Moment zitiert, als die Katzen die Leiche der toten Halle Berry wieder zum Leben erwecken - eben, als Catwoman. Miau.

Danach war es aber auch schon wieder vorbei mit den witzigen Einfällen und der Film gleitet dahin auf einer grauen Suppe aus Funky-Genudel, über dem sich ein wortloses Vocalese in endloser Melismenreiterei ergießt. Da hatte man dann am teuren Komponisten gespart und eine Handvoll sekundärer Musik-HiWis angeheuert. Die klebten eine durchgängige MTV-Tapete über das Ganze, was den scheinbar sinnlos aneinander gereihten Videos, d. h. "dem Film", eine gewisse Klammer bieten sollte. Die Story: auch mies. Das Drehbuch: stereotyp, einfallslos, routinemäßig hingetippt.

Aber wie man aus den auf der DVD beigefügten Sequenzen und dem Making-Of erkennen kann, hatten sich die Leute, die den Film machten, durchaus etwas dabei gedacht. (Auch wenn das angekündigte "alternate ending" fehlt. Sei’s drum.) Es gab Meta-Überlegungen, was die verschiedenen Schauspieler jeweils darstellen sollten, ob Halle Berry und Sharon Stone einen kurzen Moment lesbischer Zuneigung erleben sollten (gestrichen). Es gab massiven technischen Input, es wurden zwei Dutzend Katzen trainiert, sogar Hally Berry durfte eine Katzentrainerin für sich selber beanspruchen. Mitarbeiter ohne Zahl. Die große Eartha Kitt wurde im hohen Alter aus dem Halbschlaf geweckt und durfte ein paar Mal aufreizend schnurren. Oder knurren.

Aber weil der Film selbstverständlich nur eine "politisch korrekte" oder irgendwie "feministische" Auslagerung aus der Batman-Franchise sein durfte - also ein Film für infantile Erwachsene, bzw. für nicht-überfordert-werden-sollende Teenies im Alter von 13 bis 19 - blieb die Geschichte von vornherein hirnamputiert. Eine erwachsene Thematik ("eine Studie in Schizophrenie für Anfänger") konnte gar nicht erst berührt werden. Das dazu passende Buch gäbe es ja. Es heißt Schizophrenia for Dummies.

Wie ein fast weißes Mädchen durch Aufsetzen einer schwarzen Gummikappe mit Micky-Maus Ohren seine Identität als Afroamerikanerin zurückgewinnt.

"Batman" war immer schon doof. In einem Film über Jugendkriminalität Anfang der Sechzigerjahre (The Young Savages, 1961) fragt Burt Lancaster in der Rolle eines hartgesottenen Cops einen dieser "Juvenile Delinquents": "Why do they call you Batman?" Und der antwortet, betont langsam, betont geistig zurückgeblieben (oder bekifft), betont an der Sache vorbeiredend: "He’s in the comics." Wenn Eartha Kitt in dem Film mitgespielt hätte, hätte sich die Frage erübrigt, warum sie "Catwoman" genannt würde. Sie war das schnuckelige Miststück par excellence.

Der Film mit Halle Berry ist uns freilich auch nach fast zehn Jahre nicht unbedingt deswegen in Erinnerung geblieben, weil Halle Berry als Catwoman ein so viel schärferes Chassis zu bieten gehabt hätte als Michelle Pfeiffer in ihrem Katzenkostüm ein Jahrzehnt zuvor. Im Gegenteil, der leiseste Anflug einer zu Ende gedachten Erotik (Kratzspuren am Rücken des Polizisten, mit dem die Kätzin soeben eine Nacht verbracht hat) wurde zu den "gelöschten Szenen" relegiert.

Der Film haftet uns im Gedächtnis wegen der Razzies. Eine Raspberry ist eine amerikanische Himbeere, insbesondere aber das Geräusch, das man mit rausgestreckter Zunge und den Lippen erzeugt, wenn man einen Furz imitieren will. Die Geste symbolisiert Geringschätzung, Nicht-Achtung, ein nicht-verbales "Geh Scheißen!" Als Film-Preis entspricht es der "Goldenen Ananas" oder der "Goldenen Klobürste". Die Goldene Himbeere wird in Amerika seit 30 Jahren verliehen, mittlerweile traditionell am Tag vor der Oscar-Verleihung - und zwar in mehreren Kategorien, darunter für den schlechtesten Film, den schlechtesten Hauptdarsteller und die schlechteste Hauptdarstellerin. Catwoman punktete gleich mehrfach.

Halle Berry tat in dieser Situation das einzig Richtige. Als erste Razzie-Gewinnerin überhaupt, ging sie tatsächlich hin. Die anderen solcherart Geehrten waren bis dahin alle der Preisverleihung ferngeblieben - und dort wiederholte sie ihre tränenüberflutete Dankesrede zum Empfang des Oscars zwei Jahre zuvor - aber in ironischer Abwandlung. Mit dem Oscar in der Hand, den sie als beste Schauspielerin gewonnen hatte, verkündete sie vor den geladenen Gästen: "Als erstes möchte ich Warner Brothers danken. Danke, dass ihr mich in dieses Stück Scheiße von einem gottserbärmlichen Film gesteckt habt. Es war genau das, was meine Karriere an diesem Punkt brauchte."1

Der relevante Aspekt dabei ist allerdings dieser. Jeder erinnert sich an die Razzies-Dankesrede und an Catwoman. Der andere Film, Monster’s Ball, für den sie den Oscar als beste Schauspielerin bekam, ist mittlerweile als echter Schrottfilm verdientermaßen in Vergessenheit geraten.

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