Urheberrecht braucht allgemeine Akzeptanz

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Tauber antwortet in Telepolis auf die Ablehnung des Fair-Use-Prinzips durch die Grünen-Europaabgeordnete Helga Trüpel in der Frankfurter Rundschau

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Der Erfolg der Pädagogik liegt aus Sicht von Helga Trüpel anscheinend in der Wiederholung. So eröffnet die grüne Europaabgeordnete ihren Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau im Dezember letzten Jahres fast gebetsmühlenartig mit der Behauptung, dass in der Urheberrechtsdebatte ein „Kulturkampf“ tobe. Den Begriff des „Kulturkampfes“ benutzte sie auch schon im April 2010 in ihrem Aufsatz: „Digital Rights Fair Trade – Ein Solidarvertrag“.1 Darüber sind wir Gott sei Dank inzwischen hinaus, wenngleich die Debatten um das Urheberrecht in der digitalen Welt regelmäßig hohe Wellen schlagen. Die Frage, wie man das Urheberrecht für die digitale Gesellschaft anpasst, ist aus meiner Sicht kaum geeignet für Kampfbegriffe und Shit-Storms - zumindest wenn man um eine ernsthafte Antwort bemüht ist. Wir sollten daher alle einen Gang zurück schalten, sprachlich abrüsten und uns ruhig und sachlich dem Thema widmen. Im Kern geht es nämlich um einen fairen Interessenausgleich zwischen Nutzern auf der einen und Inhalteanbietern, Kulturschaffenden und Produzenten auf der anderen Seite.

Peter Tauber. Bild: ©Tobias Koch

Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass das Urheberrecht in Deutschland noch nicht in der digitalen Zeit angekommen ist. Es ist weder für den privaten Nutzer verständlich, noch für die Urheberrechtsexperten unter Juristen leicht zu erklären. Doch eine gesetzliche Regelung muss, um allgemein akzeptiert zu werden, zumindest in ihren Grundzügen verstanden werden.

Die von Mitgliedern der CDU getragene Initiative Faires Urheberrecht fordert daher in drei Punkten: Erstens eine konsequente Rechtsvereinfachung des Urheberrechts, zweitens die Einführung des Fair-Use-Prinzips und drittens den Verzicht auf Netzsperren als Mittel der Rechtsdurchsetzung. Zumindest im letzten Punkt scheint es inzwischen einen Konsens zwischen allen politischen Parteien zu geben.

Ein Beispiel, das uns alles betrifft, ist der Umgang mit der Privatkopie, die im Urheberrecht erwähnt wird. Beim Kauf von Datenträgern und technischen Geräten zahlen wir eine so genannte Urheberrechtsabgabe. Ein Recht auf Privatkopie gibt es aber nicht. In Wahrheit ist es für den Nutzer nur schwer nachvollziehbar, warum seine für teures Geld erworbene Blu-ray strikten Beschränkungen unterliegt und der illegal heruntergeladene Film munter an Freunde und in der Familie weitergegeben wird. Wenn das Kosten-Nutzen-Verhältnis für den Nutzer nicht annähernd stimmt, dann nutzen auch Appelle wenig. Warum soll ich mir einen Film kaufen, den ich nicht wann und wo ich will und vor allem auf einem beliebigen Datenträger kopieren und anschauen kann - wie gesagt: für mich persönlich und zu privaten Zwecken?

Auch das Teilen von Bildern und das Verlinken von Inhalten in sozialen Netzwerken birgt die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen. Darum wird auch das aktuell diskutierte Leistungsschutzrecht mit einer gewissen Sorge - vor allem von Bloggern und privaten Nutzern gesehen. Wie ist das nun mit dem auf Facebook geteilten Bild, der Karikatur oder dem Link zu einem Artikel, von dem man begeistert war? Auch hier könnte eine auf dem Fair-Use-Prinzip basierende zusätzliche Schranke im Urheberrecht Abhilfe schaffen.

Wir brauchen ein Urheberrecht, das unserem digitalen Alltag gerecht wird. Der Blick nach den USA und das im dortigen Urheberrecht verankerte Fair-Use-Prinzip könnte ein Lösungsansatz sein. Bei Fair-Use geht es darum, einen gerechten Ausgleich zwischen den Nutzern auf der einen Seite und den Urhebern bzw. Rechteverwertern auf der anderen Seite zu erreichen.

Wichtig ist dabei auch, zu erwähnen, dass Fair-Use unser Urheberrecht mit seinen Schranken nicht zwingend ersetzen soll. Fair-Use stellt für die Fälle eine neue Schranke dar, die es jetzt noch nicht gibt oder im Zuge der technischen Entwicklung erst entstehen werden. Helga Trüpels Kritik am Fair-Use-Prinzip gibt zudem keine Antworten auf die Probleme des Urheberrechts in der digitalen Gesellschaft. Es ist jedoch beruhigend, dass sie - bei aller Kritik an ihrer Haltung zu Fair-Use - der von vielen Grünen propagierten Kulturflatrate ablehnend gegenüber steht. Sie bleibt allerdings eine Antwort schuldig, welche Regelung sie für die das Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft als notwendig erachtet.

Ich sehe in der Debatte um das Urheberrecht keinen „Kulturkampf“ und lehne solche plakativen Begriffe, die der Sache wenig hilfreich sind, ab. Eine ernsthafte Debatte über das Urheberrecht erscheint mir eher erstrebenswert. Nun mag der eine oder andere beklagen, dass der Gesetzgeber noch nicht gehandelt hat. Man kann vielleicht auch der Auffassung folgen, dass ein neues Urheberrecht vor allem eins braucht: allgemeine Akzeptanz. Und auch deshalb tut eine ausführliche Debatte - allerdings ohne Schaum vor dem Mund - not.

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