Hollande: "Frankreich verteidigt keine Sonderinteressen"

Der französische Präsident macht nur selbstlose Gründe für die Eröffnung des Kriegs in Mali geltend

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Frankreich hat zumindest zusammen mit der malischen Armee erste militärische Erfolge in Mali erzielt. Nach Kämpfen, bei denen 100 Islamisten getötet worden sein soll, aber auch ein französischer Hubschrauberpilot starb, sollen die Islamisten aus der Provinzstadt Konna, 700 km nördliche der Hauptstadt Bamako, wieder vertrieben worden sein. Eingesetzt wurden auch Kampfflugzeuge des Typs Mirage und F1 aus dem Tschad. Welches Ziel die Intervention in dem Land hat, in dem ein Militärputsch den anderen jagte, ist nicht ganz klar. Um Demokratie geht es wohl nicht, wie dies der französische Präsident behauptet, wohl vor allem um die Stabilität einer staatlichen Macht, die dem Westen gegenüber freundlich ist und die Islamisten bekämpft.

Ein französischer Leutnant sagte, die Stadt werde wieder vollständig kontrolliert. Über die Zahl der Toten, vor allem auch, ob sich darunter Zivilisten befanden, herrscht ebenso Unklarheit wie darüber, welchen Gruppen die islamistischen Kämpfer angehören. Neben Al-Qaida im islamischen Maghreb kontrollieren Norden auch die Gruppen Ansar Dine und Mujao, die die Tuareg zurückgedrängt haben. Der französische Pilot wurde nach Angaben des französischen Verteidigungsministers Jean-Yves Le Drian am Freitag bei einem Angriff auf eine Islamistentruppe getötet, die sich weiter nach Süden bewegt hätten. Man habe "mehrere terroristische Einheiten" zerstört und ihren Vormarsch gestoppt.

Mittlerweile haben Burkina Faso, Nigeria und Niger erklärt, im Rahmen der UN-Mission ebenfalls Soldaten nach Mali schicken zu wollen. Der UN-Sicherheitsrat hatte in der Resolution 2085 die Entsendung einer internationalen, von ECOWAS zusammengestellten Truppe nach Mali zugestimmt, durch den Vormarsch der Islamisten bat die malische Übergangsregierung jedoch um schnelle militärische Hilfe, die der französische Präsident Hollande auch schnell leistete, angeblich lediglich, um dem befreundeten Staat gegen Terroristen zu helfen, "deren Brutalität und Fanatismus die ganze Welt kennt". Bislang aber hat sich noch kein anderer europäischer Staat angeschlossen, die US-Regierung hat lediglich logistische Hilfe und den Einsatz von Aufklärungsdrohnen angekündigt. Man will also nicht einmal zum ansonsten vielfach verwendeten Mittel der gezielten Tötungen durch Kampfdrohnen greifen.

Für Frankreich wäre eine weitere Destabilisierung der Region auch deswegen unerwünscht, weil aus dem Nachbarland Niger ein Großteil des von Frankreich für seine AKWs benötigten Urans stammt (Schmutziges Uran) und hier die Sicherheit bereits länger durch Islamisten gefährdet wird (Al-Qaida und der Uran-Boom in Afrika). Auch in Mali gibt es Uranvorkommen (Frankreichs Uran-Interessen bringen Mali auf Kriegskurs), beispielsweise im Grenzgebiet von Mali mit Guinea und Senegal und im Norden des Landes, in dem es auch Erdölfelder gibt.

Kein Wunder, dass Hollande möglichst vermeidet, von den französischen Interessen zu sprechen. Selbstlos kämpft die Grande Nation gegen den Terrorismus: "Frankreich verteidigt keine Sonderinteressen", so Hollande. Und er kündigte am Samstag an, dass die Operation Serval weiter geht. Sie diene dazu, die Stationierung der afrikanischen Friedenstruppen vorzubereiten und dabei zu helfen, dass Mali seine "territoriale Integrität" wieder herstellen kann. Der Verteidigungsminister, der versicherte, dass die "Sicherheit von Frankreich und von Europa" auf dem Spiel steht, schließt nicht aus, dass französische Soldaten am Boden bis Timbuktu vorrücken könnten: "Alle Hypothesen sind möglich", sagte er. Bislang sollen französische Bodentruppen nur in Bamako stationiert worden sein.

Der Sozialist Hollande macht sich dabei das Antiterror-Konzept von Bush zu eigen. Möglicherweise sind der Militäreinsatz in Mali - und die gescheiterte Geiselbefreiung von Dennis Allex in Somalia, bei der zwei Geheimdienstmitarbeiter und wahrscheinlich die Geisel ums Leben kamen, al-Sahbab leugnet dies - auch ein Versuch, den innenpolitischen Machtverfall aufzuhalten, weil nun Frankreich auch in Mali verteidigt wird und die Gefahr besteht, dass die Islamisten mit Anschlägen in Frankreich kontern.

"Der Kampf gegen den Terroristen erfordert auch", so sagte Holland am Samstag, "alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen in Frankreich zu ergreifen." Er habe den Regierungschef Ayrault daher angewiesen , den "Plan Vigipirate" zu verstärken und von "rot" auf "starkes rot" zu setzen, um die "öffentlichen Gebäude und die Transportinfrastruktur" zu schützen. Vor der Ausrufung der höchsten Stufe "écarlate" (akute Bedrohung) schreckt Hollande noch zurück.