Agent Spar-Fuchs

Nebentätigkeitsfreudiger CDU-Politiker Michael Fuchs mahnt abgeordnetenwatch.de mit abenteuerlicher Begründung ab

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Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Michael Fuchs war den Leuten von abgeordnetenwatch.de aufgefallen, weil dieser laut der entsprechenden Website des Bundestages für auffällig viele Vorträge vor einer "Hakluyt Society" kassierte. Was der gelernte Apotheker und geübte Arbeitgeberlobbyist jedoch einer traditionellen geographischen Gesellschaft vorzutragen hätte, mochte jedoch nicht so recht einleuchten, weshalb das Magazin Stern letzte Woche nett nachfragte.

Dabei fiel auf, dass die Angabe von Fuchs unvollständig war. Fuchs will "Hakluyt & Co" angegeben haben, wer den irreführenden Zusatz "Society" angefügt hatte, blieb unklar. Fuchs behauptet, der Fehler liege bei der Bundestagsverwaltung. Tatsächlich handelte es sich jedoch um die berüchtigte Beratungsgesellschaft Hakluyt & Company, die von ehemaligen Leuten des britischen Auslandsgeheimdienst MI6 hochgezogen wurde. Die Ex-Spione bezahlen üppig, um den weisen Worten des Mr. Fox lauschen zu dürfen, mindestens 57.000 Euro. Für das Geld hätten die ehemaligen Schlapphüte ihrer Majestät fast ein Viertel Aston Martin DB bekommen können.

Bei der Geheimdienstausgründung scheint es sich um eine Art Loge zu handeln, in welcher mächtige Männer wie Javier Solana oder Mario Monti sich die Klinke in die Hand geben. Konservatives Klüngeln ist Fuchs nicht fremd, etwa im Bund katholischer Unternehmer sowie diverser anderer Unternehmerzusammenschlüsse. Das Geschäftsmodell von Hakluyt & Company ist nicht bekannt.

Der Wechsel von Geheimdienstleuten in die Privatwirtschaft ist nicht selten, wobei erfahrungsgemäß Old-Boys-Netzwerke weiter gepflegt werden, und eine Hand die andere wäscht. In den USA sind die Geheimdienste zum Großteil sogar an Private outgesourct, was die Kontrolle erschwert bis verunmöglicht. Es mehren sich die Anzeichen, dass Hakluyt & Company als zivile Tarnfirma für operative nachrichtendienstliche Einsätze fungiert. Einiges erinnert an "Universal Exports", der fiktiven Tarnfirma von James Bond. Laut Lobbypedia war Hakluyt & Company offenbar in den 90er zugunsten der Ölindustrie beim Einschleusen von Spitzeln bei Greenpeace aktiv.

Was genau 00Fuchs den Briten für eine Gegenleistung erbringt, ist unklar wie unerfreulich. Die Loyalität eines Bundestagsabgeordneten zum Wahlvolk soll der Idee nach durch entsprechend üppige Abgeordneten-Diäten sichergestellt werden. Auf der Payroll für ausländische Mächte zu stehen, könnte als Interessenkonflikt gesehen werden. Das Halten etwa von "Vorträgen" pro forma und Erstellen von "Gutachten" durch sinnloses Bedrucken von Papier kennt man noch aus den Zeiten der "staatsbürgerlichen Vereinigung", jener legendären Geldwäsche-Organisation der CDU, die während der Flick-Affäre auffiel.

Auch Fuchs schweigt über sein Engagement wie ein echter Geheimagent. Sollte er tatsächlich für einen fremden Geheimdienst arbeiten, wäre das im Bundestag auch nichts Neues: Hier pflegte schon das Ministerium für Staatssicherheit der DDR Abstimmungen zu kaufen - etwa 1974 bei Brandts Vertrauensfrage. Das Kaufen ausländischer Politiker gehörte während des Kalten Kriegs zu den Routineaufgaben der CIA. Und den Straftatbestand Abgeordnetenbestechung gibt es in Deutschland noch immer nicht.

"Wollte Platz sparen"

Nachdem Fuchs letzte Woche die Aufmerksamkeit für sein Steingebrücke offenbar noch nicht groß genug war, legte der gewiefte Politprofi nach und ließ durch einen Promipresseanwalt abgeordnetenwatch.de abmahnen und zum Verbreiten einer Gegendarstellung auffordern. So hatte abgeordnetenwatch.de behauptet, Fuchs hätte nur "einmal" von "Hakluyt & Co." gesprochen. Diese Version allerdings lasse nur einen Schluss zu: Dass der Koblenzer Abgeordnete mit seinen unvollständigen Angaben die wahre Herkunft der Nebeneinkünfte verschleiern wolle.

Das Vermuten von Motiven unterliegt nicht ohne weiteres der Meinungsfreiheit. Insbesondere dann, wenn ein behauptetes Motiv als einzig mögliches dargestellt wird, gehen manche Gerichte von Tatsachenbehauptungen aus und ziehen notfalls abenteuerliche Umkehrschlüsse. Bei Annahme einer Tatsachenbehauptung liegt jedoch die Darlegungs- und Beweislast hierfür beim Äußernden, der natürlich nicht in den Kopf des Fuchs hineinsehen kann, in einem Rechtsstreit also vor schwer lösbaren Beweisproblemen stünde.

Dem ihm unterstellten Motiv des Verschleierns begegnete "Agent" Fuchs mit der abenteuerlichen Behauptung, er habe im Rahmen des Meldeverfahrens Platz sparen wollen - in einem Internet-basierten Meldeverfahren. Nach Stand von Forschung und Technik ist jedoch Platznot im Internet des Jahres 2013 jedenfalls allenfalls auf Twitter ein nachvollziehbares Problem. Im Gegenteil kann es in juristischen Dokumenten fatale Folgen haben, wenn eine Firma ungenau bezeichnet wird, etwa mit oder ohne den Zusatz "KG" oder "GmbH". Auch dürfte bei dem relative kurzen Firmennamen noch allerhand Platz verblieben sein. Doch offenbar pflegt Fuchs subjektive Relevanzkriterien oder huldigt dem Prinzip der Datensparsamkeit. Man darf in diesen Tagen schon dankbar sein, wenn Politiker in Erklärungsnot nicht behaupten, sie hätten den falschen Stapel geschreddert.

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