Sind Buddha-Statuen eine Gefährdung des Seelenheils?

Zumindest im südbadischen Münstertal scheint man zu glauben, dass es riskant sein könne, wenn man Tee in einem Laden kauft, in dem Buddha-Figuren standen

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Auslöser der in der heutigen Zeit doch sehr seltsam anmutenden Geschichte scheint die Ordensschwester Margaritha Valappila aus Kerala zu sein, die der Kongregation der Schwestern vom Heiligen Josef zu Saint Marc angehört, die ihr Ordenshaus in der Gemeinde Münstertal im ehemaligen Benediktinerkloster St. Trudpert haben. Die Kongregation ist im Bereich der Krankenpflege engagiert und Gesellschafter der Regionalverbund kirchlicher Krankenhäuser (RkK).

Die frühere Krankenschwester und ehemalige Pflegedienstleiterin Valappila arbeitet jedoch seit 1999 nicht mehr in der Krankenpflege, sondern im "Zentrum Evangelisation 2000 St. Theresia von Lisieux", der vormaligen Kurklinik "Haus Raphael" in Bad Soden-Salmünster, wo man sich als Teil der "Charismatischen Erneuerung" sieht. Diese charismatische Erneuerung ist eine konfessionsübergreifende christliche Bewegung, die sich seit den 1960er-Jahren ausbreitet. Sie will einen neuen geistlichen Aufbruch bieten und verfolgt die Idee eines neuen Pfingsten, bei dem der Heilige Geist den Menschen eingibt, was sie tun und lassen sollen.

In dieser Bewegung ist auch die Idee verbreitet, dass nur Gott Kranke heilen kann und er nur unter der Bedingung ausgeprägter Frömmigkeit zur Heilung bereit ist. Vielfach sammeln sich in diesen Gruppen Menschen, die den Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils misstrauen, weil sich die katholische Kirche damit zu sehr an den Zeitgeist angepasst habe.

Blick vom Belchen auf Kaltwasser (Gemeinde Münstertal/Schwarzwald). Foto: Corradox. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Diese Einrichtung in Bad Soden scheint im Laufe der Jahre auch dem zuständigen Bistum Fulda offensichtlich etwas fremd geworden sein - und so darf sich das Evangelisationszentrum seit 2004 nicht mehr als "katholisch" bezeichnen. Als Begründung für diese Entscheidung werden u.a. Berichte genannt, dass es bei Besuchern von charismatischen "Heilungsgottesdiensten" zu psychischen und physischen Schäden gekommen sein soll.

Die von Schwester Margaritha Valappila in ihren Ansprachen verkündete Botschaft ist wohl in der Hauptsache einer vielleicht noch als bodenständig zu beschreibenden Frömmigkeit entsprungen und konzentriert sich auf vergleichsweise einfache Inhalte: Schwester Margaritha kämpft gegen den Alkoholkonsum, gegen Fernseh- und Nikotinsucht und gegen Sex vor der Ehe. Im Grunde spult sie das ganze konservative katholische Programm ab, einschließlich der Bekämpfung eines Zusammenlebens von Paaren ohne Trauschein oder mit gleichgeschlechtlichem Partner.

Ihre Opposition gegen fernöstliche Spiritualität mag sich aus ihrer Herkunft im Süden Indiens herrühren, wo Christen mit knapp 20% Bevölkerungsanteil in der Minderheit sind. In der ländlichen, römisch-katholisch geprägten Region des Südschwarzwaldes scheint man auf jeden Fall einer Inderin, die sich gegen Yoga, Buddhismus und Hinduismus ausspricht und in den traditionellen katholischen Tugenden die Antwort auf aktuelle Fragestellungen bietet, eine praktisch nicht hinterfragte Kompetenz für das Seelenheil der Gläubigen zuzutrauen.

Vor etwa einem Jahr scheint das Seelenheil der Münstertäler jedoch akut in Gefahr geraten zu sein. Ursache der Gefährdung sollen die als Dekoration genutzten Buddha-Statuen in Lissys Teeladen von Ulrike und Jürgen Liskowskis gewesen sein. Nicht nur im Internet sondern auch in dörflichen Gemeinschaften auf dem Lande verbreiten sich solche Geschichten in Windeseile - und die Angst, dass Gott jeden Fehltritt sehe, scheint zahlreiche bisherige Kunden des Teeladens in der Folge davon abgehalten zu haben, Tee oder Kräuter in einem Laden zu kaufen, in welchem Buddha-Statuen ihr Unwesen treiben.

Obwohl die Ladeninhaberin, selbst römisch-katholisch, die Statuen schleunigst aus ihrem Ladenlokal entfernte, tun sich offensichtlich immer noch viele Münstertäler schwer, den Fuß über die Schwelle des Ladens zu setzen. Zu groß ist die Furcht, etwas Falsches zu tun und Gottes Beistand zu verlieren. Diese Ängste scheinen die offensichtlich abgeklärteren Nonnen aus dem Kloster St. Trudpert nicht zu haben. Sie sollen weiterhin zu den Stammkunden von Lissys Teeladen zu zählen. Und im Kloster geht man davon aus, dass die Bewunderer der indischen Schwester da offensichtlich Aussagen in einer ihrer Ansprachen falsch interpretiert haben.

Dass jemand, der eine Ansprache hält, diese möglichst so formulieren sollte, dass sie auch richtig verstanden wird, wird vom Orden schlicht ignoriert. Was sich wie eine Geschichte aus längst vergangenen Zeiten anhört, spielt sich derzeit kaum 20 Kilometer südlich der Universitätsstadt Freiburg ab. Wenn die Münstertäler nicht gewaltig aufpassen, riskieren sie einerseits, sich zum Wallfahrtsort der religiös Ewig-Gestrigen zu entwickeln, andererseits wird die Gemeinde zur virtuellen Geisterbahn eher säkularer Gemüter, die sich im landschaftlich schönen Münstertal am Fuße des Belchen auf Zeitreise in eine Vergangenheit begeben, von der man bisher angenommen hatte, dass sie längst überwunden sei.

Es ist vielleicht ein Glück für die Münstertäler, dass ihre indische Schwester nur einmal im Jahr das Münstertal besucht. Dennoch treibt die Volksfrömmigkeit offensichtlich stetig weiter ihre Blüten und schürt Ängste vor kleinen, als Dekoration verwendeten Buddha-Statuen.

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