Angriff auf die Tea Party

Das Partei-Establishment schlägt zurück - gemäßigte Republikaner planen den Einfluss der radikalen Tea Party zu beschneiden. Erzkonservative geben sich kämpferisch

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Der Wahlkampf ist erst seit kurzem vorbei, doch in der Republikanischen Partei brodelt es seit der Niederlage ununterbrochen. Vor allem die Tea Party hat mit Problemen zu kämpfen: Erst fielen einige ihre extremen Kandidaten bei den Wählern durch, dann kündigte der Vorsitzende der einflussreichsten Organisation hinter der Bewegung, FreedomWorks, wegen Unstimmigkeiten über die weitere politische Ausrichtung der Gruppe seinen Posten. Und nun setzt auch noch Politikstratege Karl Rove, 2001-2007 Berater des damaligen US-Präsidenten George W. Bush, zum Frontalangriff an. Mit Hilfe gemäßigt-konservativer Geldgeber will er den radikalen Flügel seiner Partei zähmen.

Der Plan dazu nennt sich das "Conservative Victory Project", berichtete die New York Times kürzlich. Rove will demnach versuchen, zukünftig mehr Einfluss auf die Wahlen zum US-Kongress zu nehmen. Nach dem Anlass für diesen Vorstoß braucht man nicht lange suchen: Trotz der günstigen Ausgangslage im November durch die anhaltende Wirtschaftskrise gelang es seiner Partei nicht, die Mehrheit der Demokraten im US-Senat zu brechen. Die Schuld dafür sieht man offenbar auf Seiten der Tea Party.

"Es gibt eine deutliche Beunruhigung darüber, dass eine erhebliche Zahl von Rennen verloren gingen, weil die falschen Kandidaten ausgewählt wurden", erklärte Steven J. Law, Präsident von Roves Lobbygruppe American Crossroads, gegenüber der New York Times, und dürfte damit auf von der Tea Party geförderten Politiker wie Todd Akin und Richard Mourdock anspielen. Durch die grotesken Vergewaltigungs-Äußerungen der beiden verloren die Republikaner in letzter Sekunde so sicher geglaubte wie wichtige Senats-Sitze an die Demokraten. Die nächste Chance auf eine republikanische Übernahme der Kongresskammer sind die Zwischenwahlen 2014. Um dieses Bemühen nicht zu torpedieren, hat Rove sich nun vorgenommen, extreme Tea-Party-Kandidaten vom Schlage Akins von der politischen Bühne fernzuhalten.

Demnach soll das "Conservative Victory Project" sowohl eigene gemäßigt-konservative Kandidaten anwerben, als auch gleichgesinnte Amtsinhaber vor den radikalen Herausforderern der Tea Party schützen. Frei nach der Regel der konservativen Ikone William F. Buckley suche und unterstütze man den "konservativsten Kandidaten, der gewinnen kann", so Law. Ausreichend finanzielle Mittel, die für diese Sorte Unternehmen nötig sind, stehen zur Verfügung. American Crossroads, Roves finanzstarkes SuperPac, kann auf großzügige Spender zurückgreifen und hat bereits im Wahlkampf 2012 in dreistelliger Millionenhöhe mitgemischt.

Realo Rove gegen die Tea-Party-Fundis - die Kampfansage aus den Reihen der Erzkonservativen ließ nicht lange auf sich warten. L. Brent Bozell, Gründer des konservativen Media Research Center und Präsident von ForAmerica, einer Organisation, die sich der Wiederbelebung des "American Exceptionalism" und seinen Prinzipen verschrieben hat, nahm kein Blatt vor den Mund.

Er bezeichnet Roves neue Gruppe als "falsche Konservative", die "weg" müssten, bevor sie noch mehr Unheil anrichten. Das gemäßigte GOP-Establishment könne die GOP nicht zurück zu Ansehen zu führen, warnt Bozill. Das schaffe nur die konservative Bewegung, da sie allein unerschrocken zu den wirklichen konservativen Werten wie Freiheit, Wohlstand und Tugend stehe. Ähnlich dramatisch reagierte Erick Erickson, Redaktionsleiter des konservativen Blogs Red State. "Die konservative Bewegung", forderte er, müsse jeden Kandidaten, der von dieser Gruppe unterstützt wird, für den Akt der "Zerstörung" zur Verantwortung ziehen.

Ob Roves "Conservative Victory Project" der Republikanischen Partei bei der Lösung ihrer Identitätskrise hilft oder der Startschuss für jahrelange Grabenkämpfe ist, wird sich zeigen. Sicher ist: Die Republikaner haben nun endgültig gegen Ronald Reagans "elftes Gebot" verstoßen, das hieß, nicht schlecht über einen Parteikollegen zu sprechen. Zum ersten Mal in Jahrzehnten dürfen nun die Demokraten miterleben, wie es ist, wenn sich der Gegner durch interne Streitereien das politische Leben schwer macht.