Petition gegen Wasserprivatisierung überschreitet Millionenhürde

Für eine Gültigkeit fehlen noch Unterschriften aus vier weiteren EU-Mitgliedsländern

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Am Wochenende gab die Europäische Bürgerinitiative (EBI) Right 2 Water bekannt, dass sie die für eine Behandlung ihres Anliegens durch die EU-Kommission notwendige Zahl von einer Million Unterschriften überschritten hat. Allerdings stammt der weitaus größte Teil dieser Unterschriften aus Deutschland und Österreich, wo die Mindestzahl an Unterschriften ebenso wie in Belgien bereits erreicht wurde. Für eine offizielle Anerkennung ist die Erreichung dieser Mindestzahl in vier weiteren Ländern notwendig.

Die größten Hoffnungen setzt man dabei auf Italien (wo am 4. Februar 13.316 von 54.750 verlangten Unterschriften vorlagen), Spanien (7.662 von 40.500), die Slowakei (1.829 von 9.750) und Schweden (2.016 von 15.000). Besonders wenig Unterschriften gibt es bislang anteilsmäßig in Griechenland (556 von 16.500), Großbritannien (1.571 von 54.750) und überraschenderweise auch Frankreich (2.320 von 55.500), wo große Probleme mit privatisierten Wasserwerken auftraten. Bei den deutschen Initiatoren führt man dieses Missverhältnis unter anderem auf französische Gewerkschaften zurück, die auch Interessen des Veolia-Konzerns verteidigen.

In Deutschland verdreifachte sich die Zahl der schon länger laufenden EBI in den letzten Wochen, als Medien verstärkt über das Vorhaben berichteten, die Privatisierung der Wasserversorgung hinterrücks über eine EU-Richtlinie zu erreichen, die die Ausschreibung vorschreibt und Kommunen, die Eigentümer bleiben wollen, zahlreiche und tückische bürokratische Hindernisse in den Weg legt. Nachdem der Binnenmarktausschuss die Richtline am 24. Januar mit lediglich kosmetischen Korrekturen durchwinkte, wird erwartet, dass sie im Mai durch eine große Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen im Plenum des Europaparlaments verabschiedet wird, obwohl sich auf Landesebene sowohl SPD als auch CSU dagegen aussprechen. Die bayerischen Grünen kritisieren zudem, dass die CSU-Minister im Bundeskabinett am 11. Dezember 2012 Gelegenheit gehabt hätten, die Richtlinie im EU-Ministerrat zu stoppen, diese jedoch nicht wahrnahmen.

Die Initiatoren der EBI wollen der Kommission ihre Unterschriften trotz des Termins im Mai nicht gleich nach Überschreiten der Mindestzahl an Unterschriften in weiteren vier Ländern vorlegen, sondern erst am 31. Oktober. Dies erklären sie damit, dass ihr Vorhaben mehr umfasse als die Richtlinie, die unerwartet "dazwischenkam". Zudem hat die EU-Kommission nach einer Abgabe der Unterschriften drei Monate Zeit, sich mit einem Anliegen zu "befassen". Und es bleibt ihrem Gutdünken überlassen, ob sie die Initiative ablehnt und wie ausführlich sie eine Ablehnung begründet. Die Kommission darf aus einer EBI sogar Vorschläge basteln, die den Zielen der Initiatoren diametral entgegengesetzt sind. Rechtlich gesehen ist die Europäische Bürgerinitiative deshalb eine Petition mit besonderen Formvorschriften.

Auch Michael Efler vom Verein Mehr Demokratie bedauert, dass das Instrument dem Bürger "keine verbindlichen Mitspracherechte" garantiert. Trotzdem hält er die EBI für ein "wichtiges Instrument, um von Bürgerseite politischen Druck aufzubauen", denn die Wasserprivatisierung sei vorher wenig beachtet und unter anderem durch sie "in die Öffentlichkeit getragen" worden. Weil die Sonderpetition die erste war, die die Millionenhürde knackte, werde der Umgang mit ihr voraussichtlich ein "Praxistest", bei dem sich zeige, "wie ernst die EU-Organe das Thema Bürgermitsprache nehmen".

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