Ägypten: Sexuelle Übergriffe auf Demonstrantinnen

Salafistischer Prediger rechtfertigt Vergewaltigung

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Während man in deutschen Medien über Rainer Brüderles Busenblicke spricht, haben Frauen in Ägypten andere Probleme: Dort kommt es bei Demonstrationen zunehmend zu sexuellen Übergriffen – sogar dann, wenn sich die Protestveranstaltungen explizit gegen dieses Phänomen richten. Der BBC zufolge wurden an einem einzigen Tag im Januar alleine auf dem Tahrirplatz in der ägyptischen Hauptstadt Kairo 22 schwere Vorfälle gemeldet. In einem Fall soll eine Frau sogar mit einem Messer oder einer Rasierklinge an der Vagina verletzt worden sein.

Die manchmal mit Mobiltelefonen gefilmten Angriffe laufen im Regelfall wie folgt ab: Ein paar Dutzend Männer kreisen eine Frau ein, drängen sie ab und missbrauchen sie. Die Opfer sind danach häufig traumatisiert und wagen sich nicht mehr an die Öffentlichkeit. Die Frauenrechtlerin Nevine Ebeid hält diesen Effekt für beabsichtigt. Ihrer Vermutung nach duldet die regierende Moslembruderschaft solche Übergriffen zumindest. Deren stellvertretender Vorsitzender Essam El Erian weist diesen Vorwurf weit von sich und meint, dass seine Partei schon aus religiösen Gründen jede Form sexueller Übergriffigkeit strikt ablehne.

Tahrirplatz. Foto: Frank Schulenburg und Julian H. (Bearbeitung). Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Das wiederum sieht der durch eine Bibelverbrennung bekannte salafistische Fernsehprediger Ahmad Mahmoud Abdullah alias "Abu Islam" ganz anders: Ihm zufolge sind Frauen, die gegen Präsident Mursi demonstrieren, "zu 90 Prozent Kreuzzügler und zu 10 Prozent Witwen, denen die Kontrolle durch einen Mann fehlt". Erstere hätten "keine Scham, keine Angst und nicht einmal Weiblichkeit". Und weil sie seiner Ansicht nach gerade deshalb in unzüchtiger Aufmachung an Demonstrationen teilnehmen, um Vergewaltigungen zu provozieren, werde mit solchen Vergewaltigungen auch keine "rote Linie" überschritten. Auf Twitter kommentierten Ägypter diese Äußerung unter anderem mit dem Hinweis, es gäbe "keine Beleidigung, die eine angemessene Reaktion darauf wäre" und mit einer Morddrohung.

In Saudi-Arabien, dem Mutterland des Wahabismus, erregt derweilen ein anderer Vergewaltigungsfall eine gewisse Medienaufmerksamkeit. In ihm geht es um eine 19-Jährige aus der schiitischen Ortschaft al-Awwamiya bei Quatif, die von sieben Männern verschleppt und geschändet wurde. Weil sie zum Zeitpunkt der Verschleppung mit einem (ebenfalls vergewaltigten) jungen Mann (mit dem sie nicht verheiratet war) alleine in einem Auto saß, verurteilte sie der vom saudischen König ernannte Richter wegen unsittlichen Verhaltens zu 90 Peitschenhieben.

Diese noch nicht vollzogene Strafe erregt unter anderem deshalb Aufsehen, weil mindestens einer der Vergewaltiger des Mädchens mit 80 Peitschenhieben zu einer niedrigeren Körperstrafe verurteilt wurde – wobei allerdings noch eine Gefängnisstrafe zwischen einem und fünf Jahren hinzukommt. Drei weitere der Vergewaltiger wurden ebenfalls zu Haftstrafen zwischen einem und fünf Jahren und zu Körperstrafen in Höhe von bis zu tausend Peitschenhieben verurteilt, die nicht auf einmal, sondern verteilt verabreicht werden. Bei drei der Verdächtigen steht ein Urteil noch aus.

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