Schweizer stimmen für die Kontrolle von Managergehältern

Eine Volksinitiative erreicht das, woran Parteien scheitern

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Gestern stimmten die Schweizer in einer Volksabstimmung mit einer deutlichen Mehrheit von 67,9 Prozent für die vom parteilosen Ständerat Thomas Minder ins Leben gerufene Volksinitiative "gegen die Abzockerei". Die Initiative verbietet unter Androhung von Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren und Geldstrafen bis zu sechs Jahresvergütungen, dass Konzernvorstände die Höhe von Managergehältern unter sich ausmachen.

Dazu wird ein neuer Absatz 3 an den Artikel 95 der schweizerischen Bundesverfassung angefügt, der regelt, dass die Generalversammlung einmal jährlich über die Vergütungen des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates abstimmt. Dort sind zukünftig Organ- und Depotstimmrechtsvertretungen streng verboten und Kleinaktionäre haben das Recht auf eine "elektronische Fernabstimmung". Die Pensionskassen werden in der neuen Vorschrift gesetzlich verpflichtet "im Interesse ihrer Versicherten" abzustimmen - und damit dies kontrolliert werden kann, müssen sie ihre Entscheidungen offenlegen.

Plakatmotiv der Nein-Kampagne.

Darüber hinaus werden Abfindungen für Manager ebenso verboten wie Prämien für Firmenkäufe und -verkäufe oder "Begrüßungsgelder". Mit solch einer Vorausvergütung in Höhe von vier Millionen Franken hatte im letzten Jahr der ehemalige deutsche Bundesbankpräsident Axel Alfred Weber Negativschlagzeilen gemacht, als er Verwaltungsratspräsident der UBS wurde. Ebenfalls verboten sind "zusätzliche Berater- oder Arbeitsverträge von einer anderen Gesellschaft der Gruppe" und die Delegation der "Führung der Gesellschaft [...] an eine juristische Person".

Die große Mehrheit für die Volksinitiative ist insofern bemerkenswert, als das Initiativkomitee nur 200.000 Franken ausgab, um für das Vorhaben zu werben, während die Einheitsfront der Gegner aus Unternehmerverbänden, Parteien und Gewerkschaften acht Millionen Franken in eine Nein-Kampagne investierten. Das Parlament versprach zudem für den Fall einer Nichtannahme der Volksinitiative eine eigene Regelung der Managergehälter, die allerdings weder Abfindungen noch Organ- und Depotstimmrechtsvertretungen verboten und die Pensionskassen nicht zur Abstimmung im Sinne ihrer Mitglieder verpflichtet hätte.

Unfreiwillige Werbung von der Gegenseite bekam die Volksinitiative kurz vor der Abstimmung durch den Pharmakonzern Novartis, der seinem scheidenden Präsidenten Daniel Vasella 72 Millionen Franken alleine dafür zahlen wollte, dass der 59-Jährige die nächsten sechs Jahre nicht bei der Konkurrenz anheuert. Vasella war 2011 mit 15 Millionen Franken Jahreseinkommen der bestbezahlte Manager der Eidgenossenschaft.

Ihm folgten mit 12,5 Millionen der aus Österreich stammende Hoffmann-La-Roche-CEO Severin Schwan, der aus Belgien importierte Nestlé-CEO Paul Bulcke (11,2 Millionen Franken) und der Lindt-Verwaltungsratschef Ernst Tanner (10 Millionen Franken). Die Gehälter dieser Großverdiener erregten allerdings weniger Unmut als die einiger Manager aus der Finanzbranche, die selbst dann astronomisch hoch blieben, als ihre Unternehmen Verluste schrieben. In der Begründung der Volksinitiative heißt es deshalb, die Maßnahmen dienten nicht nur dem Schutz der Anleger, sondern auch dem der Volkswirtschaft.

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