Leistungsschutzrecht verabschiedet - und alle Fragen offen

Vor dem Gang in den Bundesrat herrscht Unklarheit über die Auswirkungen des neuen Monopols und seine Behandlung durch die SPD

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Am 1. März verabschiedete der Bundestag ein neues Monopolrecht für Presseverlage, das etwas missverständlich benannte "Leistungsschutzrecht". Es soll Profite von Google abziehen, wirkt sich aber nach Meinung vieler Rechtswissenschaftler eher auf Blogs und Nutzer von Sozialen Medien aus. Frank Rieger vom Chaos Computer Club spricht deshalb von einem Gesetz, das "nur unerwünschte Nebenwirkungen aber keine Wirkung haben". Der Lawblogger Udo Vetter führte das etwas genauer aus:

Ich habe nach wie vor die große Befürchtung, dass es in Wirklichkeit gar nicht gegen Google geht. Sondern darum, die Deutungshoheit der Verlage im Netz gegenüber Blogs, Facebook und Twitter zurückzugewinnen. […] Das Projekt kann nur um den Preis der Meinungsfreiheit gelingen. Ziel der Verleger ist es, die öffentliche Beschäftigung mit Nachrichten riskant zu machen. Wer sich in seinem Blog, auf Facebook oder Twitter mit aktuellen Ereignissen auseinandersetzt, soll sich abmahngefährdet fühlen. Mit der Folge, dass viele lieber gar nichts mehr schreiben, weil sie keinen Bock und schon gar nicht das Geld haben, um Verlagsabmahnungen wegen angeblich illegal übernommener Textpassagen abzuwehren.

Beim Bundesverband der Zeitschriftenverleger beharrt man jedoch darauf, dass Google und Google News trotz einer kurz vor der Verabschiedung eingefügten neuen Formulierung, nach der das neue Monopol nicht für "einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte" gilt, zahlungspflichtig seien. Dass sich das Unternehmen nicht auf solche Forderungen einlassen muss, hat es allerdings bereits in Belgien und Frankreich bewiesen. Denn anders als die deutschen Presseverlage auf Google ist Google nicht auf die deutschen Presseverlage angewiesen und kann ihr Angebot jederzeit problemlos aus den Suchergebnissen entfernen.

Darüber hinaus ist fraglich, ob das Gesetz nach seinem Inkrafttreten noch so aussehen wird wie jetzt: Weil die Opposition seit der Niedersachsenwahl eine entsprechende Mehrheit im Bundesrat hat, kann sie auch nicht zustimmungspflichtige Gesetze in den Vermittlungsausschuss drängen. Allerdings gibt es aus der SPD unterschiedliche Signale dazu, inwieweit man ein neues Monopolrecht für Presseverlage bis über die Bundestagswahl hinaus verzögern oder nur "verbessern" möchte.

Kritiker werfen Sozialdemokraten, Grünen und Linken vor, dass sie bereits im Bundestag die Gelegenheit gehabt hätten, das Gesetz zu Fall zu bringen. Am Freitag stimmten nämlich nicht nur die Unionsabgeordneten Dorothee Bär und Peter Tauber sowie ihre FDP-Kollegen Jimmy Schulz, Sebastian Blumenthal, Jürgen Koppelin und Frank Schäffler gegen das Gesetz. Weitere zwei Unionsabgeordnete (Thomas Jarzombek und Dagmar Wöhrl) enthielten sich. Und stolze 29 Mandatsträger aus den Reihen der Koalition blieben der Abstimmung einfach fern.

Fehlten bei der Abstimmung zum Leistungsschutzrecht: Sigmar Gabriel (Foto: SPD Niedersachsen CC BY 2.0), Andrea Nahles (Foto: Claus Ableiter CC BY-SA 3.0), Claudia Roth (Foto: Ralph Kronauer), Jürgen Trittin (Foto: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit CC BY-SA 3.0), Sahra Wagenknecht (Foto: Gorinin CC BY-SA 3.0) und Katja Kipping (Foto: Mark Seibert CC BY-SA 2.0).

Da die Regierungsparteien nur über 20 Mandate mehr als die Opposition verfügen, hätte die Abstimmung anders ausgehen können – wenn nicht 52 Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken gefehlt hätten. Und wenn sich der SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Klose nicht ebenfalls enthalten hätte. Sieht man sich an, wer bei der Opposition fehlte, dann fällt auf, dass sich viele bekannte Namen darunter finden, die regelmäßig mit großen Presseverlagen zu tun haben: zum Beispiel Sigmar Gabriel, Andrea Nahles, Claudia Roth, Jürgen Trittin, Sahra Wagenknecht und Katja Kipping. Darauf angesprochen heißt es bei den Sozialdemokraten, die acht echten Abweichler in der Opposition hätten nicht für eine Ablehnung gereicht und die Koalition würde ihre Sitzungsschwänzer schon "antanzen" lassen, wenn sie von entsprechenden Vorhaben der Opposition Wind bekommt.

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