Wer viel verarbeitetes Fleisch isst, stirbt früher

Nach einer groß angelegten Studie ist der regelmäßige hohe Verzehr von verarbeitetem rotem Fleisch mit einem erhöhten Risiko für vorzeitigen Tod durch Kreislauferkrankungen und Krebs verbunden

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Dass vor allem der regelmäßige Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch ungesund sein soll, stellt keine Neuigkeit mehr dar (Fressen wir uns mit Fleisch in die Klimaerwärmung und in Krankheiten?). Ein europäisches Wissenschaftlerteam hat die Erkenntnisse nun aber noch einmal in einer groß angelegten Studie, die in der Zeitschrift BMC Medicine erschienen ist, bestätigt - allerdings nur für verarbeitetes rohes Fleisch. Für sie wurden Daten von 448.568 Frauen und Männer im Alter zwischen 35 und 69 Jahren aus 10 EU-Ländern über einen Zeitraum von fast 13 Jahren ausgewertet.

Mag gut schmecken, scheint aber der Gesundheit nicht so zuträglich zu sein. Bild: F.R.

Ausgeschlossen wurden Menschen mit bestimmten Krankheiten (Krebs, Infarkt, Schlaganfall), erfasst wurden Informationen über die Ernährung, Bildungsstand, körperliche Aktivität, BMI, Rauchen und Alkoholkonsum. Fleisch wurde wie üblich aufgeteilt in rotes (Rind, Schwein, Schaf, Pferd, Ziege), weißes Fleisch (alle Geflügel) und verarbeitetes Fleisch (alle Fleischprodukte wie Schinken, Speck, Würste in der Regel aus rotem Fleisch). Während des Beobachtungszeitraums starben 26.344 Personen (11.563 Männer und 14.781 Frauen), mit 9.861 die meisten an Krebs, 5.556 an Kreislauferkrankungen, 1.068 an Luftwegerkrankungen, 715 an Krankheiten des Verdauungssystems und 9.144 durch andere Ursachen

Bei Männern und Frauen, die täglich mehr als 160 g rotes Fleisch essen, ist die Wahrscheinlichkeit um 37 Prozent höher, vorzeitig zu sterben, als bei Menschen, die weniger als 20 g täglich verzehren. Bei verarbeitetem Fleisch ist das Risiko mit 44 Prozent noch einmal deutlicher höher. Allerdings ist es so, dass die Vielfleischesser auch ungesünder als die übrigen leben: Sie essen weniger Gemüse und Obst, rauchen eher, haben einen geringeren Bildungsstandard, Männer trinken mehr Alkohol. Bei Menschen, die mehr als 80 g weißes Fleisch am Tag essen, ist hingegen der Konsum von Früchten und Gemüse höher als bei denjenigen, die weniger als 5 g verzehren. Wer viel oder mäßig viel Geflügelfleisch isst, hat auch ein geringeres Risiko als die Wenigesser, vorzeitig zu sterben.

Gleicht man jedoch die Risiken wechselseitig für alle Fleischgruppen ab, so bleiben die Unterschiede bei Geflügel und verarbeitetem Fleisch bestehen, die erhöhte Sterblichkeit für den höchsten Konsum (mehr als 160 g) von rotem Fleisch ist dann aber nach der Studie statistisch nicht mehr signifikant. Nach einem anderen Berechnungsmodell bleibt ebenfalls die erhöhte Sterblichkeit für großen Verzehr von verarbeitetem Fleisch erhalten, für den Verzehr von rotem und weißem Fleisch ließ sich kein Zusammenhang feststellen, dafür steigt aber die Wahrscheinlichkeit für diejenigen, die kein oder sehr wenig rotes Fleisch essen. Für den Verzehr von rotem und weißem Fleisch gibt die Studie also Entwarnung.

Die Wissenschaftler schätzen, dass 3,3 Prozent der Todesfälle verhindert werden können, wenn alle Teilnehmer der Studie weniger als 20 g verarbeitetes Fleisch täglich gegessen hätten. Unterschiede zwischen den Geschlechtern konnten nicht festgestellt werden, allerdings sind deutlich weniger Frauen als Männer in der Gruppe, die am meisten verarbeitetes Fleisch essen (Warum neigen Männer stärker zum Fleischkonsum?). Ein Zusammenhang der erhöhten Sterblichkeit konnte mit Rauchen sowie mit geringem Verzehr von Früchten und Gemüse hergestellt werden, allerdings nicht mit einem höheren Gewicht: Dünnere, die viel verarbeitetes Fleisch essen, haben ein höheres Todesrisiko. Die Vielesser von verarbeitetem Fleisch haben nicht nur ein allgemein erhöhtes Sterberisiko, spezifisch erhöht ist es vor allem für Krebs (mehr als 80 g täglich) und Kreislauferkrankungen (mehr als 160 g täglich).

Insgesamt empfehlen die Wissenschaftler, wenig Fleisch zu essen, aber nicht ganz darauf zu verzichten. Sie vermuten, dass das Todesrisiko bei Vegetariern deswegen leicht erhöht sein könnte, weil im Fleisch für den Körper wichtige Bestandteile wie Proteine, Zink, Eisen, Vitamine oder Fettsäuren enthalten sind. Warum gerade verarbeitetes Fleisch wie Würste, Salami oder Speck das vorzeitige Sterberisiko erhöhen, können die Wissenschaftler nur vermuten.

Verarbeitetes Fleisch könnte deswegen der Gesundheit abträglicher als rotes Fleisch sein, so die Autoren, weil es einen hohen Anteil gesättigter Fettsäuren und Cholesterin enthält, was mit einem gesteigerten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen einhergehen kann. Während beim roten Fleisch in der Regel das sichtbare Fett vor dem Essen entfernt wird, haben Produkte wie Würste oft einen Fettgehalt von 50 Prozent und mehr. Dazu enthält es mehr Salz und wird durch Räuchern oder Pökeln haltbarer oder geschmackvoller gemacht, was aber zu einer erhöhten Aufnahme von Karzinogenen oder von Verbindungen führt, die die Entwicklung von Krebs wie Nitrite verstärken.