Bestechung von Mandatsträgern bald strafbar?

Abgeordnetenwatch.de will die FDP mit einer Unterschriftensammlung davon überzeugen, einem gemeinsamen Gesetzentwurf von Politikern der vier anderen Bundestagsfraktionen zuzustimmen

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In Deutschland bleibt es nach derzeitiger Rechtslage ohne strafrechtliche Folgen, wenn eine Person einem Abgeordneten Geld für eine Interessenvertretung bietet. Lediglich der praktisch nicht beweisbare Stimmenkauf ist nach § 108e StGB strafbar.

Das ist insofern bemerkenswert, als Deutschland sowohl ein Europarats-Übereinkommen als auch eine UN-Vereinbarung gegen Abgeordnetenbestechung unterzeichnet hat. Doch das, was es bislang an Umsetzungsvorschriften dazu gibt, werteten sowohl der Bundesgerichtshof als auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages als "praktisch bedeutungslose symbolische Gesetzgebung".

Nun haben Jerzy Montag von den Grünen, Burkhard Lischka von der SPD, Raju Sharma von den Linken und Siegfried Kauder von der CDU einen gemeinsamen Gesetzesentwurf erarbeitet, der vorsieht, die Verbote für Beamte und Amtsträger aus § 331 StGB in den für Abgeordnete einschlägigen § 108e StGB zu überführen, der dann wie folgt lauten würde:

(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung (Mandatsträger) des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände für die Ausübung des Mandats als Gegenleistung einen Vorteil für sich oder einen anderen fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dasselbe gilt für Mandatsträger eines ausländischen Staates, der Europäischen Union oder der parlamentarischen Versammlung einer sonstigen internationalen Organisation.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mandatsträger für die Ausübung des Mandats einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.

(3) Vorteile sind geldwerte Zuwendungen.

(4) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens einem halben Jahr wegen einer Straftat nach Absatz 1 oder 2 kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.

Die Zustimmung der Union zu diesem Gesetzentwurf könnte jedoch an der FDP scheitern, wenn diese darauf beharrt, ein Votum von CDU und CSU mit der Opposition als Bruch des Koalitionsvertrages zu betrachten. Abgeordnetenwatch.de sammelt deshalb Unterschriften, die man am 20. März Jörg van Essen vorlegen will, um ihn davon zu überzeugen, dass dieses Thema viele Wähler interessiert. Van Essen ist nicht nur Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, sondern gilt auch als "größter Bremser" unter den Liberalen.

Jörg van Essen. Foto: Dirk Vorderstraße. Lizenz: CC BY 3.0

Als Beispiel dafür, dass so etwas funktionieren kann, verweist man auf den CDU-Abgeordneten Siegfried Kauder, der in der Vergangenheit argumentiert hatte, dass Mandats- nicht wie Amtsträger behandelt werden dürften und dass Parlamentarismus "von den Kontakten mit Lobbyisten und Interessenverbänden leben" würde. Außerdem meinte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände in einer Rede am 8. April 2011, die Abgrenzung zwischen legitimer und illegitimer Interessenvertretung sei so schwer und die Begrifflichkeiten seien so schwammig, dass ein damals nur von der Opposition gefordertes Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung zwangsläufig unbestimmt und damit verfassungswidrig wäre.

Inzwischen ist Kauder anderer Ansicht. Bei Abgeordnetenwatch.de führt man das auf 25.000 Unterschriften zurück, die man den Rechtsausschussvorsitzenden im Oktober 2012 zusammen mit einem Gesetzesvorschlag zur Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung überreicht. Bei dem plötzlichen Sinneswandel könnte allerdings auch eine Rolle spielen, dass Kauder sich wahrscheinlich im Sommer aus dem Bundestag verabschieden wird, nachdem ihn seine Partei nicht mehr als Direktkandidaten aufgestellt hat.

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