Mindestanlage von 20.000 Euro pro Investor

Die deutsche Umsetzung einer EU-Richtlinie gefährdet regionale und genossenschaftliche Energieversorger

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Die Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds ist am 21. Juli 2011 in Kraft getreten und muss bis zum 22. Juli 2013 in nationales Recht umgesetzt werden. Das Berliner Finanzministerium hat mit dem Entwurf des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM-StAnpG) seine Vorstellung einer Umsetzung vorgelegt. Dort finden sich auch Hinweise auf die geplante Einführung des neuen Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB-E).

Bei der Durchsicht der vorliegenden insgesamt weit über 500 Seiten umfassenden Entwurfstexte kam die Freiburger fesa e. V. zu dem Schluss, dass das Finanzministerium einen Gesetzentwurf vorlege, um die Finanzierung von Bürgerenergieanlagen zu unterbinden. Lars Ritterhoff, fesa-Mitglied und Rechtsanwalt der auf die Beratung dezentraler Energieerzeugungsprojekte spezialisierten Kanzlei Flaig Ritterhoff in Freiburg, vertritt die Ansicht:

Bei Inkrafttreten des Gesetzesentwurfs würden an regionale Bürgerprojektgesellschaften und Genossenschaftsmodelle dieselben kostenintensiven und aufwändigen Zulassungsanforderungen gestellt wie an international agierende Emissionshäuser und Kreditinstitute.

So will man die im Bereich der regenerativen Energien vielfach realisierten Fonds verbieten, die nur ein einziges Objekt betreffen (Risikostreuung in § 262 KAGB-E). Wird der Entwurf zum Gesetz, sind solche im Bereich des bürgerlichen Energiewende-Engagements üblichen Finanzierungsmodelle für eine Solaranlage, ein Windrad oder eine Wasserkraftanlage kaum noch realisierbar. Dabei legen die finanzierenden Banken wohl Wert darauf, dass sie einzelne Projekte mit überschaubarem Risiko finanzieren.

Regionales Wasserkraftwerk in Olching. Foto: Richard Huber. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Mit der vorgesehenen Begrenzung der Fremdfinanzierung wird künftig auch die Einbindung von Fördermitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erschwert. Dies hängt damit zusammen, dass die KfW-Mittel nicht direkt an das geförderte Projekt ausgereicht werden können, sondern den Weg über die jeweilige Hausbank nehmen müssen. Die Banken sind nun aus verständlichen Gründen nicht daran interessiert, die Abwicklung zu übernehmen, ohne an dem Projekt verdienen zu können. Zudem wälzt die KfW das Projektrisiko und dessen Prüfung und Einschätzung auf die betreuenden Banken ab.

Ein weiteres Hemmnis liegt in der Vorgabe, dass den auf ein einzelnes Projekt ausgerichteten Gesellschaften eine Mindestanlage von 20.000 Euro pro Investor verlangt wird. Bürgerenergiegenossenschaften und entsprechende Fonds ziehen in der Regel jedoch eher kleine und kleinste Investoren an, die eher selten 20.000 investieren wollen. Wenn in Zukunft auch für kleine und regionale Beteiligungsprojekte im Bereich der Energiewende die gleichen Anforderungen gelten sollen wie für international tätige Emissionshäuser oder Kreditinstitute, dann optimiert man den Markt für die globalisierten Kapitalsammler.

Was in der EU-Richtlinie als Instrument zur Kontrolle der weltweit agierenden Hedgefonds gedacht war, um Kleinsparer davor zu schützen, ihr Geld in hochriskanten Finanzmodellen zu versenken, wird in seiner deutschen Umsetzung (die deutlich über die aus Brüssel kommenden Vorgaben hinausgeht) zum gravierenden Hemmnis für die Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Der Bürger soll offensichtlich hierzulande sein Geld in erster Linie in der Form von Steuern und Abgaben für die Energiewende einbringen. Ein eigenes unternehmerisches Engagement gilt da wohl einigen politischen Entscheidungsträgern eher als hinderlich. Oder hat bei der Gestaltung der Gesetzesentwürfe wieder einmal eine internationale Anwaltskanzlei die Feder geschwungen haben, die sonst eher Banken und großen EVUs berät?

Noch ist nicht alles verloren. Es sind noch etwa drei Monate Zeit, die für die Einbringung von Änderungsvorschlägen genutzt werden sollten. Wenn jetzt noch Ausnahmetatbestände in das Gesetz eingefügt werden sollen, die die aufgetauchten Hemmnisse wieder beseitigen, muss jedoch darauf geachtet werden, dass die gewählten Definitionen eindeutig und gerichtsfest sind. Sonst führt auch dieses Gesetz zu einer weiteren Verunsicherung von Investoren und wird zum Arbeitsbeschaffungsprogramm für Juristen.

Betrachtet man die Aktivitäten der Bundesregierung im Rahmen der vor Monaten verkündeten Energiewende, so verbleibt man ratlos mit der Vorstellung, dass diese Bundesregierung die Übersicht über ihre Aktivitäten verloren hat und sich wie ein Halbstarker im Autoskooter auf dem Jahrmarkt durchrangelt.

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