Drohnen verunsichern Demonstranten bei Gipfeltreffen

Angeblich wird der Drohnenmarkt bald wegen des Rückzugs aus Afghanistan mit gebrauchten Geräten überschwemmt. Das freut die australische Polizei

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wenn sich die Regierungen der G20-Staaten nächstes Jahr in Australien treffen, sollen etwaige Proteste aus der Luft ausgeforscht werden. Die Polizei in Brisbane beabsichtigt hierfür die Anschaffung von Aufklärungsdrohnen. Dies berichten australische Tageszeitungen. Es geht dabei um Drohnen der MALE-Klasse, wie sie in Europa bislang nur vom Militär genutzt werden.

MALE steht für "Medium Altitude Long Endurance". Die Drohnen fliegen mehrere Kilometer hoch und können bis zu zwei Tagen in der Luft bleiben. Zur MALE-Klasse gehören auch Predator-Drohnen des US-Herstellers General Atomics, für die sich jetzt die Bundesregierung interessiert.

Die australische Polizei zieht die Beschaffung ausrangierter Militärdrohnen in Betracht. Der Polizeiminister Jack Dempsey bringt hierfür jene Geräte ins Spiel, die derzeit in Afghanistan oder dem Irak unterwegs sind. Durch den Rückzug von Militärs westlicher Länder aus den Regionen würden militärische Drohnen bald zu niedrigen Preisen auf den Markt geworfen.

Begründet wird der Vorstoß mit finanziellen Vorteilen. Verglichen mit der Überwachung aus Hubschraubern oder Flugzeugen ließen sich demnach enorme Kosten einsparen. Während ein Helikopter Flugbenzin für rund 500 australische Dollar verschlingen würde, fielen bei Flugrobotern lediglich 30 Dollar an.

Nach dem G20-Gipfel könnten die Drohnen dann für den polizeilichen "Anti-Terror-Kampf" zur Verfügung stehen. Auch zur Überwachung des Verkehrs und zur Drogenbekämpfung seien sie nach Angaben eines Polizeisprechers zu gebrauchen. Im Gespräch ist sogar die Spionage gegen Rockergruppen aus der Luft.

Einsatz militärischer Drohnen für polizeiliche Zwecke ist Standard

Der Einsatz von Drohnen des Militärs ist bei Gipfeltreffen keine Ausnahme mehr. Die Schweiz hatte ihre militärischen Spionagedrohnen vom Typ "Ranger" 2008 zur Absicherung der Fußballeuropameisterschaft und des NATO-Gipfels genutzt. Zwar fand der Militärgipfel im französischen Strasbourg statt. Jedoch wollte die schweizer Grenzwache anreisende Demonstranten aus der Luft überwachen. Schon 2002 wurden Aufklärungsdrohnen während der Schweizer Landesausstellung eingesetzt (Drohnen über der Expo.02). Italien hatte 2008 für den G8-Gipfel im bergigen L'Aquila seine militärischen Predator-Drohnen aufsteigen lassen. Dabei handelt es sich um unbewaffnete Drohnen, die für Aufklärungszwecke optimiert sind (G8-Gipfel mit Drohnen und Datenbanken gesichert). Ein Jahr später hatte Kanada seine Predator-Drohnen anlässlich der Olympischen Spiele in die Luft geschickt.

Angeblich plant auch die irische Polizei die Anschaffung von Drohnen für den kommenden G8-Gipfel. Das Treffen der Regierungschefs soll im Juni im für Demonstranten schwer zugänglichen Eneskillen abgehalten werden. Es ist unklar, für welche Art von Flugrobotern sich die irische Polizei interessiert. Scheinbar handelt es sich aber nicht um kleine Quadrokopter, wie sie die niedersächsische Polizei beispielsweise zum Abfilmen von Protesten beim Atommülltransport nutzt. Denn angeblich würden die G8-Drohnen rund eine Million britische Pfund kosten.

EADS schlägt Nutzung des "Euro Hawk" der Bundeswehr für polizeiliche Großlagen vor

Im Bereich der Spionage aus der Luft ist kein Ende der Überwachungsphantasien abzusehen. Die Bundeswehr beschafft derzeit fünf riesige Aufklärungsdrohnen zur "Signal Intelligence". Zweck dieser sogenannten "Euro Hawks" ist, alle Arten elektronischer Kommunikation abzuhören. Weitere deutsche "Euro Hawks" sollen bald der NATO überlassen und in einem größeren Verbund auf der sizilianischen Insel Sigonella stationiert werden. Hierfür werden die Drohnen auch mit hochauflösender Radartechnik ausgestattet.

Den Auftrag zur elektronischen Ausrüstung der Datenstaubsauger hat die deutsch-französische EADS ergattert. Ein Vertreter des Rüstungskonzerns regt nun an, die "Euro Hawk"-Drohne auch für Zwecke einer "Homeland Security" zu nutzen. Hierzu zählt er die Absicherung polizeilicher Großereignisse. Ins gleiche Horn stößt der Chef einer Lobbyvereinigung für die Beschaffung von Drohnen. Demnach könnten sie auch zur Verfolgung von Fahrzeugen oder die Kontrolle von Menschenmassen bei Gipfeltreffen aufsteigen (Drohnen bald auch für Inlandsgeheimdienst und Bundeskriminalamt?).

Drohnen können bald aus der Luft eingreifen

Gegenwärtige Forschungen zur polizeilichen Nutzungen sind längst nicht mehr auf die Überwachung aus der Luft beschränkt. Die EU fördert die Entwicklung eines Projekts, womit Fahrzeuge und Schiffe aus der Luft gestoppt werden können. Es ist unklar, welche Technik hier zum Einsatz kommen soll. Möglich sind die Störung der Bordelektronik der Fahrzeuge ebenso wie der Abschuss von Pyrotechnik, beispielsweise Nebelgranaten (EU will polizeiliche Drohnen bewaffnen).

Womöglich können Flugroboter von der Polizei als "gefährlich" befundene Gegenstände bald sogar aus der Luft aus dem Verkehr ziehen. Denn die Universität Pennsylvania forscht an einer Technik, mit der Drohnen Gegenstände greifen können. Als Vorbild dienen jagende Seeadler, ein Demonstrationsvideo zeigt hierzu bereits beachtliche Ergebnisse.

Jetzt rüsten aber auch linke Demonstranten ihr Drohnen-Arsenal auf: Angeblich planen britische Tierrechtsgruppen, mit kleinen Flugrobotern Jagd auf wildernde Jäger zu machen. Die Walschützer von Sea Shepherd nutzen schon länger Drohnen, um japanische Walfangschiffe aufzuspüren.