"Eine gut geplante, gut koordinierte heimliche logistische Militäroperation"

Die CIA und die Waffenlieferungen nach Syrien

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Der Bericht der New York Times sollte den Mitgliedern des deutschen Bundessicherheitsrates zu denken geben. Der Rat ist zuständig für Waffenexporte und lukrative Geschäfte liegen just mit jenen arabischen Petro-Staaten auf dem Tisch, die sich dem NYT-Bericht zufolge besonders bei der Lieferung von Waffen in syrische Kriegsgebiete hervortun, der "Stabilitätsfaktor in der Region", Saudi-Arabien (Der nächste Waffendeal mit Saudi-Arabien?, und Katar (Deutsche Panzer für die neue Interventionsmacht Katar?).

Freilich liefern weder Saudi-Arabien noch Katar bislang Panzerfahrzeuge, die sie von deutschen Waffenfabrikanten erhalten sollen, nach Syrien. Derart direkt ist der Zusammenhang nicht. Aber ersichtlich ist doch, dass beide Staaten sich kräftig mit Waffenlieferungen in die inneren Angelegenheiten eines Krisenstaates einmischen und dort vehement Partei ergreifen, was nicht als unbedingt friedensfördernd in einer Region voller Lunten in explosive Konfliktfelder bezeichnet werden kann. Oder, um es in einer journalistischen Floskel zu sagen: Vertrauenswürdig sieht anders aus.

Der Mangel an Vertrauenswürdigkeit gilt in diesem Zusammenhang insbesondere auch für Aussagen von Politikern, offiziellen Stellen etc., welche die Öffentlichkeit angesichts von Krisen und Interventionsspolitik im Nahen Osten einerseits zu beschwichtigen suchen ("Wir liefern keine tödlichen Waffen") oder anderseits dann im Nachhinein, wenn sich das gegenteil erweist, das robustere, härtere, pro-aktive Eingreifen stets mit dem Blick auf die große Bedrohung aus dem Iran rechtfertigen. Wie beispielsweise im Fall Syrien.

Erinnert man sich noch an die Klagen, die Mitte letzten Jahres in US-Medien gestreut wurden, wonach die CIA zu wenig über die Vorgänge in Syrien wisse, dass die USA und ihr berüchtigter Geheimdienst im Fall Syrien nur über mäßigen Einfluss verfügten? Der eingangs genannte, heute erschienene Bericht der New York Times widerspricht dieser Darstellung.

Zwar ist ihm zu entnehmen, dass der Einfluss, den die CIA auf Lieferungen von tödlichen Waffen nach Syrien ausübt, im Lauf des vergangenen Jahres gewachsen ist - anscheinend auffällig nach Ende des amerikanischen Wahlkampfes-, doch hatte die CIA schon bei den ersten Lieferungen aus Katar ihre Hände im Spiel. Keine große Überraschung starteten doch die Transport-Flugzeuge nach Recherchen der Zeitung von der US-Basis in Katar, der Al Udeid Air Base.

CIA: Mitwisser und Akteur

Der Bericht klärt im Grunde über Bekanntes auf, über Waffentransporte via Flugzeuge, die sich seit Anfang 2012 bis zu diesem Jahr erheblich intensiviert haben, und syrische Rebellen beliefern. Dazu haben die Journalisten Daten aus Flugplänen gesammelt und sortiert und dazu mit dem wie üblich meist ungenannten informnierten Kreisen Offizieller gesprochen. Das Bild, dass sich daraus ergibt, ist, dass die Lieferungen aus Katar, Saudi-Arabien und jüngst aus Zagreb und Amman, im Gegensatz zu offiziellen Äußerungen stehen.

So betont man in Doha wie in Washington stets, dass man die Rebellen in Syrien nicht mit "tödlichen Waffen" versorge. Doch was schließlich über in der Hauptsache auf dem türkischen Flughafen Esenboga bei Ankara aus saudi-arabischen, katarischen und auch jordanischen Transportern ausgeladen wird, sind solche Waffen samt scharfer Munition.

Und die CIA weiß darüber sehr gut Bescheid. Was auch der Fall sein dürfte bei Lieferungen, die seit einiger Zeit auch in Amman angliefert werden. In Jordanien ist die CIA gut vertreten. Auch beim Waffenkauf selbst spielt die CIA eine wichtige Rolle, heißt es in dem Bericht.

Rechtfertigungen über Bande

Etwa 3.500 Tonnen "Militärausstattung" könnten die Flüge insgesamt transportiert haben, so die untere Schätzung eines befragten Experten, der das Recherchematerial der zeitung mit den Worten kommentiert, dass die Intensität und Frequenz der Flüge "auf eine gut geplante und gut koordinierte heimliche logistische Militäroperation" nahelege.

Bemerkenswert an dem Bericht, der über Details der Flugbewegungen informiert, ist, dass die Lieferung einerseits, so gut es geht, kaschiert wird - auf Versteckspiel wird besonders in Jordanien größter Wert gelegt und anderseits mit dem Verweis auf Waffenlieferung aus dem Iran für die Hisbullah dann doch über die Bande zu rechtfertigen gesucht wird. Dazu kommt das merkwürdige Argument, wonach Rebellen von anderer Seit eh schon Waffen bekämen. Als warum nicht auch von den USA?

The American government became involved, the former American official said, in part because there was a sense that other states would arm the rebels anyhow.

Eine gewisse Nähe zu Regierungspositionen ist nicht untypisch für einen Bericht der New York Times, die die Operation wie üblich auch mit dem Hinweis aus offiziellen Kreisen versieht, dass die CIA doch nur eine beratende Rolle spiele und darauf aufpasse, dass die Waffen nur in vertrauenswürdige Hände gerate - wie in den 1980er Jahren in Afghanistan (laut jüngsten Berichten bestehen die mehr oder weniger dschihadistisch geprägten Rebellen darauf, dass sie als Mudschahedin bezeichnet werden) oder wie im Irak?

Mitwirkung bei der Schattenregierung und die echten Führer Syriens

Dass die Einflussnahme der US-Politik auf die Gegner Assads weit mehr als mäßig ist, spürte nun auch der mit viel Hoffnung bedachte Chef der politischen Opposition, der nationalen Koalition, Scheich Mouaz al-Khattib. Ihm wurde bei der Wahl einer Schattenregierung ein Kandidat vor die Nase gesetzt, den sich der Freund der USA - und wohl mit deren Einverständnis -, Katar, ausgewählt hat: ein Exil-Syrer namens Gassn Hitto.

Al-Katthib, der sich - gegen die Ansicht vieler Oppositioneller - für Gespräche mit Baschar-al Assad einsetzte und auch den Kontakt mit russischen Spitzenpolitikern pflegte, reagierte darauf mit seinem Rücktritt. Der neue US-Außenminister Kerry weint dem Mann, der auf Vermittlung setzte, keine Träne nach:

Es ist unvermeidlich, dass es in Übergangsphasen von Oppositionsgruppen, die sich weiterentwickeln, solche Arten von Wechsel gibt.

Dazu das Fazit von Joshua Landis: "Die wirkliche Geschichte wird auf dem Boden ausgefochten von Milizenführern, die zu den echten Führern Syriens werden."

Waffen und Munition dazu kommen per Flugzeug aus den Ländern, die als "Stabilitätsfaktor" bezeichnet werden. Übrigens, so der NYT-Bericht ist man oft erstaunt darüber, wie schnell die Ware ausgeht und neue nachgefragt wird. Das Waffengeschäft geht gut.