Kosten für die Kriege in Afghanistan und im Irak belasten die USA noch Jahrzehnte

Eine neue Schätzung geht von bis zu 6 Billionen US-Dollar aus, ein Hauptfaktor sind die medizinischen Kosten, die enorm anschwellen

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Als die Bush-Regierung den von 11/9 in keiner Weise gedeckten Irak-Krieg entschlossen auf den Weg brachte, wurde auch damit argumentiert, dass die Kosten mehr oder weniger keine Rolle spielen. Peanuts seien sie, vielleicht 100-200 Milliarden US-Dollar, die aber leicht wieder durch den Wiederaufbau und das billigere Öl kompensiert werden könnten. Das Weiße Haus ging nur von 50-60 Milliarden aus: Eine Blitzattacke, das Regime stürzt, die Menschen laufen zu den Befreiern über, alles wird schnell gut und profitabel. Vielleicht orientierte man sich am letzten Krieg, den vorwiegend andere Staaten, darunter Deutschland, bezahlt hatten. Mit einer kaum glaublichen Naivität zog man jedenfalls in den Krieg, der schließlich zum langen Krieg wurde, für den auch Obama trotz des Truppenabzugs aus dem Irak und bald aus Afghanistan kein Ende findet.

Der damalige US-Präsident Bush, wie er am 19.3.2003 den Krieg gegen den Irak ankündigte. Bild: Weißes Haus

Auch im Vorlauf zum Krieg gegen den Irak glaubten dieser Propaganda eines Kriegs, den man mal so nebenbei führen könnte und der die globale Führerschaft der USA erstrahlen lassen sollte, natürlich nicht alle, auch in den USA, wo auch die Medien Stimmung für den Krieg machten. Man schätzte die Kosten des Kriegs auch bis auf 2 Billionen US-Dollar. Nach Beginn des Kriegs kamen der Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz und Linda Bilmes schon einmal auf 1-2 Billionen US-Dollar (Der Billionen-Krieg im Irak als Ursache für die Wirtschaftskrise?). Es kommt auch immer darauf an, was zu den direkten Kriegskosten noch hinzugezählt wird. 2010 sollen der Afghanistan- und der Irakkrieg nach einer Berechnung des Congressional Research Service alleine eine Billion US-Dollar an direkten Kriegskosten verursacht haben.

Harvard-Wissenschaftlerin Linda J. Bilmes, die 2008 zusammen mit Stiglitz die Kosten auf 3 Billionen geschätzt hat, geht in einer Studie nun von Kosten von mindestens 4 Billionen, eher aber von bis zu 6 Billionen aus, was wahrscheinlich macht, dass neben der Immobilienkrise der Irak-Krieg ein wesentlicher Treibsatz für die Finanz-, auf jeden Fall aber für die Verschuldungskrise gewesen sein könnte. Immerhin stellen die direkten 2 Billionen an Kriegskosten, die vollständig mit Schulden bezahlt wurden, weil man Steuern nicht erhöhen wollte, mehr als ein Fünftel der 9 Billionen dar, um die sich der Schuldenberg zwischen 2001 und 2012 aufgetürmt hat. Schon jetzt wurden alleine 260 Milliarden Dollar an Zinsen bezahlt - und das wird noch lange so weitergehen. Und die Kosten werden die USA noch lange belasten: "Die USA werden sich Zwängen im Finanzieren von Personal und Diplomatie, in Wissenschaft und Forschung und neuen militärischen Initiativen gegenübersehen". Es sei einmalig, dass Kriege ganz über Schulden wie von der Bush-Regierung finanziert und noch dazu von Steuersenkungen begleitet wurden, wodurch die Kosten auf die späteren Generationen verschoben wurden.

Der Krieg gegen den Terror werde, so Bilmes, noch Jahrzehnte den amerikanischen Haushalt belasten. Die größte Bedrohung der nationalen Sicherheit wird damit nicht von außen kommen, sondern vom Erbe der Bush-Kriege. Das Paradox ist, dass just die Republikaner, die nun für das Sparen kämpfen, die Verschuldung des Staats exzessiv ausgebaut haben.

Die Kriege in Afghanistan und Irak selbst haben nach Bilmes fast 2 Billionen US-Dollar gekostet. Aber das sei nur ein Teil der Kriegskosten, die wesentlich auch durch die medizinische Versorgung und die Invaliditätsrenten der Veteranen verursacht würden. Und die würden erst in Jahrzehnten wirklich in die Höhe klettern. So würde die Zahnlungen an die Veteranen des Vietnamkriegs und des ersten Golfkriegs auch jetzt noch steigen. Die Invalidenrenten für den Ersten Weltkrieg haben 1969 ihren Höhepunkt erreicht, für den Zweiten Weltkrieg Ende der 1980er Jahre. Nach 2001 hat die Bush-Regierung, um für das Militär zu rekrutieren, den Sold und Zuschüsse kräftig erhöht. Was kurzfristig die Schlagkraft und die Attraktivität des Militärs erhöhen sollte, wird aber dazu führen, dass erst 40 Jahre später die Koste ihren Höhepunkt erreichen.

Um die 2,5 Millionen Soldaten waren in Afghanistan und im Irak im Einsatz. Bis Ende 2012 sind 1,5 Millionen Soldaten heimgekehrt und haben den aktiven Militärdienst verlassen. Jetzt schon erhalten 56 Prozent der Afghainstan- und Irak-Veteranen medizinische Versorgung, alle Veteranen werden nach dem Dienst 5 Jahre lang kostenlos versorgt, und die Hälfte hat bereits Invalidenrente beantragt. Ein Drittel der Heimkehrenden wurden mit psychischen Störungen diagnostiziert, mehr als 250.000 erlitten eine traumatische Gehirnverletzung, oft einhergehend mit einer posttraumatischen Belastungsstörung. Erfahrungen aus den vorhergehenden Kriegen zeigen, dass die Soldaten mit psychischen Störungen ein höheres Risiko für lebenslange medizinische Probleme haben.

Das Budget des Kriegsveteranenministeriums ist von 61,4 Milliarden im Jahr 2001 auf 140,3 Milliarden für das Haushaltsjahr 2013 angeschwollen. Seit 2001 wurden 35 Milliarden an Invalidenrenten für Veteranen aus dem Afghanistan- und Irakkrieg bezahlt, über 400 Milliarden werden in den nächsten 40 Jahren fällig. Nimmt man die medizinischen Kosten hinzu, entstehen Kosten von 830 Milliarden US-Dollar. Weitere Kosten entstehen, weil Soldaten und ihre Familienangehörigen über TRICARE sehr günstig eine Krankenversicherung erhalten. Hier sind die Kosten von 18 Milliarden im Jahr 2001 auf 56 Milliarden angestiegen.

Für Bilmes machen ihre Kostenschätzungen deutlich, dass die US-Amerikaner noch Jahrzehnte den Preis für die auf Pump finanzierten militärischen Abenteuer der Bush-Regierung bezahlen müssen. Die Kriege hätten zudem die Situation in der Welt und in der Region nicht verbessert, aber die militärische Macht der USA wird in Zukunft aufgrund der notwendigen Sparmaßnahmen und der weiter steigenden Kosten für die beiden Kriege deutlich schrumpfen.