Auch das Ende der Atom-Ära wird kostspielig

Vor allem Tonstein- und Steinsalzformation werden von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe als untersuchungswürdige Standorte ein Endlager angesehen. Bei uns werden damit, anders als zum Beispiel in Schweden Granitgesteine ausgeschlossen. Bild: BGR

Die Energie- und Klimawochenschau: Klimawandel verursacht Eiszunahme der Antarktis, Abschied von den Klimazielen und ein neuer Anlauf der Endlagersuche

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Als Ergebnis der Endlagergespräche sollen nun fünf Standorte auf ihre Tauglichkeit als Endlager für hochradioaktiven Müll untersucht werden. Diese Woche soll abschließend geklärt werden, wie die Neuauflage der Endlagersuche im Einzelnen ablaufen wird. Das Bundesumweltministerium verzögert noch, es möchte keine konkrete Anzahl bei der Standortsuche festlegen, sondern erst einmal nur die Kostenseite klären und dann eine langwierige Bund-Länder-Kommission damit beauftragen, die noch ausstehenden Verfahrensfragen zu klären. Während sich viele Bundesländer in den Verhandlungen wegducken und hoffen, der Kelch, als Endlagerstandort in die engere Wahl zu kommen, möge an ihnen vorüberziehen, sind es auffällig viele grün-rot regierte Länder die Verantwortung übernehmen wollen.

Fünf Standorte zur Auswahl

Die Länderregierungen, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen, sind sich bereits einig, so dass es von ihrer Seite aus schneller gehen könnte. Niedersachsen, dessen bisher vorgesehener Standort Gorleben damals per Dekret zum Endlagerstandort verdonnert wurde, will einen "echten Neuanfang" in der Atommüllpolitik. Die niedersächsische grün-rote Landesregierung und das BMU hatten sich vor zwei Wochen auf einen Kompromiss geeinigt. Er sieht vor, dass Gorleben nicht von vornherein als Endlagerstandort ausgeschlossen wird. Die niedersächsische Seite will so die Bund-Länder-Blockade lösen und vermeiden, dass der Eindruck entsteht, der Standort Gorleben, der seinerzeit aus rein politischen Erwägungen festgelegt worden war, solle nun erneut aus politischen Gründen wieder ausgeschlossen werden.

Stattdessen soll die Endlagersuche nun als wissenschaftlich fundierte Sachentscheidung erfolgen. Die niedersächsische Seite hält die bisher am Endlagerstandort Gorleben bekanntgewordenen Sicherheitsmängel aber für so gut fundiert, dass nach ihrer Überzeugung auch bei einer Neuauflage der Endlagersuche Gorleben ausscheiden werde. Um unabhängig von politischen Befindlichkeiten zu entscheiden, soll die Expertenkommission eigene Standortvorschläge auch unabhängig von den im Endlagersuchgesetz noch zu nennenden Standorten machen können. Der Bundesregierung und auch mehreren Bundesländern ist so viel Unabhängigkeit nicht recht, ebenso wenig wie die im Endlagersuchgesetz vorgesehene Klagemöglichkeit von Bürgern und Kommunen.

Als Absurdität der Geschichte zeigen sich zur Zeit besonders die grün regierten Länder solidarisch und kooperativ in der Endlagersuche und der Organisation der Atommülllagerung bis ein Endlager feststeht und gebaut ist. Der schleswig-holsteinische Umweltminister sagte zu, dass sein Land einen Teil des noch in Sellafield lagernden hochradioaktiven Atommülls im Zwischenlager Brunsbüttel einlagern werde. Allerdings wolle man nicht den ganzen Müll übernehmen. Der "Blindflug", in den Deutschland mit der Nutzung der Atomenergie gestartet sei, müsse nun gemeinsam beendet werden. Bisher sieht es so aus, dass die 21 Castoren, die aus Sellafield geliefert werden, dann zwischen den AKW-Standorten und Zwischenlagern Brunsbüttel, Unterweser und dem nordrhein-westfälischen Ahaus aufgeteilt werden. Die anderen fünf Castoren aus La Hague sollen dann in Philippsburg in Baden-Württemberg und Biblis in Hessen aufgestellt werden.

Vor allem Tonstein- und Steinsalzformation werden von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe als untersuchungswürdige Standorte ein Endlager angesehen. Bei uns werden damit, anders als zum Beispiel in Schweden Granitgesteine ausgeschlossen. Bild: BGR

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann bezeichnete diese Aufteilung und Beteiligung an der Zwischenlagerung von Atommüll als "wichtige vertrauensbildende Maßnahme" gegenüber den Niedersachsen. Kretschmann bricht auch ein Tabu der grünen Bewegung, indem er zusagte, auch Gorleben als mögliches Ergebnis bei der nun neu aufgerollten Endlagersuche zu akzeptieren, ebenso wie jeden anderen Standort auch, da man grundsätzlich bereit sei, Verantwortung zu übernehmen.

Für die Prüfung möglicher Endlager werden laut dem Gesetzesentwurf je Standort etwa 100 Millionen Euro veranschlagt. Anschließend sollen an zwei Standorten Erkundungsbergwerke eingerichtet werden, für die jeweils 500 Mio. Euro eingeplant sind. Für eine neue Endlagersuchbehörde und für die Öffentlichkeitsbeteiligung sind noch einmal 300 Mio. Euro vorgesehen. Für den Salzstock in Gorleben wurden schon 1,6 Mrd. Euro ausgegeben. Auch das Ende der Atom-Ära wird also sehr kostspielig.

Bild: Polar Research Group

Eisschmelze am Nordpol und Eiszunahme am Südpol hängen zusammen

Der menschengemachte Klimawandel verändert auch die Antarktis, wenn es auch auf den ersten Blick absurd erscheint, dass dort an der Oberfläche keine erhöhte Eisschmelze stattfindet. Im Gegenteil, denn während in der Arktis die Eisbedeckung weiter sichtbar abnimmt und die jährliche Ausdehnung des Packeises immer geringer wird und im September 2012 sogar auf die kleinste je beobachtete Fläche zusammenschmolz, nimmt gleichzeitig die Eismenge um den Südpol in den Winterhalbjahren weiter um rund zwei Prozent pro Dekade zu. Niederländische Forscher vom Koninklijk Nederlands Meteorologisch Instituut in De Bilt konnten diese Zu- und Abnahme jetzt ihren Klimamodellen in direkten Zusammenhang bringen und mengenmäßig genau nachvollziehen.

Sie berücksichtigten, dass sich, anders als es durch die Eiszunahme der Antarktis zunächst den Anschein hat, auch das Südpolarmeer im Zuge des Klimawandels erwärmt. Das führe dazu, dass die Eisschelfe um die Antarktis von unten her schmelzen. Das dabei freiwerdende kalte, salzarme und damit leichtere Schmelzwasser schwimmt auf den wärmeren Salzwasserschichten. Die Oberfläche werde so von den wärmeren Strömungen entkoppelt und es schmelze oberhalb der Sperrschicht weniger Eis ab. An der Oberfläche entstehe so gerade infolge der generellen Klimaerwärmung eine höhere Eisbedeckung.

Bisher geben die auf der Schmelzwasserthese basierenden Modelle die Mengenverhältnisse wieder, jedoch weicht die regionale Verteilung im Einzelnen noch von den realen Messwerten ab. Es soll deshalb in Zukunft verstärkt die Rolle der sich verändernden Windmuster einbezogen werden. Denn die Untersuchungsergebnisse des British Antarctic Survey legen nahe, dass es mit dem Klimawandel auch eine Verschiebung der Winde gegeben hat, die dazu führt, dass Packeis weiter über den Schelfbereich hinaus getrieben wird und ein Zufrieren auch weit vorgelagerter Bereiche begünstigt.

Paul Holland vom British Antarctic Survey vermutet deshalb, dass der Anstieg der Eisbedeckung der Antarktis seine Ursache im Zusammenwirken der geänderten Windverhältnisse und dem Schmelzwassereffekt hat.

Eisbedeckung der Antarktis. Bild: Polar Research Group

Stopp für weitere Klimaschutzverpflichtungen in Deutschland

Auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion erklärte die Bundesregierung jetzt, dass sie die Verpflichtungen aus dem verlängerten Kyoto-Protokol vorerst nicht mehr in ein deutsches Gesetz gießen und so verbindlich machen will. Das Thema soll aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. Außerdem erklärte die Bundesregierung, dass sie auch das 2007 formulierte Klimaschutzziel (40 Prozent weniger CO2-Ausstoß als 1990) nicht im Rahmen des Kyoto-Protokolls zusagen will.

Der Hintergrund: Die Emissionsreduktion der 90er Jahre war durch die ohnehin stattfindende Modernisierung in Ostdeutschland ein leichtgemachter Nebeneffekt. Doch jetzt steigen die Emissionen wieder, allein im letzten Jahr um 1,6 Prozent und das trotz der vielzitierten Wirtschaftskrise, von der man eigentlich annehmen sollte, dass sie durch weniger Produktion und Konsum auch zu weniger Energieverbrauch und Emissionen führt.

Wie stark steigen die Emissionen dann nach der Krise wieder an? Die Klimabemühungen der Bundesregierungen tendieren mittlerweile anscheinend gegen null. Für den grünen Bundestagsabgeordneten und Umweltwissenschaftler Hermann Ott folgert aus der doppelten Absage an nationale und Kyoto-Verpflichtungen, dass das 40-Prozent-Ziel für Schwarz-Gelb ein Lippenbekenntnis ohne Wert und Substanz sei. Die fehlende Verbindlichkeit sei ein verheerendes Signal für die weiteren internationalen Bemühungen um mehr Klimaschutz.